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Hornblower 07 - Unter wehender Flagge

Hornblower 07 - Unter wehender Flagge

Titel: Hornblower 07 - Unter wehender Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Sergeant verließ das Zimmer, und Hornblower sah sich genötigt, Bush über die Lage zu unterrichten.
    »Schon gut...«, sagte der Kranke und legte den Kopf mit jener schwachen Geste auf die Seite, wie Hornblower es gefürchtet hatte.
    »Dann muss ich selbst den Verband erneuern, Bush. Wir können es mit kaltem Essig versuchen, wie es in der Marine geschieht.«
    »O ja, etwas Kaltes«, sagte der Verwundete eifrig.
    Hornblower läutete und bat dann um Essig, der ihm gleich darauf gebracht wurde. Nicht einer von ihnen dachte an das Abendessen, das schon seit längerem auf einem Seitentischchen stand.
    »Nun«, meinte Hornblower.
    Er hatte eine mit Essig gefüllte Untertasse neben sich gestellt, in der die durchtränkte Scharpie lag. Auch hatte er die sauberen Bandagen des Arztes von Rosas bereitgelegt. Jetzt schlug er die Bettdecken zurück und brachte den umwickelten Stumpf zum Vorschein. Nervös zuckte das Bein, als er den Verband löste.
    Rot war es geschwollen und entzündet. Noch ein gutes Stück oberhalb der Amputationsstelle fühlte es sich heiß an.
    »Auch hier ist die Schwellung ziemlich stark, Sir«, flüsterte Bush. Die Leistendrüsen sahen beängstigend aus.
    »Ja«, nickte Hornblower.
    Er besah den Stumpf und untersuchte den Verband, während Brown das dürftige Licht emporhielt. Dort, wo gestern die Ligatur entfernt worden war, hatte es ein wenig Absonderung gegeben, aber der weitaus größte Teil der Wunde befand sich offenbar in schneller Heilung. Also konnten die Schwierigkeiten nur von der anderen Ligatur ausgehen. Hornblower wusste, daß es gefährlich war, sie noch dann an ihrem Platz zu belassen, wenn sie sich herausziehen ließ. Vorsichtig ergriff er das Ende des Seidenfadens. Schon die erste leichte Berührung vermittelte seinen empfindsamen Fingern den Eindruck, daß sie lose war.
    Sie hatte sich zudem schon ein wenig bewegt, ohne daß Bush dadurch plötzliche und unerträgliche Schmerzen verspürte.
    Jedenfalls verhielt er sich ruhig. Hornblower biss die Zähne zusammen und zog. Sehr langsam folgte der Faden, aber allem Anschein nach haftete er nicht mehr an der elastischen Arterie.
    Denn hielt er den Faden samt dem Knoten in der Hand. Nur spärlich mit Blut vermischter Eiter tropfte aus der Öffnung hervor. Es war geschehen.
    Die Arterie war nicht geplatzt. Nun bedurfte die Wunde der freien Dränage, die ihr durch die Entfernung der Ligatur gewährleistet wurde.
    »Ich denke, daß es nun schnell besser mit Ihnen wird, Bush«, sagte er laut und mit gewollt heiterem Tonfall. »Wie ist das Gefühl jetzt?«
    »Besser, Sir. So ist's besser, denke ich.«
    Hornblower legte die feuchte Scharpie auf die Wundstelle. Er merkte, daß seine Hände zitterten, aber er zwang sich zur Ruhe, während er den Stumpf bandagierte. Dieser letzte Teil seiner Aufgabe fiel ihm durchaus nicht leicht, doch gelang es ihm, sie richtig zu erledigen. Dann brachte er das Weidenkörbchen wieder an, deckte den Kranken zu und stand auf. Jetzt war das Zittern ärger als zuvor. Er fühlte sich so elend, daß er selbst darüber staunte.
    »Essen, Sir?« fragte Brown. »Ich werde Mr. Bush bedienen.«
    Hornblowers Magen erhob Einspruch gegen den Vorschlag, und er hätte ihn gern berücksichtigt, wenn das nicht einem Eingeständnis seiner Schwäche gleichgekommen wäre.
    »Wenn ich mir die Hände gewaschen habe«, sagte er kühl.
    Nachdem er Platz genommen hatte, fiel ihm das Essen aber leichter, als er erwartete. Er würgte genügend viel Bissen herunter, um den Eindruck zu erwecken, daß es ihm schmeckte, und überdies verblasste die Erinnerung an die abstoßende Tätigkeit sehr schnell. Bush zeigte nichts von der heiteren Stimmung und dem Appetit, den er gestern Abend entwickelt hatte. Offensichtlich war das eine Folge des Fiebers. Nun aber, da die Wunde freie Absonderungsmöglichkeit hatte, durfte man auf baldige Genesung hoffen. Als Folge der letzten schlaflos verbrachten Nacht empfand Hornblower jetzt große Müdigkeit.
    Diesmal schlief er daher besser. Selten nur lauschte er Bushs Atemzügen, um sich befriedigt wieder auszustrecken, denn das Geräusch klang ruhig und regelmäßig.

6. Kapitel
    Nach diesem Tag wurden die Eindrücke der Reise verschwommener, während sie bisher die Klarheit einer Landschaft unmittelbar vor dem Regen hatten. Am leichtesten entsann sich Hornblower der Einzelheiten der Genesung Bushs, die von dem Augenblick an stetige Fortschritte gemacht hatte, als die Ligatur aus der Wunde entfernt worden war.

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