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Hornblower 08 - Der Kommodore

Hornblower 08 - Der Kommodore

Titel: Hornblower 08 - Der Kommodore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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abzuschließen. Weiß Gott, was das wieder war - ›Neue Gäste!‹ Diese Russen taten oft wegen irgendwelcher Kleinigkeiten so schrecklich geheimnisvoll. Vielleicht stak überhaupt nichts dahinter, aber andererseits mußte er doch unbedingt wissen, was los war, ehe er seinen Bericht nach England abschloß. Während sein Boot landwärts über das Wasser tanzte, wanderte sein Blick über die Belagerungslinien.
    Das Bombardement der Artillerie ging ohne Unterbrechung Salve um Salve weiter, er hatte sich an den ständigen Geschützdonner schon so gewöhnt, daß er ihn nur noch hörte, wenn er besonders darauf achtete. Über dem flachen Land lag wie gewöhnlich ein dicker Schleier von Rauch. Dann lief das Boot in die Mündung ein, und die Ruinen von Dünamünde entzogen sich der Sicht, mit Ausnahme der Kirche, auf deren Galerie er so oft gestanden hatte. Immer näher kamen sie der Stadt, dabei mußten sie sich möglichst dicht am Ufer halten, damit ihnen die Strömung nicht allzuviel von ihrer Fahrt nahm.
    Endlich wurden die Riemen eingenommen, und das Boot glitt an den Stufen der Ufermauer längsseits. Oben wartete bereits der Gouverneur mit seinem Stabe und einem Pferd für Hornblower.
    »Wir haben nicht lange zu reiten«, sagte Essen, »und Sie werden mir nachher zugeben, daß es sich gelohnt hat.«
    Hornblower kletterte auf seinen Gaul und dankte dem Burschen, der ihn solange an der Trense festhielt, mit einem Kopfnicken. Dann jagte die ganze Kavalkade mit lautem Hufgeklapper durch die Straßen der Stadt. Am Ostrande der Festung wurde ihnen ein Hinterpförtchen geöffnet - bis jetzt hatte sich auf diesem Dünaufer noch kein feindlicher Soldat gezeigt -, und sie ritten über die Zugbrücke, die den Graben überspannte. Jenseits davon, auf dem Vorfeld außerhalb des Festungsgrabens, erblickte man ein starkes Kontingent rastender Soldaten. Die Leute hockten oder lagen in Reih und Glied auf dem Boden. Als der Reitertrupp näher kam, sprangen sie hastig auf, richteten ihre Reihen aus und präsentierten unter dem schrillen Geschmetter ihrer Trompeten die Gewehre. Die Regimentsfahnen flatterten in der leichten Brise. Essen parierte sein Pferd und erwiderte den Salut. »Na, was sagen Sie dazu?« fragte er lachend Hornblower. Die Soldaten waren in einem üblen Aufzug - durch die Löcher ihrer blauen oder schmutziggrauen Uniformen sah man oft genug bis auf die nackte Haut. Dazu machte die ganze Truppe einen schlappen, unsoldatischen Eindruck. Auch die besten Soldaten konnten einmal müde und abgerissen aussehen, wenn sie harte Tage hinter sich hatten, als Hornblower jedoch an den Gliedern dieser Regimenter entlangblickte, drängte sich ihm ein ganz anderer Eindruck auf. Hier nahm man Schmutz und Unordnung einfach hin - es fiel keinem Menschen ein, sie zu bekämpfen.
    Hornblower sah, daß Essen immer noch stillvergnügt vor sich hin lächelte, und gab sich die größte Mühe, endlich herauszufinden, was ihn denn so belustigte. Er hätte ihn bestimmt nicht hierher geschleppt, wenn es sich nur darum gehandelt hätte, sich abgerissene, zerlumpte Soldateska anzusehen. Davon hatte er in den letzten drei Monaten so viel zu sehen bekommen, daß es ihm für den Rest seines Lebens vollauf genügte. Hier standen gewiß mehrere tausend Mann, eine starke Brigade oder eine schwache Division. Hornblower machte sich eben daran, die Regimentsfahnen zu zählen, um festzustellen, wie viele Einheiten da versammelt waren, da hätte er vor Überraschung beinahe sein mühsam gewahrtes Gleichgewicht verloren. Diese Fahnen waren rot und gelb, das waren doch die spanischen Nationalfarben! Als ihm diese Erleuchtung kam, erkannte er auch an den zerfetzten Uniformen die Spuren des bourbonischen Weiß-Blau, das er vor zehn Jahren während seiner Gefangenschaft in Ferrol so hassen gelernt hatte. Aber damit nicht genug. Am linken Flügel der Linie war noch eine einzelne, blausilberne Standarte zu erkennen, die portugiesische.
    Sie wehte an der Spitze eines zusammengeschrumpften Bataillons, das wirklich nicht viel anders aussah als eine Schar von Vogelscheuchen.
    »Sie sind überrascht, Sir! Das habe ich mir gedacht«, sagte Essen immer noch lachend.
    »Was sind dies für Leute?« fragte Hornblower.
    »Ein paar von den willfährigen Bundesgenossen Bonapartes«, erwiderte Essen ironisch. »Sie gehörten zum Korps St. Cyr in Polozk. Als sie eines Tages am äußersten linken Flügel standen, kamen sie auf den Gedanken, sich stromabwärts durchzuschlagen und zu

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