Hornblower 02 - Leutnant Hornblower
Unternehmen, dann hatte er seine Aufgabe elegant und ohne große Opfer gelöst und dadurch das gefährdete Vertrauen seiner Vorgesetzten wieder gewonnen.
Die Verbände der Renown knarrten im rhythmischen Auf und Nieder, während sie über die langen atlantischen Wogen ritt. Ein frischer Hauch des Passatwindes fand seinen Weg in die enge Kammer, erneuerte die dumpfe, verbrauchte Luft und strich kühlend über Bushs schweißüberströmtes Gesicht.
»Hol's der Teufel!« rief Buckland in einem plötzlichen Ausbruch wilder Entschlossenheit. »Die Sache wird gemacht.«
»Zu Befehl, Sir.«
Es kostete Bush einige Überwindung, seine Freude über diese Lösung für sich zu behalten. Auch Hornblower hatte seine Meinung nur in streng sachlichem Ton vertreten - jeder Versuch, Buckland allzu eifrig in eine bestimmte Richtung zu drängen, hätte vielleicht das genaue Gegenteil des gewünschten Erfolges bewirkt und ihn womöglich noch im letzten Augenblick dazu bestimmt, seine schon getroffene Entscheidung wieder umzustoßen.
Außerdem tauchte jetzt, nachdem diese Entscheidung endlich erreicht war, sofort eine zweite, fast ebenso wichtige Frage auf, die eine sofortige Lösung verlangte.
»Wer soll die Landungsabteilung führen?« fragte Buckland.
Die Frage konnte nur rhetorische Bedeutung haben, denn außer Buckland selbst stand niemand eine Antwort darauf zu. Bush und Hornblower waren sich dessen wohl bewußt, sie hatten schweigend abzuwarten, wie ihr Vorgesetzter entschied.
»Wenn der arme Roberts noch lebte, wäre ihm diese Aufgabe zugefallen«, sagte Buckland, dann musterte er Bush mit einem ernsten Blick. »Mr. Bush, Sie übernehmen das Kommando.«
Bush erhob sich von seinem Stuhl und stand mit unbequem gebeugtem Nacken unter den niedrigen Decksbalken.
»Wen wollen Sie unter sich haben?«
Hornblower hatte während der ganzen Besprechung gestanden, jetzt trat er unruhig von einem Bein auf das andere.
»Werde ich noch gebraucht, Sir?« fragte er Buckland.
Bush warf ihm einen Blick zu, aber er vermochte nicht zu erraten, was in ihm vorging. Hornblower zeigte die Haltung eines ehrerbietigen, diensteifrigen jungen Offiziers, sonst nichts.
Wer kam denn überhaupt in Frage? Bush dachte an Smith, den einzigen Leutnant, der außer den Anwesenden noch an Bord war, er dachte an Whiting, den Hauptmann der Seesoldaten, der selbstverständlich an der Landung teilnahm. Es gab noch eine Reihe von Fähnrichen und Steuermannsmaaten, die man als Unterführer einteilen konnte. Er war im Begriff, die Verantwortung für einen gewagten, verwegenen militärischen Handstreich zu übernehmen - von nun an stand also sein eigener Ruf genauso auf dem Spiel wie der Bucklands. Wen sollte er sich für diese folgenschwersten Stunden seiner ganzen Laufbahn zur Unterstützung an seine Seite wünschen? Wenn er einen zweiten Leutnant verlangte, dann galt dieser als sein Stellvertreter und konnte mit Recht von ihm erwarten, daß er vor jeder entscheidenden Maßnahme gehört wurde.
»Brauchen wir Mr. Hornblower noch, Mr. Bush?« fragte Buckland.
Ja, dieser Hornblower! Er war als Untergebener gewiß besonders energisch und tatkräftig - mit anderen Worten: unbequem. Man mußte darauf gefaßt sein, daß er jedes Wort und jede Handlung kritisierte, zum mindesten in Gedanken.
Bush konnte sich jedenfalls vorstellen, daß es keine reine Freude war, das Landungsunternehmen zu führen, wenn ein Hornblower mit gespitzten Ohren auf jeden seiner Befehle lauschte. Diese ganze gedankliche Auseinandersetzung vollzog sich bei Bush nicht etwa in klar umrissenen Vorstellungen und mit wohlgeordneten Gründen für und wider, sie lief vielmeh auf einen dumpfen Widerstreit zwischen Vorurteilen und Instinkten hinaus, den man als das Ergebnis langjähriger Erfahrung im Dienst bezeichnen konnte und für den Bush wohl niemals Worte gefunden hätte. Es stand für ihn schon fest, daß er weder Smith noch Hornblower brauchen konnte - bis sein Blick zum anderen Mal auf Hornblower fiel.
Hornblower versuchte möglichst teilnahmslos dreinzuschauen, dennoch blieb es der mitfühlenden Hellsicht Bushs nicht verborgen, wie brennend der junge Mann danach verlangte, zur Teilnahme an dem Unternehmen aufgefordert zu werden. Selbstverständlich hätte sich jeder Offizier gewünscht, so etwas mitmachen zu können, weil er dabei Gelegenheit bekam, sich auszuzeichnen, aber Hornblower hatte natürlich noch andere, weit schwerer ins Gewicht fallende Beweggründe für sein stummes
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