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Hornblower 02 - Leutnant Hornblower

Hornblower 02 - Leutnant Hornblower

Titel: Hornblower 02 - Leutnant Hornblower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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entgegensehen konnten. Bush nannte ihn von nun an Sir, was ihm schon beim ersten Male ganz zwanglos gelang und auch durchaus angemessen schien.
    Während der letzten paar Wochen hatte Bush etwas gelernt, das ihm in all den Jahren seiner Dienstzeit noch nicht aufgefallen war. Diese ganze lange Dienstzeit hatte sich bisher ausschließlich auf See abgespielt, umgeben von ihren Gefahren, inmitten der ewig wechselnden Gegebenheiten von Wind und Wetter, von offenem Meer und flacher Küste. Für die Linienschiffe, auf denen er gedient hatte, trafen auf Wochen und Monate reinen Seedienstes höchstens Minuten, in denen gekämpft wurde. Dadurch war er allmählich in die Vorstellung hineingewachsen, daß Seemannschaft das A und O für jeden Seeoffizier darstellte. Alle die zahllosen Einzelheiten zu meistern, die zur Führung und Handhabung eines hölzernen Segelschiffes gehörten, darauf kam es seiner Überzeugung nach vor allem an. Man mußte nicht nur imstande sein, ein solches Schiff unter Segel richtig zu manövrieren, sondern dazu gehörte auch, daß man mit all den kleinen und doch so wichtigen Dingen Bescheid wußte, daß man sich mit Tauwerk, Trossen und Pumpen, mit Salzfleisch und Trockenfäule des Holzes ebenso auskannte wie mit den Kriegsartikeln. Erst jetzt hatte er gelernt, daß für den Seeoffizier andere Fähigkeiten mindestens gleich wichtig waren wie gute Seemannschaft. Dazu rechneten zum Beispiel kühnes und doch überlegtes Handeln, moralischer und physischer Mut, taktvolle Behandlung sowohl der Vorgesetzten als auch der Untergebenen, Einfallsreichtum und Fixigkeit im Denken. Die Marine war zum Kampf bestimmt, darum taugten auch nur echte Kampfnaturen zu ihrer Führung.
    Wenn er es auch auf Grund dieser weisen Erkenntnis völlig in der Ordnung fand, daß ihn Hornblower überflügelt hatte, so lag doch eine gewisse Ironie darin, daß ihm selbst ausgerechnet zur gleichen Zeit die Pflicht erwuchs, sich Hals über Kopf in de Kleinkram der elendsten und unwürdigsten Art zu stürzen. Auch dabei galt es, Krieg zu führen, aber diesmal nicht gegen Menschen, sondern gegen Ungeziefer. Die gefangenen Spanier hatten in der kurzen Woche ihres Aufenthalts an Bord alle jene Parasiten eingeschleppt, die wohl ihre ständigen Begleiter waren. Seitdem wimmelte es im ganzen Schiff von Flöhen, Läusen und Wanzen, die es nirgends besser treffen konnten als in den menschenüberfüllten Decks eines hölzernen Schiffs in den Tropen und darum auch eine unwahrscheinliche Fruchtbarkeit entwickelten. Die Köpfe wurden kurzgeschoren, sämtliches Kojenzeug wurde mit Schwefeldämpfen ausgeräuchert, und in einem verzweifelten Generalangriff auf die Wanzen wurde sogar alles Holzwerk unter Deck frisch gemalt - einen oder zwei Tage glaubte man den Erfolg in greifbare Nähe gerückt, dann waren die Quälgeister wieder da.
    Sogar die Kakerlaken und die Ratten, die schon immer dagewesen waren, schienen sich um ein Vielfaches vermehrt zu haben und machten sich jetzt überall entsetzlich breit.
    Vielleicht traf es sich unglücklich, daß der Höhepunkt des Ärgers über diesen leidigen Zustand ausgerechnet mit der Auszahlung der Prisengelder für die in Samana genommenen Schiffe zusammenfiel. Wenn man nämlich unter solchen Umständen plötzlich hundert Pfund in der Tasche hatte, von Kapitän Cogshill zwei Tage Urlaub bekam und obendrein erfuhr, daß Hornblower gleichzeitig freinehmen konnte, dann war es kein Wunder, daß man dem verwanzten Schiff den Rücken kehrte und einmal richtig an Land untertauchte.
    Hornblower und Bush brachten es in heißen achtundvierzig Stunden fertig, jeder hundert Pfund für die fragwürdigen Genüsse auszugeben, die Kingston zu bieten hatte. Zwei tolle Tage, zwei tolle Nächte, dann kehrte Bush schlapp und zerschlagen auf die Renown zurück und freute sich mächtig, daß es nun wieder nach See zu ging, weil er sich da am schnellsten und besten erholte. Und als er später nach seiner erste Kreuzfahrt unter Cogshill wieder in den Hafen kam, erschien alsbald Hornblower an Bord, um Abschied zu nehmen.
    »Ich laufe morgen früh mit der Landbrise aus«, sagte er.
    »Wohin, Sir, wenn ich fragen darf?«
    »Nach England«, sagte Hornblower.
    Bush pfiff unwillkürlich leise durch die Zähne, als er das hörte. Gab es doch Leute hier im Geschwader, die schon seit vollen zehn Jahren keinen Fuß mehr auf englischen Boden gesetzt hatten. »Ich komme gleich wieder zurück«, erklärte Hornblower. »Ein Geleitzug ist in die Downs

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