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Hornblower 05 - Der Kapitän

Hornblower 05 - Der Kapitän

Titel: Hornblower 05 - Der Kapitän Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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hart auf hart ging, empfand er eine freudige Erregung; vergessen war die entsetzliche Angst vor Verstümmelung.
    Innerhalb von dreißig Sekunden waren die Geschütze wieder geladen, ausgerannt und abgefeuert. Das wiederholte sich unaufhörlich. Gerard beobachtete und kommandierte.
    Hornblower hatte den Eindruck, daß auf fünf Breitseiten der Lydia nur zwei des Gegners geantwortet hatten. Solche überlegene Feuergeschwindigkeit glich die schwere Bestückung der Natividad vollkommen aus. Bei der sechsten Salve ging eine Kanone eine Sekunde vor Gerards Kommando los. Hornblower sprang vor, um die betreffende Geschützbedienung festzustellen, die sich gleich durch verlegene Blicke und betonte Geschäftigkeit verriet. Er zeigte auf sie.
    »Ruhe! Den nächsten, der vormuckt, lasse ich auspeitschen.«
    Solche Strenge war nötig, um die Mannschaft bei dieser noch immer erheblichen Schußentfernung in der Hand zu behalten, denn in der Hitze des Gefechts konnte man sich nicht darauf verlassen, daß die Geschützführer immer den richtigen Augenblick zum Feuern abschätzten, zumal sie mit Laden und Richten alle Hände voll zu tun hatten.
    »Old Horny soll leben!« quiekte eine unbekannte Stimme.
    Das schallende Gelächter und die Hochrufe wurden durch Gerards nächstes Kommando zum Schweigen gebracht.
    Das Schiff war bereits in einen dichten Qualm gehüllt, der es mit einem Londoner Nebel aufnehmen konnte. Vom Achterdeck konnte man die auf der Back stehenden Menschen nicht mehr erkennen, und durch die künstliche Dämmerung zuckte lang flammendes, gelbrotes Mündungsfeuer, das ungeachtet des draußen herrschenden grellen Sonnenscheins deutlich zu sehen war. Von der Natividad allerdings war nichts als eine hohe Rauchwolke und die daraus hervorragende einsame Maststange sichtbar. Der in grauen Schwaden über Deck ziehende beißende Dunst ließ die Augen tränen und reizte die Lungen. Die Haut begann in unangenehmer Weise zu prickeln.
    Plötzlich stand Bush neben seinem Kommandanten.
    »Die Natividad spürt die Beschießung, Sir!« schrie er durch den Spektakel. »Sie feuert sehr wild. Sehen Sie nur, Sir!« Von der nächsten feindlichen Breitseite trafen nur zwei Kugeln. Ein halbes Dutzend schlug zusammen hinter dem Heck der Lydia ein, so daß der aufsprühende Gischt das Achterdeck näßte.
    Hornblower nickte zufrieden. Dies war die Rechtfertigung der von ihm angewandten Taktik und des Wagnisses, das zunächst damit verbunden gewesen war. Um inmitten des Lärms, des Rauches, der eintretenden Verluste und dem Durcheinander eines Seegefechts ein schnelles und doch sorgfältig geleitetes Feuer zu unterhalten, dazu gehörte eine Manneszucht und ein Ausbildungsgrad, die zu besitzen sich die Besatzung der Natividad nicht rühmen konnte.
    Durch den Dunst sah Hornblower zum Oberdeck der Lydia hinab. Der Laie, der das geschäftige Hin und Her der Kartuschbeutel herbeischleppenden Schiffsjungen, die fieberhaften Anstrengungen der Geschützbedienungen, die Toten und Verwundeten, das Halbdunkel und den Lärm beobachtet hätte, würde das Ganze vielleicht für ein heilloses Durcheinander gehalten haben, aber Hornblower wußte es besser. Er sah Gerard beim Großtopp stehen, und Gerard glich fast einem ekstatischen Heiligen, denn außer den Frauen hatte er nur eine einzige Leidenschaft, und das war die Artillerie.
    Hornblower bemerkte, wie die Midshipmen und die anderen Batterie-Offiziere gespannt auf Gerards Befehle warteten, während die Bedienung der Geschütze rhythmisch fortgeführt wurde. Ladungen wurden eingerammt, mit Wischern, an denen nasse Schwämme befestigt waren, die Rohre gereinigt, und die Geschützführer beugten sich visierend und die rechte Hand erhebend über das Bodenstück ihrer Kanonen.
    Die Backbordbatterie hatte bereits große Ausfälle. An jedem Geschütz standen nur noch zwei Mann. Sie hatten Feuerpause, blieben aber in Alarmbereitschaft, um sofort wieder in Tätigkeit treten zu können, wenn die Gefechtslage es forderte. Der Rest der Besatzung war überall verteilt. An den Steuerbordgeschützen mußten Ausfälle ersetzt werden, andere arbeiteten an den Pumpen, deren klägliches Klanken gleichmäßig durch den fürchterlichen Lärm tönte. Droben in der Takelage wurden Schäden ausgebessert, und nur die Kuttergäste drunten im Boot konnten ein wenig ruhen. Heimlich dankte Hornblower dem Himmel, daß es ihm ermöglicht worden war, sieben Monate lang die Mannschaft einzuexerzieren, bis sie diesen hohen Grad der

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