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Hoppe

Hoppe

Titel: Hoppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Hoppe
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Täuschung, sondern die Wahrheit ist. Denn hier in Las Vegas, nirgends sonst auf der Welt wird die Schrift sich erfüllen, weil diese prächtige Stadt mir endlich verrät, dass Cater und Fox nicht erfunden sind, dass ich sie mir nicht eingebildet habe, sondern dass es das schöne Land Dummenfang (vgl. hierzu
Pinocchio
/fh) wirklich gibt.
    Denn hier spielt man von morgens bis abends, vom Aufgang der Sonne bis zum Untergang, von Januar bis Dezember, für immer und ewig. Und ich spiele mit, endlich habe ich meine Bestimmung gefunden, weil hier alles von mir abfallen wird, was mich, seit ich auf Reisen bin, auf lästige Weise bedrückt. Wie auch immer man es wendet und dreht, es gibt nichts Schöneres auf der Welt als eine Stadt, die jedem Zutritt gewährt, gleich wie er aussieht, Kaiser oder Bettler, jung oder alt, schön oder hässlich, nackt oder bekleidet, rasiert oder unrasiert, gewaschen oder zum Himmel stinkend, taub oder blind oder stumm oder lahm. Solange er Geld in der Tasche hat (und falls ohne Tasche, weil das letzte Hemd keine Taschen hat, in der hohlen Faust), wird man ihn überall fröhlich empfangen und ihm überall freundlich Zutritt gewähren zu den Palästen des großen Glücks, in denen einzig das Glück entscheidet, woher wir kommen und wer wir sind und wohin wir in Zukunft unterwegs sein werden.« (Aus:
Catchafool/Das süße Land Dummenfang
, erschienen im
New Yorker
im Februar 1985 .)
     
    Am Morgen ihres vierundzwanzigsten Geburtstages erwacht Felicitas, neben wem auch immer, in einem Doppelzimmer mit Wüstenblick im Motel
Zum einarmigen Banditen
und ergänzt obenstehenden Text durch folgenden (später von der Redaktion gestrichenen) Eintrag: »Meine erste Nacht in Las Vegas verbrachte ich im
Pink Flamingo
(was sich nicht verifizieren lässt/fh) neben einem zahnlosen alten Mann, der, barfüßig und in kurzen Hosen, mit dem Blick eines seit Jahren erfolglosen Jägers, eine bedrückende Mischung aus Erfolglosigkeit und Besessenheit, den Arm der Maschine immer wieder verzweifelt nach unten drückte, woraus sich jenes monotone Geräusch ergab, mit dem die Münzen in einen Behälter fallen, aus dem sich nichts zurückholen lässt, kein Gewinn, keine Hoffnung. Aber obwohl längst alles verloren ist, spielt er weiter, indem er unablässig Münzen aus seiner hohlen Hand holt, die er mit Nachsicht und Gleichmut immer wieder durch denselben Schlitz fallen lässt, während zur selben Zeit im hinteren Teil des Raums an langen, mit festem grünen Filz eingedeckten Tischen lauter Leute saßen, die etwas mehr in die Waagschale warfen als der zahnlose Alte und ich. Sie trugen elegantes Schuhwerk, von Reise und Wüstensand keine Spur, und wurden flankiert von Getränken und Croupiers, die mit reglosen ernsten Gesichtern Karten mischten, Geldscheine einharkten und nebenbei in einem silbernen Kessel, der über einem kleinen Tischfeuer hing, unablässig frische Roulettekugeln gossen, während Kellner in langen Fräcken jederzeit nachschenkten, mit so großzügigen und fahrlässigen Gesten, als hätte die Nacht kein Ende.
    Die Nacht hatte tatsächlich kein Ende. Als ich mich irgendwann erhob, um auf die Toilette zu gehen und mir das Gesicht und meine schweißnassen Hände zu waschen, erkannte ich im Vorübergehen an einem der hinteren Tische, hinter einer mit einem breiten pinkfarbenen Rand versehenen Blindenbrille, Fox, der neben dem Gießen der Kugeln vor allem damit beschäftigt war, das zierliche Glücksrad unablässig in Schwung zu halten, während Cater, der einen auffallend engen Anzug mit lächerlich großen versilberten Knöpfen trug, kleine Schalen, gefüllt mit Oliven und Nüssen, zwischen die Spieler stellte, mit einer Wendigkeit, die sogar ihn selbst, wenigstens für Momente, vergessen ließ, dass er nach wie vor hinkte. Wir erkannten uns auf den ersten Blick und gaben dem beide freundlich Ausdruck, indem er die behandschuhte Rechte, flüchtiger Schatten eines Saluts, knapp über der Augenbraue an die Stirn legte, während ich die kleine weiße Dame aus meiner Tasche zog und für den Bruchteil einer Sekunde in die Höhe hielt, die ich seit unserem letzten Spiel im
Red Crab Inn
wie eine kleine Madonna bei mir trage und von der ich mich so lange nicht trennen werde, bis ich endlich meinen Vater gefunden habe, der mich die Regeln des Schachspiels gelehrt hat und dass man Verträge nicht leichtfertig unterzeichnen soll.
    Weshalb es nicht weiter verwunderlich ist, dass der Mann, der mir im Vorübergehen den

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