Hornblower 08 - Der Kommodore
Verbündeten Bonapartes die Nachricht verbreiten, daß Sie sich unserer guten Sache, der Sache der Freiheit, angeschlossen haben, und ich möchte gern, daß Sie die Wahrheit dieser Nachricht bestätigen.« Der Conde warf noch einen scharf prüfenden Blick auf Hornblower, dann gab er seine Zustimmung. »Ja, ich werde unterschreiben«, sagte er.
Diese sofortige Bereitschaft war ein schmeichelhaftes Zeugnis sowohl für den ehrlichen Eindruck, den Hornblower machte, als auch für den Ruf unbedingter Zuverlässigkeit in der Erfüllung aller Verpflichtungen, den die Navy ganz allgemein genoß.
»Es bleibt uns also nichts mehr zu tun«, sagte Hornblower, »als den Aufruf zu formulieren und die Transportschiffe für Ihren Verband zusammenzusuchen.«
Essen, der neben ihnen hielt, ratschte während dieser auf spanisch geführten Unterhaltung unruhig in seinem Sattel hin und her. Offenbar verstand er kein Wort von dieser Sprache, und das machte ihn nervös. Hornblower stellte dies mit einiger Schadenfreude fest, hatte er doch während der ganzen beiden letzten Monate gerade genug russischen und deutschen Gesprächen beiwohnen müssen, ohne zu wissen, worum es ging.
Er genoß also hier eine nette, kleine Rache.
»Hat er Ihnen erzählt, wie es bei der ›Grande Armee‹ aussieht?« fragte Essen. »Haben Sie von Hunger und Seuchen gehört?«
»Noch nicht«, sagte Hornblower.
Nun begann der Conde aber zu berichten, rasch, in abgerissenen Sätzen, gedrängt durch Essens polternde Ungeduld.
Bonapartes Armee war schon vom Tode gezeichnet, lange ehe sie Moskau erreichte. Bonaparte jagte sie in Eilmärschen durch die endlosen, einsamen Weiten Rußlands, aber Hunger und Krankheit lichteten dabei ständig ihre Reihen.
»Die Pferde sind schon fast alle verendet, es gab nur noch grünen Roggen als Futter«, sagte der Conde.
Waren die Pferde tot, dann war es für das Gros der Armee nicht mehr möglich, die nötigen Mengen an Versorgungsgütern heranzuschaffen. Dieses Gros stand also vor der Wahl, entweder zu verhungern oder sich auf einen weiten Raum auseinanderzuziehen. Das Auseinanderziehen verbot sich aber von selbst, solange es noch irgendeine russische Armee gab. Es kam also ganz auf Alexander an. Solange der die Nerven behielt, solange er den Kampf unentwegt weiterführte, bestand noch Hoffnung. Man hatte immer mehr den Eindruck, als ob die Armee Bonapartes in Moskau wirklich am Ende ihrer Kraft wäre. Dann gab es nur noch eine Möglichkeit für ihn, neuen Druck auf Alexander auszuüben. Die bestand darin, daß die hier vor Riga stehende Armee ihren Vormarsch gegen St. Petersburg fortsetzte. Es kam also jetzt erst recht darauf an, hier den Widerstand nicht erlahmen zu lassen. Hornblower konnte nicht recht daran glauben, daß Alexanders Abwehrkraft den Verlust seiner beiden Hauptstädte überdauerte.
Die armen spanischen Infanteristen hatten während dieser ganzen langen Unterhaltung mit präsentiertem Gewehr stillgestanden. Hornblower fühlte sich dadurch unangenehm berührt, deshalb wandte er ihnen jetzt, um den Conde an seine Pflicht zu gemahnen, in möglichst auffälliger Weise seine Aufmerksamkeit zu. Dieser verstand den Wink und gab seinem Stab einen Befehl, den die Obersten wiederholten. Die Regimenter nahmen mit einem linkischen Griff Gewehr ab, und dann rührte jedermann so, wie es ihm gerade einfiel.
»Seine Exzellenz sagt mir«, wandte sich der Conde wieder an Hornblower, »Sie hätten unlängst in Spanien gedient. Können Sie mir berichten, was es in meiner Heimat Neues gibt?«
Es war nicht ganz einfach, einem Spanier, der vier Jahre von allen Nachrichten aus seinem Vaterlande abgeschnitten war, in kurzen Worten einen Überblick über die verwickelten Ereignisse zu geben, die sich während dieser Zeit dort abgespielt hatten.
Hornblower tat sein Bestes, die unzähligen spanischen Niederlagen zu erklären und zu beschönigen und umgekehrt den Opfergeist und die Tüchtigkeit der Guerilleros hervorzuheben.
Er endete mit einem hoffnungsvollen Ausblick, indem er von der unlängst erfolgten Einnahme Madrids durch Wellington erzählte. Während er sprach, umdrängte ihn der spanische Stab in einem immer engeren Kreis. Seit vier langen Jahren, seit dem Tage, an dem das spanische Volk sich dazu entschlossen hatte, dem Empire die Gefolgschaft zu kündigen, und dem Tyrannen Todfeindschaft schwor, hatte Bonaparte dafür gesorgt, daß diese spanischen Truppen, die dreitausend Meilen von ihrer Heimat entfernt standen, nicht
Weitere Kostenlose Bücher