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Hornblower 07 - Unter wehender Flagge

Hornblower 07 - Unter wehender Flagge

Titel: Hornblower 07 - Unter wehender Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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dich!« seufzte sie und umschlang ihn mit ihren Armen. Sie hatte es sich nicht eingestehen wollen; weder ihm noch sich selbst, denn sie wusste sehr wohl, daß ihr dann schließlich das Herz brechen musste, und sie wusste auch, daß er sie nicht einmal in diesen Minuten liebte, da die blinde Gier aus seinen Augen geschwunden war und einem sanften Ausdruck Platz gemacht hatte. Nur noch sekundenlang blieb ihr diese Klarheit der Erkenntnis, dann ließ sie sich in einem Selbstbetrug versinken, den sie, das ahnte sie jetzt bereits, in Zukunft niemals als solchen betrachten würde. Aber die Versuchung, an seine Liebe zu glauben, war überwältigend.
    Leidenschaftlich gab sie sich ihm zu eigen.

10. Kapitel
    Das Erlebnis schien für Hornblowers Denken immerhin die Wirkung eines reinigenden Gewitters zu haben. Jetzt hatte er noch an anderes zu denken, als seinen fruchtlosen Grübeleien nachzuhängen. Maries liebevolle Güte tat seinem Herzen wohl, und doch machte er sich zuweilen die heftigsten Vorwürfe deswegen, daß er sich unter dem Dach seines Gastgebers solche Dinge zuschulden kommen ließ. Die Furcht vor den telepathischen Fähigkeiten des Grafen, die zu einer Entdeckung ihres Geheimnisses führen konnten, die Scheu davor, daß irgend jemand einen unbedachtsamen Blick oder eine Geste richtig deuten könnte, hielten ihn in Spannung.
    Und anderseits brachte dieses Abenteuer ein merkwürdiges und unerwartetes Glücksgefühl mit sich. Marie bot ihm alles, was ihm eine Geliebte zu bieten vermochte. Durch die Heirat gehörte sie zu einer Familie, die Hornblowers Vorliebe für den Adel entsprach, aber ihre Herkunft verhinderte es, daß ihn ihre Nähe befangen machte. Sie konnte zärtlich und leidenschaftlich sein, mütterlich und hingebend, praktischen Sinnes und romantisch. Sie liebte ihn innig, fand sich aber mit der bevorstehenden Trennung ab und war entschlossen, ihm in jeder Weise behilflich zu sein, so daß sich auch sein Herz ihr in steigendem Masse zuwandte.
    Jener Aufbruch schien auf einmal nahe bevorzustehen, und zufälligerweise kam das allen Beteiligten nur wenige Tage nach Hornblowers Erlebnis auf dem oberen Korridor zum Bewusstsein. Das Boot war fertig und lag gemalt und ausgerüstet im Schuppen bereit. Brown sorgte dafür, daß es mit Wasser gefüllt blieb, und verkündete stolz, daß es absolut dicht halte. Die Reisepläne begannen feste Gestalt anzunehmen. Die dicke Köchin Jeanne buk Hartbrot für sie, und als einzige Persönlichkeit im ganzen Haus, die sich auf die Herstellung von Schiffszwieback verstand, kam Hornblower wieder zu Ehren, denn Jeanne musste unter seiner Aufsicht arbeiten.
    Eingehende Besprechungen zwischen ihm und dem Grafen führten zu der Entscheidung, daß es gefährlich sein würde, unterwegs Lebensmittel zu kaufen. Mit dem halben Zentner Hartbrot konnten sie siebzehn Tage haushalten, wenn sie je Kopf und Tag ein Pfund berechneten. Außerdem sollten sie noch einen Sack Kartoffeln und einen anderen mit gedörrten Erbsen mitnehmen. Dazu bekamen sie einen hübschen Vorrat langer und dünner Arleser Würste, die so hart waren wie Holz und nach Hornblowers Meinung ebenso verdaulich; sie besaßen jedoch eine fast unbegrenzte Haltbarkeit. Ferner gehörten zur Ausrüstung einige Stockfische, wie Hornblower sie während seiner langen Gefangenschaft in Ferrol kennengelernt hatte, und ein derbes Stück Speck. Er machte dem Grafen klar, daß sie alles in allem besser verpflegt sein würden, als es des öfteren an Bord der Schiffe Seiner Majestät des Königs Georg der Fall gewesen war. Hornblower staunte immer wieder darüber, wie leicht bei einer solchen Flusswanderung die Wasserfrage zu lösen war. Sie schwammen in Trink-, Wasch- und Badewasser, und dieses Wasser war, wie er ebenfalls seinem Gastgeber erläuterte, viel besser als die stinkende, von Algen wimmelnde, grünliche und obendrein sehr karg bemessene Brühe, mit der sich die Seeleute auf langen Reisen begnügen mussten.
    Mit Schwierigkeiten hatte man erst dann zu rechnen, wenn man sich der Loiremündung näherte. Die französischen Küsten waren geradezu übersät mit Garnisonen und Zollbeamten. Als Subalternoffizier hatte Hornblower einmal einen Spion bei den Sümpfen von Bourgneuf an Land gesetzt, und unter der Nase solcher Küstenwachen würden sie ein Fischerboot wegnehmen müssen, um damit in See zu gehen. Der Kontinentalsperre und der Furcht vor britischen Truppenlandungen wegen würde die Flussmündung sicherlich scharf bewacht

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