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Hornblower 04 - Hornblower wird Kommandant

Hornblower 04 - Hornblower wird Kommandant

Titel: Hornblower 04 - Hornblower wird Kommandant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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den Arm erhoben hatte. Der Einschuß sitzt näher am hinteren Ende der Achselhöhle, also mehr nach dem Rücken zu und in Höhe der fünften Rippe.«
    Hornblower wußte, daß auch das Herz in Höhe der fünften Rippe saß, darum verhieß ihm diese Angabe nichts Gutes.
    »Wahrscheinlich hat die Kugel seinen Körper nicht ganz durchschlagen?«
    »Nein«, antwortete der Arzt, »es kommt sehr selten vor, daß eine Pistolenkugel den menschlichen Körper durchschlägt, wenn sie auf einen Knochen trifft. Auch auf zwölf Schritt Abstand ist das kaum möglich. Die Pulverladung wiegt ja nicht einmal vier Gramm. Natürlich sitzt die Kugel noch in der Wunde, wahrscheinlich in der Brusthöhle.«
    »So ist also kaum zu erwarten, daß der Mann davonkommt.«
    »Das ist sehr unwahrscheinlich, Sir. Es ist schon ein Wunder, daß er überhaupt noch lebt. Die Hämoptyse - ich meine das Blutspucken, Sir - ist allerdings nur in ganz leichter Form aufgetreten. Die meisten Brustverletzten sterben innerhalb weniger Stunden an innerer Verblutung, aber in diesem Fall scheint die Lunge selbst nicht verletzt zu sein. Unter der rechten Scapula - dem Schulterblatt - ist eine erhebliche Kontusion festzustellen, ein Zeichen, daß die Kugel dort ihren Weg beendet hat.«
    »Also dicht am Herzen, nicht wahr?«
    »Jawohl, Sir, dicht am Herzen. Aber sie hat erstaunlicherweise keines der dort liegenden großen Blutgefäße verletzt, sonst wäre der Mann innerhalb weniger Sekunden gestorben.«
    »Warum geben Sie ihm dennoch so wenig Aussicht durchzukommen?«
    Der Doktor schüttelte den Kopf.
    »Sobald die Brusthöhle durchlöchert ist, kann man nur wenig Hoffnung auf Heilung geben, und wenn gar die Kugel noch in der Wunde sitzt, ist ein tödlicher Ausgang so gut wie sicher. Die Kugel hat auf alle Fälle Fetzen der Kleidung mit in die Wunde gerissen, die einen Wundbrand im Inneren des Körpers verursachen. Die Folge ist eine allgemeine Vergiftung durch bösartige Säfte, die in wenigen Tagen zum Tode führt.«
    »Könnten Sie nicht mit einer Sonde nach der Kugel suchen?«
    »In der Brusthöhle? Wo denken Sie hin, Sir.«
    »Wie haben Sie den Mann denn bis jetzt behandelt?«
    »Ich habe die Einschußöffnung verbunden, um die Blutung zum Stehen zu bringen. Dann habe ich einen festen Verband um den Brustkorb gelegt, damit die spitzen Enden der gebrochenen Rippen die Lunge nicht mehr verletzen können; endlich habe ich aus der linken Basilarvene zwei Unzen Blut entnommen und dem Patienten ein Betäubungsmittel verabreicht.«
    »Ein Betäubungsmittel? So ist er also jetzt nicht bei Bewußtsein?«
    »Nein, bestimmt nicht.«
    Hornblower mußte sich sagen, daß er immer noch so klug war wie ganz zu Beginn, als ihm Jones die Katastrophe meldete.
    »Sie sagten doch, er könne noch einige Tage leben. Wie viele Tage geben Sie ihm noch?«
    »Ich kenne die Konstitution des Patienten nicht, Sir, jedenfalls ist er aber ein kräftiger Mann, der in den besten Jahren steht.
    Darum könnte es sein, daß er noch eine Woche durchhält, vielleicht sogar noch länger. Tritt aber eine Wendung zum Schlechteren ein, dann ist er womöglich morgen schon tot.«
    »Gesetzt, er bliebe noch mehrere Tage am Leben, kann man da annehmen, daß er während dieser Zeit bei Bewußtsein ist?«
    »Das ist wahrscheinlich. Wenn erst das Bewußtsein schwindet, dann naht auch das Ende. Der Patient bekommt Fieber, wird unruhig, fällt in Delirien und stirbt.«
    Es war also möglich, daß McCullum noch mehrere Tage bei Bewußtsein war, und es bestand trotz allem sogar noch eine winzige Spur von Hoffnung, daß er ganz durchkam.
    »Und wenn ich ihn auf See mitnehme? Würde ihm das helfen? Oder würde es ihm schaden?«
    »Dann müssen Sie in erster Linie dafür sorgen, daß er wegen der gebrochenen Rippen unbeweglich liegt. Im übrigen könnte es sein, daß er auf See sogar länger am Leben bleibt. Hier auf der Insel haben wir nämlich auch die üblichen Mittelmeerfieber zu fürchten, dazu kommt noch ein endemisches schleichendes Fieber, das zur Zeit so verbreitet ist, daß mein ganzes Lazarett voll solcher Fälle liegt.«
    Das war endlich eine Auskunft, die ihm auf dem Weg zu einer Entscheidung weiterhalf.
    »Ich danke Ihnen, Herr Doktor«, sagte Hornblower. Sein Entschluß war gefaßt. Die sachlichen Vereinbarungen mit dem Arzt und der Abschied nahmen nur noch ein paar Minuten in Anspruch, dann brachte ihn die Gig durch die Dunkelheit über das nachtschwarze Wasser zurück, dorthin, wo die Ankerlaterne der

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