Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hornblower 05 - Der Kapitän

Hornblower 05 - Der Kapitän

Titel: Hornblower 05 - Der Kapitän Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
Vom Netzwerk:
Kartätschen geladen. Nun kauerten die Leute bei ihren Karronaden. Während die Batterie der Lydia unaufhörlich feuerte, trieben die Gegner immer näher aufeinander zu. Herausforderndes Gebrüll tönte von der Natividad herüber, und das am Bug aufblitzende Mündungsfeuer der Musketen beleuchtete eine dunkle Masse.
    Es waren die Männer, die auf den Moment des Zusammenprallens warteten. Dennoch trat dieser Augenblick unerwartet schnell ein, als ein Zusammenwirken von Wind und Seegang die bisherige Lücke plötzlich schloß. Der Bug der Natividad krachte unmittelbar vor dem Kreuzmast gegen die Seite der englischen Fregatte. Ein wahrer Höllenlärm erhob sich drüben, als die Menge vorwärts drängte, die Lydia zu entern.
    Die Geschützführer der Karronaden packten die Abzugsleine.
    »Warten!« schrie Hornblower.
    Sein Hirn arbeitete wie eine Rechenmaschine, während er Wind und See, Zeit und Entfernung in ihren Wechselwirkungen abzuschätzen suchte. Mit Hilfe von Handspaken und der Körperkräfte der Bedienungsmannschaften ließ er die eine der Karronaden herumwerfen, und die andere folgte dem Beispiel, derweil die auf der Back der Natividad versammelte Menge am Schanzkleid entlanglief, um den zum Entern günstigen Augenblick abzupassen. Die Mündungen der beiden Karronaden waren auf sie gerichtet.
    »Feuer!«
    Tausend Gewehrkugeln schmetterten auf einmal in das Gedränge. Sekundenlang herrschte Stille, aber dann erscholl an Stelle des tobenden Gebrülls ein schwacher Chor verzweifelten Wehgeschreis. Der Kartätschenhagel hatte die Back des Gegners reingefegt.
    Für eine kleine Weile verharrten die Schiffe in ihrer Stellung.
    Die Lydia konnte auch jetzt noch ein Dutzend ihrer Geschütze zum Tragen bringen, und die schossen heraus, was das Zeug halten wollte, wobei die Rohrmündungen fast die Bordwand der Natividad berührten. Dann wurden die beiden Kämpfenden durch Wind und Seegang wieder auseinandergetrieben. Die Lydia glitt nach Lee zu davon und ließ den zerschossenen Rumpf des anderen hinter sich. Sämtliche Geschütze ihrer einen Seite feuerten, während es an Bord der Natividad merkwürdig still blieb. Nicht einmal ein Gewehrschuß antwortete.
    Abermals schüttelte Hornblower seine Müdigkeit ab.
    »Feuer einstellen!« rief er dem auf dem Oberdeck stehenden Gerard zu. Die Geschütze schwiegen.
    Durch die Dunkelheit starrte Hornblower zu der düsteren Masse der von der See umhergeworfenen Natividad hinüber.
    »Ergebt euch!« rief er.
    »Niemals!« tönte es zurück. Unzweifelhaft war es Crespos hohe Stimme. Es folgten ein paar unflätige Beschimpfungen.
    Der englische Kapitän durfte es sich leisten, ungeachtet seiner Müdigkeit zu lächeln. Er hatte das Gefecht durchgekämpft, und er hatte gesiegt.
    »Sie haben getan, was ein tapferer Mann tun kann!« schrie er hinüber.
    »Nicht alles«, klang es klagend aus der Finsternis.
    Da wurde Hornblowers Aufmerksamkeit plötzlich auf etwas anderes gelenkt. Am Bug der Natividad leuchtete rote Glut auf.
    »Crespo, Sie Narr!« brüllte er. »Ihr Schiff brennt! Ergeben Sie sich, solange es Ihnen noch möglich ist.«
    »Niemals!«
    Als die Lydia aus nächster Entfernung den Feind beschossen hatte, waren ihre flammenden Ladepfropfen zwischen das splitternde, zundertrockene Holz der alten spanischen Fregatte geflogen und hatten gezündet. Schnell breitete sich das Feuer aus. Schon in den wenigen Augenblicken, die verstrichen waren, seitdem Hornblower es zuerst bemerkt hatte, war es heller geworden; bald würde die Natividad lichterloh in Flammen stehen. Hornblowers Pflicht erheischte es, daß er zuerst für sein eigenes Schiff sorgte. Wenn die Feuersbrunst da drüben die an Deck aufgestapelte Bereitschaftsmunition erreichte, oder gar bis zur Pulverkammer vordrang, so würde die Fregatte Crespos zu einem flammende Trümmer speienden Vulkan werden, durch den die Lydia aufs höchste gefährdet wurde. »Wir müssen abhalten, Mr. Bush«, sagte Hornblower, wobei er sich bemühte, das Zittern in seiner Stimme zu verbergen.
    Dicht beim Wind liegend, steuerte die Lydia nach Luv zu hinweg von dem lodernden Wrack. Bush und Hornblower blickten starr dorthin zurück. Aus dem zerschmetterten Bug züngelten bereits helle Flammen empor, und die rote Glut spiegelte sich in der hochgehenden See. Und dann, während die beiden Männer noch hinsahen, verschwand der Feuerschein so plötzlich, als sei er wie eine Kerze ausgelöscht worden. Nichts war mehr zu sehen; nur das fahle Weiß der

Weitere Kostenlose Bücher