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Hornblower 06 - An Spaniens Küsten

Hornblower 06 - An Spaniens Küsten

Titel: Hornblower 06 - An Spaniens Küsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Abermals machte ihm der rebellische Magen arg zu schaffen. Er trat zur Reling und kämpfte gewaltsam seine Schwäche nieder, denn gerade angesichts des hübschen, tüchtigen, aber sarkastischen Gerard wäre es ihm schrecklich gewesen, sich erbrechen zu müssen.
    Die Seekrankheit und die körperliche Schwäche machten ihn schwindlig. Vielleicht würde er schlafen, wenn er sich hinlegen konnte. Im Schlaf vergaß er wahrscheinlich den Aufruhr seines Inneren. Immer dringender wurde das Verlangen, warm und geborgen in der Koje liegen zu können. Aber mit verbissenem Ingrimm hielt Hornblower aus, bis er im scheidenden Licht feststellte, daß er seine Position erreicht hatte. Dann erst wandte er sich an den wachhabenden Offizier. »Lassen Sie die Bramsegel bergen, Mr. Gerard.«
    Er nahm die Schiefertafel zur Hand und schrieb sorgfältig genaueste Anweisungen für den Wachhabenden nieder, wonach er sich in Sicht und luvwärts des Geleitzuges zu halten hatte.
    Dabei mußte er immer wieder den rebellischen Magen zur Ruhe zwingen.
    »Hier haben Sie Ihre Befehle, Mr. Gerard«, sagte er. Beim letzten Wort bebte seine Stimme, und Gerards bestätigendes »Aye, aye, Sir« drang, während er fluchtartig unter Deck verschwand, nicht mehr an sein Ohr.
    Diesmal bereitete ihm das Erbrechen Höllenqualen, denn sein Magen war vollkommen leer. Als er in die Kajüte zurückwankte, erschien Polwheal. Mit heftigen Flüchen jagte er ihn davon. In seiner Kammer fiel er auf die Koje und blieb zwanzig Minuten liegen, ehe er sich aufrichten konnte. Dann entledigte er sich des Mantels und des Rockes und schlüpfte, Hemd, Weste und Hosen anbehaltend, unter die Decke. Das vor dem Winde segelnde Schiff arbeitete schwer in der groben See.
    Alle knarrenden Hölzer vereinigten sich zu einem mißtönendem Chor. Bei jedem Heben des Hecks biß Hornblower die Zähne zusammen, während die Koje sechs Meter und höher emporschwebte, um gleich darauf wieder in schauderhafter Weise in die Tiefe zu gleiten. Da Hornblower aber über keine schwierigen Probleme nachzudenken hatte, stellte sich alsbald völlige Erschöpfung ein, so daß er in wenigen Minuten ungeachtet der Bewegung, der Geräusche und der quälenden Seekrankheit einschlief. Bleiern schwer war sein Schlaf. Als er erwachte, wußte er nicht gleich, wo er sich befand. Das Schlingern und Stampfen des Schiffes war ihm vertraut und dennoch unerwartet. Durch die offene, von einem Wandhaken festgehaltene Tür schimmerte graues Frühlicht, so daß er sich umsehen konnte. Mit der wiederkehrenden Erinnerung regte sich aber auch der Magen aufs neue. Mühsam stand Hornblower auf und schleppte sich quer durch die Kajüte zur Heckreling.
    Todelend starrte er windumweht über die graue, vom ersten Dämmerschein erhellte See. Von seinem Standpunkt aus konnte er kein Segel sehen, und sein sofort waches Mißtrauen ließ ihn den neuen Anfall überwinden. Er vervollständigte seinen Anzug und stieg zur Kampanje empor.
    Aus der Anwesenheit Gerards schloß er, daß die Mittelwache noch nicht beendet war. Mit verdrießlichem Nicken erwiderte er Gerards militärischen Gruß, worauf er nach vorwärts über das graue, von weißen Schaumköpfen übersäte Meer blickte. Der Wind schrillte in der Takelage. Er kam Vierkant von achtern und war so kräftig, daß man gerade noch die ungerefften Marssegel stehenlassen konnte. Hart voraus standen vier der Ostindienfahrer in unordentlicher Kiellinie, und gleich darauf fand Hornblower auch die beiden anderen, die über eine Seemeile Vorsprung gewonnen hatten. Vom Flaggschiff, von den Transportern, den Proviantschiffen und der Caligula war nichts zu bemerken.
    Hornblower führte das Megaphon zum Munde.
    »Posten Ausguck! Was sehen Sie vom Flaggschiff?«
    »Nichts, Sir. Nichts ist in Sicht, mit Ausnahme von den Indienfahrern.«
    ›Verdammte Schweinerei‹, dachte Hornblower ingrimmig, während er das Megaphon wieder wegstellte. Die Reise fing ja gut an! Die ganze Nacht hindurch hatte die Sutherland unentwegt ihren Kurs beibehalten und dabei, wie die entsprechenden Eintragungen meldeten, eine Geschwindigkeit von acht bis neun Knoten entwickelt. Bei dem klaren Wetter mußte alsbald Ushant in Sicht kommen. Er hatte seine Pflicht getan, indem er bei den ihm anvertrauten Ostindienfahrern blieb, aber er hätte gewünscht, daß der Zustand seines Inneren eine zuversichtliche Stimmung hätte aufkommen lassen. Die mit dem Gefühl der Seekrankheit verbundene seelische Depression ließ ihn Schlimmes

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