Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hornblower 05 - Der Kapitän

Hornblower 05 - Der Kapitän

Titel: Hornblower 05 - Der Kapitän Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
Vom Netzwerk:
ließ seine Offiziere rufen, um sie ihm vorzustellen; er äußerte sich über die Tüchtigkeit seiner Besatzung, die wie jene der Natividad durchweg aus Indianern bestand. Schließlich siegte Hornblower.
    Der Spanier hielt es nicht mehr länger aus, unbefragt zu bleiben.
    »Darf ich Sie bitten, mit mir zu kommen, Sir?« sagte er einladend. Er führte seinen Besucher zum Vordeck, und dort war el Supremo. Man hatte ihn mit den Hüften an einen Ringbolzen gefesselt. Auch die Unterarme und die Fußgelenke trugen Ketten. Der Mann war halb nackt. Nur Kleiderfetzen umhingen seinen Körper. Das verwilderte Bart und Haupthaar umrahmte sein Gesicht, und an Deck lag sein eigener Kot.
    »Wie ich annehme«, begann der Spanier wieder, »hatten Sie bereits das Vergnügen, Seine Exzellenz Don Julian Maria de Jesus de Alvarado y Montezuma, der sich selbst den Allmächtigen nennt, kennenzulernen?«
    El Supremo reagierte mit keiner Gebärde auf diesen Hohn.
    »Allerdings wurde mir der Kapitän Hornblower vorgestellt«, sagte er stolz. »Lange und getreu hat er mir gedient. Ich hoffe, daß Sie sich der besten Gesundheit erfreuen, Herr Kapitän.«
    »Danke sehr, Sir«, nickte Hornblower.
    Ungeachtet der Lumpen, des Schmutzes und der Ketten bewahrte el Supremo doch die gleiche hoheitsvolle Würde, deren sich Hornblower so gut erinnerte.
    »Auch ich befinde mich so wohl, wie ich es mir nur wünschen kann. Es ist mir eine Quelle unausgesetzter Befriedigung, daß meine Sache so glänzende Fortschritte macht.«
    In diesem Augenblick erschien ein Negersklave an Deck, der ein Tablett mit Schokolade trug; ein anderer brachte Stühle herbei. Der Einladung seines Gastgebers folgend, nahm Hornblower Platz. Er tat es insofern gern, als er plötzlich eine seltsame Schwäche in den Knien spürte, aber die Schokolade reizte ihn durchaus nicht. Der spanische Kommandant schlürfte geräuschvoll, während ihm el Supremo zusah. Etwas wie Gier leuchtete in seinen Augen auf. Er beleckte die Lippen, seine Augen weiteten sich, und er streckte sogar die Hände aus, aber schon im nächsten Moment war er wieder ganz ruhig und gleichgültig.
    »Ich hoffe, daß Ihnen die Schokolade schmeckt, meine Herren«, sagte er. »Ich habe sie eigens für Sie bestellt, denn ich selbst mache mir schon seit langem nichts mehr daraus.«
    »Das bleibt sich gleich«, bemerkte der spanische Kapitän. Er lachte laut, trank abermals und schnalzte mit den Lippen. El Supremo beachtete ihn nicht, sondern wandte sich an Hornblower.
    »Sie sehen, daß ich diese Ketten trage. Es entspricht das einer seltsamen Laune von mir und meinen Dienern. Ich denke, Sie werden mir zustimmen, daß meine Gestalt dadurch vorteilhaft zur Geltung gelangt.«
    »Aller... dings, Sir«, stammelte Hornblower. »Wir befinden uns auf dem Wege nach Panama, wo ich den Thron der Welt besteigen werde«, fuhr der Wahnsinnige fort. »Sie reden von Aufhängen, diese Burschen, und sagen, daß dort auf der Bastion der Zitadelle bereits der Galgen wartet. O nein, das wird das Gerüst für meinen goldenen Thron sein. Er besteht nämlich aus Gold, mit diamantenen Sternen und einem großen, aus Türkisen gebildeten Mond ist er verziert. Von dort aus werde ich eine Proklamation an die Welt verlesen.«
    Der spanische Kommandant ließ abermals ein wieherndes Lachen hören, aber el Supremo stand in seinen Ketten würdevoll da, und die Sonne brannte auf sein wirres Haar nieder.
    »Lange hält solche Stimmung bei ihm nicht an«, sagte der Spanier halblaut zu seinem Gast. »Ich bemerke schon Anzeichen des Umschlagens. Es freut mich, daß Sie Gelegenheit haben, ihn in seinen beiden verschiedenen Launen beobachten zu können.«
    »Tag für Tag wächst die Sonne in all ihrer Herrlichkeit«, rief el Supremo. »Erhaben und furchtbar ist sie, wie auch ich es bin.
    Töten kann sie... töten... töten... töten, wie sie die Menschen tötete, die ich ihren Strahlen aussetzte... Wann war das doch?...
    Und Montezuma ist tot, und sein ganzes Geschlecht ist tot... gestorben im Laufe der Jahrhunderte. Allein ich bleibe zurück...
    Und Hernandez ist tot... Sie erhängten ihn, während noch das Blut aus seinen Wunden floß. Hernandez starb in meiner Stadt San Salvador, und er starb mit meinem Namen auf den Lippen...
    Männer und Frauen wurden dort in San Salvador in langen Reihen aufgehängt. Nur el Supremo ist am Leben geblieben, um zu herrschen von seinem goldenen Thron. Sein Thron ist es... sein Thron!«
    Starren Blickes sah sich der Wahnsinnige

Weitere Kostenlose Bücher