Hordubal (German Edition)
und die Augen zu, wie im Schlaf –
Biegl öffnet behutsam das Fenster und blickt hinaus. »Das hatte ich mir gedacht«, verkündet er zufrieden.
»Die Scherben sind draußen, Gelnaj.«
Gelnaj schnaubt. »Also Ihr, Schulze«, sagt er bedächtig, »Ihr sagt, es ist Heimarbeit, was? Und den Stefan Manya hab' ich hier nicht gesehen.«
»Wird wohl zu Hause sein, in Rybáry«, meint der Schulze, nicht gerade entgegenkommend.
Biegls Nase beschnuppert alle Winkel. »Keine Unordnung, nichts zerbrochen –«
»Mir gefällt das nicht, Karlchen«, sagt Gelnaj.
Biegl zeigt die Zähne. »Zu dumm, nicht wahr? Aber warten Sie, wird sich fein verarbeiten lassen. Ich, Gelnaj, liebe die klaren Fälle.«
Gelnaj trottet auf den Hof hinaus, dick und würdevoll. »Kommt mal her, Frau Hordubal. Wer war heute nacht im Haus?«
»Nur ich – und Hafia, hier das Töchterchen.«
»Wo habt Ihr geschlafen?«
»In der Kammer mit Hafia.«
»Hier die Tür in den Hof war abgesperrt, nicht wahr?«
»Abgesperrt, bitte.«
»Und am Morgen, abgesperrt? Wer hat sie aufgemacht?«
»Ich – als es hell wurde.«
»Und wer hat als erster die Leiche gefunden?«
Nichts. Polana preßt die Lippen zusammen.
»Wo ist Euer Knecht?« sagt Biegl plötzlich.
»Zu Haus, bitte, in Rybáry.«
»Wieso wißt Ihr das?«
»Nun – ich glaub' halt –«
»Ich frage nicht, was Ihr glaubt. Woher wißt Ihr, daß er in Rybáry ist?«
»– – Ich weiß nicht.«
»Wann war er das letztemal hier?«
»Vor ... vor zehn Tagen. Er ist gekündigt –«
»Wann habt Ihr ihn zuletzt gesehn?«
»Vor zehn Tagen.«
»Ihr lügt«, schießt Biegl los, ohne zu zielen. »Gestern seid Ihr mit ihm zusammen gewesen. Wir wissen es.«
»Das ist nicht wahr«, haucht Polana entsetzt.
»Gesteht doch, Hordubal«, redet Gelnaj ihr zu.
»Nein – ja. Gestern ist er mir begegnet.« –
»Wo?« schlägt Biegl zu.
»Draußen.«
»Wo draußen?«
Polana, flatternden Blicks: »Hinterm Dorf«
»Was habt Ihr dort gemacht? Was? Also rasch!«
Polana schweigt.
»Ihr wart mit ihm verabredet?« beginnt Gelnaj wieder.
»Nein, Gott ist mein Zeuge. Er ist mir zufällig begegnet –«
»Wo?« fährt Biegl dazwischen.
Polana heftet die gehetzten Augen auf Gelnaj. »Zufällig ist er mir begegnet – – hat nur gefragt, wann er hier seine Sachen abholen kann. Er hat noch seine Kleider da, dort im Stall.«
»Aha, der Gazda hat ihn auf die Minute hinausgeworfen, wie? Und warum, bitte?«
»Sie haben sich gestritten.«
»Wann sollte er seine Sachen holen kommen?«
»Heute – heute früh.«
»Ist er gekommen?«
»Nein.«
»Weil er in der Nacht gekommen ist«, schießt Biegl los.
»Nein, er war nicht da. Zu Hause war er.«
»Wieso wißt Ihr das?«
Polana beißt sich auf die Lippen. »Ich weiß nicht.«
»Kommen Sie, Hordubal«, sagt Biegl scharf. »Dort vor dem Ermordeten werden Sie uns mehr erzählen.«
Polana taumelt.
»Lassen Sie sie«, knurrt Wasil Geritsch Wasilu. »Sie ist schwanger.«
II
Gelnaj sitzt im Hof, Biegl soll nur das ganze Anwesen durchstöbern. Der schnuppert, schnuppert herum und seine Augen leuchten vor Begierde. Alle Ställe hat er durchstöbert, alles in der Runde, jetzt sucht er oben auf dem Dachboden; er ist geradezu neubelebt, solche Freude macht es ihm. Das sind so Sachen, denkt Gelnaj: mir genügen die Zigeuner und Ordnung halten –. Nun, Karlchen soll halt auch seine Freude haben.
Aus der Stube kommt der Doktor, um sich unter der Pumpe die Hände zu waschen. Gleich ist Biegl da, fragt ungeduldig: »Also was, also was?«
»Das wird sich bei der Sektion erweisen«, sagt der Doktor. »Aber ich meine, es könnte ein Nagel gewesen sein oder so was. Nur zwei – drei Blutströpfchen – merkwürdig.« Polana bringt ihm ein Handtuch.
»Danke«, sagt er. »Hören Sie, war Ihr Mann nicht krank?«
»Gestern ist er gelegen, hat Fieber gehabt.«
»Aha. Und Sie werden ein Kleines wiegen, nicht wahr?«
Polana ist rot geworden. »Erst im Frühjahr, gnädiger Herr.«
»Nicht im Frühjahr, Mutterchen. So um Neujahr herum, was?«
Biegl zwinkert erfreut Polana nach. »Also da hätten wir ein Motiv, Gelnaj. Hordubal ist erst im Juli aus Amerika zurückgekommen.«
Gelnaj knurrt. »Die Hordubal meint, es ist ein Auswärtiger gewesen. Ihr Mann soll vor paar Wochen in der Schenke gerauft und den Fedelesch Gejza übel zugerichtet haben. Hat ihm den Kopf zerschlagen. Gejza ist ein Raufbold. Vielleicht ist es aus Rache, meint sie. Da haben Sie auch ein feines Motiv,
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