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Hornblower 08 - Der Kommodore

Hornblower 08 - Der Kommodore

Titel: Hornblower 08 - Der Kommodore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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ein Wort über die wirkliche Lage ihres Landes erfuhren. Sie konnten höchstens unsichere Vermutungen anstellen, die sich auf die lügenhaften kaiserlichen Verlautbarungen gründeten. Es war ein seltsames Erlebnis, diesen aus ihrer Heimat verschleppten Menschen über die Vergangenheit zu berichten. Hornblower hatte plötzlich wieder seine eigene Lage vor Augen und erinnerte sich daran, wie ihm zumute war, als er von dem Frontwechsel der Spanier erfuhr.
    Dabei hatte er die merkwürdige Empfindung, als vollzöge sich in seinem Gehirn ein förmlicher Szenenwechsel. Er stand wie damals an Deck der Lydia draußen in den Gewässern des tropischen Pazifiks, von denen es noch kaum eine Seekarte gab.
    Sekundenlang glich sein Gedächtnis geradezu einem Schlachtfeld von Erinnerungen. Da waren das Blau und das Gold des Stillen Ozeans, die Hitze und die Stürme der Tropen, da waren die Gefechte, da waren El Supremo und der Gouverneur von Panama - mit Gewalt mußte er sich von diesen Bildern losreißen, um sich wieder hierher, auf den Exerzierplatz am Strande der Ostsee, zurückzufinden.
    Ein Ordonnanzoffizier kam in wilder Karriere auf sie zugeritten, unter den klingenden Hufen seines Hengstes wirbelte der Staub. Mit flüchtigem Gruß parierte er vor dem General von Essen und sprudelte seine Meldung hervor, ehe sich seine Hand noch gesenkt hatte. Ein Wort des Gouverneurs, und er jagte in fliegender Eile in der gleichen Richtung davon, aus der er gekommen war. Dann wandte sich Essen an Hornblower.
    »Der Feind sammelt starke Kräfte in seinen Gräben«, sagte er, »der Sturm auf Dünamünde kann jeden Augenblick beginnen.«
    Essen begann seinem Stab Befehle zuzuschreien, Pferde stiegen und warfen sich herum, als die Sporen in ihre Flanken schlugen und die grausamen Kandaren ihnen die Köpfe zur Seite rissen. Binnen weniger Augenblicke galoppierte ein halbes Dutzend Offiziere, mit den Befehlen, die sie erhalten hatten, nach den verschiedensten Richtungen auseinander. »Ich reite hin«, sagte Essen. »Und ich komme mit«, sagte Hornblower.
    Er wäre beinahe aus dem Sattel geratscht, als sein aufgeregter Gaul neben dem des Gouverneurs auf der Hinterhand kehrtmachte. Mit der Hand am Sattelknopf suchte er wieder festen Sitz zu gewinnen und angelte noch immer nach dem einen verlorenen Steigbügel, als sie schon mit klappernden Hufen dahingaloppierten. Essen wandte den Kopf und schrie einer der wenigen Ordonnanzen, die sie noch begleiteten, einen Befehl zu, dann hieb er seinem Pferd noch einmal die Sporen in die Flanken. Das Tempo der Gäule wurde schärfer und schärfer, aber auch das Grollen der Beschießung nahm an Lautstärke und Deutlichkeit von Minute zu Minute zu. Sie rasselten durch die Straßen von Riga, sie jagten dröhnend über den Holzbelag der Schiffsbrücke. In der klaren Herbstsonne rann Hornblower der Schweiß von der Stirn, der Säbel hieb ihm immerzu schmerzhaft gegen das Bein, und der dumme Dreimaster rutschte ihm ein ums andere Mal ins Genick, so daß er ihn nur durch einen raschen Griff im letzten Augenblick vor dem Davonfliegen rettete. Er konnte gerade noch so viel auf seine Umgebung achten, daß er wußte, wo er sich befand, als er unter sich das wirbelnde Wasser der Düna sah und als er dann am anderen Ufer den Strom zu seiner Rechten hatte. Immer lauter und heftiger wurde das Geschützfeuer, dann aber hörte es mit einem Schlage auf. »Jetzt stürmen sie!« schrie Essen und beugte seinen massigen Körper nach vorn, um aus seinem armen Gaul das letzte herauszuholen. Sie waren im Dorf. Sie ritten zwischen den zerschossenen Bauernhäusern hindurch, da sahen sie die ersten Anzeichen einer beginnenden Niederlage: müde Soldatengestalten, die ihnen ohne Ordnung und Zusammenhalt entgegenwankten. Ihre blauen Uniformen waren ganz grau von Staub, Offiziere bemühten sich fluchend, sie zum Stehen zu bringen, und hieben mit der flachen Klinge auf sie ein. Nun begann auch Essen sie anzubrüllen, seine Stimme klang heiser wie eine geborstene Trompete. Er schwang den Säbel über seinem Kopf und sprengte mitten in das Gedränge hinein. Bei seinem Anblick kehrten sofort Ordnung und Disziplin zurück, die Leute sammelten sich, machten wieder Front gegen den Feind und schlossen sich ganz von selbst zu einer Gefechtslinie zusammen.
    Da tauchte auch schon der nachdrängende Gegner in völlig aufgelöster Ordnung zwischen den Ruinen auf, er mußte wie ein Sturmwind durch die Bresche eingedrungen sein, aber jetzt glichen diese

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