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Hoppe

Hoppe

Titel: Hoppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Hoppe
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Rücken zuwandte (ich erkannte seinen Rücken sofort!), mein Vater (wer sonst?) war, der an diesem Abend wahrscheinlich zum ersten (und letzten) Mal in seinem Leben im
Pink Flamingo
zwischen Lucy Bell und meiner Mutter saß, Lucy links, meine Mutter rechts, die, schöner denn je und für alle gut sichtbar, eine kleine silberne Stimmgabel in die Höhe hielt und dabei übertrieben laut lachte. Als ich ein paar Minuten später von der Toilette zurückkam, war die Erscheinung verschwunden, auch Cater und Fox waren verschwunden. An ihre Stelle waren zwei Kellner getreten, die in erster Linie damit beschäftigt waren, betrunkene Gäste zur Tür zu begleiten. Nur der zahnlose Alte war noch da und flüsterte, weniger mir als sich selbst, die immer selbe Frage zu: Was möchtest du lieber? Im Eis erfrieren oder in der Wüste verdursten?
    In jener Nacht tat ich kein Auge zu, weil ich genau wusste, dass der
New Yorker
mir die nächtliche Erscheinung streichen wird, wie mir immer und überall auf der Welt die Redakteure alles streichen, was wahr ist, mit anderen Worten, sie streichen mir alles, was mir am Herzen liegt, nicht nur meine Eltern, sondern auch Cater und Fox und Lucy Bell. Und natürlich auch Tony Tonell, der erst lange nach meinen Eltern das
Pink Flamingo
betrat, nicht um zu spielen, sondern um, wie jede Nacht, kurz vor dem Morgen möglichst unauffällig die verstimmten Telefone des Hauses wieder zurück auf ein reines A zu bringen.
    Er kam übrigens nicht allein, sondern zusammen mit Madame und Monsieur Paganel, die, sichtbar gealtert, für den Rest des Abends damit beschäftigt waren, von einem Tisch zum nächsten zu wandern und den Spielern dabei zuzusehen, wie sie gewannen oder verloren, wobei Monsieur Paganel nicht müde wurde, seiner Frau zu erklären, wie schön es sei, wenn man nur Zuschauer ist. Die Zuschauer seien nämlich die Einzigen, die wirklich auf ihre Kosten kommen, weil sie nichts zu verlieren haben. Sagt Monsieur Paganel, der sehr genau weiß, dass seine Frau, sobald er sie loslassen würde, ihm vermutlich sofort abhandenkäme.
    Fehlt nur noch Floater, von dem sich nicht genau sagen lässt, ob er an jenem Abend im
Pink Flamingo
dabei war, ob er im Hinterzimmer saß und Stricke auf Vorrat drehte oder ob er seiner Bestimmung nachkam und in der
Little White Chapel
(
Kleine weiße Kapelle
) den Trauzeugen gab. Denn wo, wenn nicht hier, in der Stadt des Glücks, werden rund um die Uhr frische Zeugen gebraucht, weil hier rund um die Uhr geheiratet wird, im Minutentakt, sozusagen.
    Wie einfach es plötzlich ist, ganz nebenbei auf der Durchfahrt ein Paar zu werden, kurzfristig sogar auf Lebenszeit, weil man hier nämlich nicht aussteigen muss, um einander das Jawort zu geben. Denn das, sagt Floater und gießt nach, ist der größte Fehler von allen, dass man aussteigt, bevor man JA gesagt hat. Auf den kürzesten Wegen gedeihen die größten Zweifel, so auch auf dem Weg vom Auto zur Kirche und von der Kirchentür bis nach vorn zum Altar. Daran scheitern erfahrungsgemäß mindestens neunzig Prozent aller möglichen Ehen. Glücklich dagegen, wer sitzen bleibt und nicht mal im Traum daran denkt, vorher auszusteigen.
    Dabei ist die Sache ganz einfach: Man braucht nicht mehr als zwei kurzfristig gültige Pässe und ein Auto, das schnell genug ist, um für nicht mehr als ein paar Minuten alle Zweifel hinter sich zu lassen. Man gibt einfach Gas und fährt durch den
Tunnel der fröhlichen Braut
direkt in die kleine weiße Kapelle, wo man die Bremse zieht, um einen Blick nach oben zur Decke zu werfen, wo, von leichter Hand hingemalt, Cherubim und Seraphim singen, was sich mühelos fotografisch festhalten lässt, genau wie die Unterschrift und der Kuss danach und der weiße Schleier der Braut, den die Windmaschine in jene flatterhafte Verzückung versetzt, an die man sich später, wenn alles vorbei ist, beim Betrachten der Bilder besonders gut erinnert, wenn man davon spricht, wie schön und bewegend dieser Tag wirklich war. Das ist das Einzige, worauf es wirklich ankommt, wenn man tatsächlich heiraten will: schönste und reinste Erfindung. Und niemand soll sagen, es hätte an Gelegenheit oder Geld gefehlt, ab hundertfünfzig Dollar ist jeder dabei. Sagt Floater und wischt sich den Schaum von den Lippen und winkt den nächsten Wagen heran.
    Als ich am nächsten Morgen meine Rechnung beglich, um für immer aus Catchafool abzureisen, schob mir der Rezeptionist über den Tresen hin einen kleinen Zettel zu. Jede Wette,

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