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Hornblower 04 - Hornblower wird Kommandant

Hornblower 04 - Hornblower wird Kommandant

Titel: Hornblower 04 - Hornblower wird Kommandant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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rufen?«
    »Aye, aye, Sir.«
    Der ganze Unterschied zwischen einem Befehl und einem Wunsch lag in der Tonart - gehorchen mußte man dem einen wie dem anderen.
    »Hören Sie, Mr. Turner«, sagte Hornblower, als dieser in die Kajüte trat, »unser Ziel ist die Marmarisbucht, und wir gehen morgen bei Hellwerden in See. Ich möchte von Ihnen wissen, welche Winde wir um diese Jahreszeit zu erwarten haben. Es kommt mir darauf an, meinen Bestimmungsort ohne jeden Zeitverlust zu erreichen. Jede Stunde - ja, ich möchte sogar sagen: jede Minute ist kostbar.«
    Wenn man aus den letzten Stunden eines Sterbenden noch möglichst großen Nutzen ziehen wollte, dann galt es vor allem, schnell zu sein.

11. Kapitel
    Diese blauen Gewässer waren von jeher Schauplatz der Geschichte gewesen, mehr als einmal war hier die Entscheidung über das Schicksal unserer Kultur gefallen. Hier kämpften einst Griechen gegen Perser, Athener gegen Spartaner, Kreuzfahrer gegen Sarazenen, Malteser gegen Türken. Die Trieren von Byzanz, die Karaken von Pisa hatten vorzeiten diese Wogen durchfurcht; an diesen Küsten waren große Städte zu unerhörtem Reichtum aufgeblüht. Backbord querab, dicht hinter dem Horizont, lag Rhodos. Dort hatte eine verhältnismäßig kleine Stadt eines der sieben Wunder der Welt errichtet, dessen Name in dem Beiwort kolossal noch zweitausend Jahre später zum Wortschatz von Menschen gehörte, deren Ahnen sich noch in Felle kleideten und ihre Gesichter mit dem Saft der Waldpflanze bemalten, als die Rhodenser über das Wesen der Unendlichkeit debattierten. Heute lagen die Verhältnisse genau umgekehrt. Hier segelte die Atropos , geleitet durch Sextant und Kompaß, angetrieben durch die Kraft des Windes, der ihre scharfsinnig angeordneten Segel füllte, bewaffnet mit ihren langen Geschützen und Karronaden - alles in allem ein Meisterwerk modernen Erfindergeistes. Und dieses Wunder erschien jetzt als Bote aus den reichsten Gefilden der Welt hier in dem alten Kulturland, das unter Mißwirtschaft und Seuchen, Anarchie und ewigen Kriegen so gelitten hatte, daß man statt der reichen Felder, der großen Städte und prunkvollen Paläste von einst nur noch dürre Wüsten, schmutzige Dörfer und elende Hütten fand. Aber jetzt war nicht die Zeit, sich in tiefgründigen geschichtsphilosophischen Betrachtungen zu ergehen. Der Sand im Stundenglas neben dem Kompaßhaus war beinahe durchgelaufen, bald war es Zeit, den Kurs zu ändern.
    »Mr. Turner!«
    »Sir!«
    »Bei Wachwechsel wollen wir Kurs ändern.«
    »Aye, aye, Sir.«
    »Doktor!«
    »Sir!«
    »Geben Sie acht, wir ändern gleich Kurs.«
    »Aye, aye, Sir.«
    Das Krankenbett McCullums stand querschiffs zwischen der sechsten und siebenten Steuerbordkarronade, eine einfache Talje am Kopfende erlaubte es, das Bett in einem beliebigen Winkel zum Deck einzustellen, so daß der Patient wenigstens annähernd waagerecht lag, ganz gleich, nach welcher Seite das Schiff krängte. Es war Aufgabe des Doktors, die Vorrichtung zu bedienen.
    Die Wache wurde herausgepfiffen.
    »Bitte, Mr. Turner.«
    »Klar bei Vorschoten! An die Brassen!«
    Turner war trotz seines Alters ein tüchtiger Seemann, davon hatte sich Hornblower schon überzeugen können. Auch jetzt stand er nur beobachtend im Hintergrund und sah zu, wie jener das Schiff an den Wind brachte. Still kam an Deck und ging grüßend auf Turner zu, um die Wache zu übernehmen.
    »Wir dürften auf diesem Kurs die Sieben Kaps in Sicht bekommen, Sir«, sagte Turner, der wieder zu Hornblower getreten war.
    »Das denke ich auch«, sagte Hornblower.
    Die Reise von Malta bis hierher war gut und schnell verlaufen. Nur eine einzige Nacht hatten sie südlich von Kreta in Flaute gelegen, aber schon am Morgen war wieder Wind aus westlicher Richtung aufgekommen. Von dem berüchtigten Levanter hatten sie noch keinen Hauch gespürt - dazu stand die Tagundnachtgleiche wohl noch nicht nahe genug bevor -, so hatten sie in 24 Stunden ein Etmal von mindestens hundert Seemeilen zurückgelegt. Und McCullum war immer noch am Leben. Hornblower ging nach vom, um ihn zu besuchen.
    Eisenbeiß stand über ihn gebeugt und hatte die Hand an seinem Puls. Als der Trubel des Manövers verebbte, kamen auch die drei Ceylonesen wieder heran, hockten sich am Fußende des Krankenlagers an Deck und hielten ihre Blicke unverwandt auf ihren Meister gerichtet. Hornblower dachte, es müsse ein niederdrückendes Gefühl für den Patienten sein, diese drei melancholischen Augenpaare ständig

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