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Hoppe

Hoppe

Titel: Hoppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Hoppe
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polierte die Kufen. Ich glaube, Wayne war der Einzige, der sie mochte, uns anderen ging sie einfach auf die Nerven. (…) Sie liebte das Training, sie war geradezu verrückt danach, und sie übertrieb andauernd – die Erste, die kam, die Letzte, die ging. Und die, die am häufigsten hinfiel und am häufigsten wieder aufstand. (…) Klar war sie schlecht ausgerüstet, miserable Schlittschuhe, brüchige Schläger und so weiter. Aber das war nicht der Grund, wir waren ja alle schlecht ausgerüstet. Außer unserem Wunderbruder Wayne, der ja damals schon schwer am Aufsteigen war, weshalb mein Vater so gründlich in ihn investiert hat. Aber auch auf besseren Kufen wäre Fly (Felicitas’ Spitzname bei den Gretzkys/fh) zehnmal so oft gefallen wie Wayne. Nicht weil sie, wie Dad gern behauptete, schlecht ausbalanciert war, sondern weil sie die Pferde immer von hinten aufgezäumt hat. (…) Sie machte ja buchstäblich alles, um andauernd zu fallen. Natürlich reines Theater. Klar, sie wollte gesehen werden, und sie wusste ganz genau, wie das geht: dramatisch stürzen, pathetisch aufstehen. Sie war einfach ins Fallen verliebt, weil sie so scharf aufs Aufstehen war, scharf auf die Bühne, die bei uns hinterm Haus natürlich lächerlich klein war. (…) Nichts als Show und Theater: wie sie hinfällt, bis zehn zählt (großartiges Timing!), vom Eis aufsteht, halb gebückt die Hände auf die Kniescheiben drückt, nach dem Schläger greift, dann so beiläufig den Helm nach hinten schiebt und dann wieder nach vorne schießt. Die reinste Hinterhofoper!«
    Es ist Felicitas’ von Bamie Boots immer wieder bestätigte »Fallsucht«, die Gretzkys Fly in späteren Mannschaftsjahren ihren zweiten Spitznamen, Sawchy, einträgt. (Terry Sawchuk spielte vorzugsweise ohne Maske, sein Körper war, wie Zeitzeugen gern bestätigen, »das reinste Schlachtfeld«.) Dass Felicitas an den »größten Goaly von allen«, falls er jemals ein Vorbild war, nicht einmal entfernt heranreichte, versteht sich von selbst. Zwar brachte sie sich während ihrer kanadischen Hockeyjahre zahllose blaue Flecken, Blutergüsse, aufgeplatzte Lippen, Prellungen, eine prominente Narbe über der rechten Augenbraue und andere geringfügige Verletzungen bei, trug aber über all die Jahre nicht eine einzige nennenswerte größere Verletzung davon. Soweit bekannt, hat sich Hoppe nie auch nur einen einzigen Knochen gebrochen. Dazu Bamie Boots: »Ich glaube, ihre größte sportliche Leistung bestand darin, der unverletzbarste Verlierer von allen zu sein.«
    Der Rest, das andere »wirkliche« Leben, fand im Verborgenen statt, an einem Ort, »an den mir so schnell keiner folgt«. Ein Ort, dem Hoppe allerdings umso nachdrücklicher Misstrauen entgegenbrachte, je bewusster sie sich der Tatsache wurde, dass sie sich dort womöglich wohler fühlte als im unerbittlichen Wettkampf auf dem Eis. Dort war sie allein, dort schrieb sie und tat gleichzeitig alles, um ihr Schreiben, allem voran vor ihrem Vater (»Ich schreibe nicht, ich mache Erfindungen!«), geheim zu halten.
    Schon früh zeigt sich jenes quälende Unbehagen gegenüber jenem bequemen Wohlsein, das ihre späteren Beziehungen oft so nachhaltig belasten sollte, eine unglückliche Anlage zum unfreiwilligen Spielverderbertum, unter dem sie umso mehr litt, je mehr sie spürte, wie sehr sie das Alleinsein genoss, weil es sie kurzfristig von jeder Form der Verantwortung entband. Ein Genuss, der offenbar mit Angst vor Verlusten verbunden war: »Wo ist eigentlich Wayne, wenn ich schreibe?«, fragt sie in einem Brief an ihre vier deutschen Geschwister und fährt fort: »Was macht er, wenn ich Geschichten erfinde? Vergisst er mich, sobald ich das Eis verlasse? Vermisst mich Walter, wenn ich sonntags nicht komme? Reserviert Phyllis am runden Tisch trotzdem noch einen Platz für mich? Streicht mich Bamie aus seiner Liste, wenn ich nicht mehr zum Training komme? Was ist, wenn ich sonntags nicht da, sondern hier bin, am Schreibtisch meines Erfindervaters, der sonntags, genau wie ich, auch nicht da ist, sondern irgendwo anders. Das Sonntagshaus gehört mir allein: drei Zimmer, ein Bad, die Terrasse, die Küche. Und sein Labor.«
    Aber wie abwesend war der Patentagent wirklich? War er wirklich nur da, um, wie Felicitas immer wieder behauptete, ihre Schulzeugnisse zu unterschreiben, während Walter Gretzky sie trainierte und der Hamelner Erbauer des ersten Kaspertheaters und seine Sahne schlagende Gastgeberkönigin die exklusiven Empfänger

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