Hornblower 08 - Der Kommodore
uns zu stoßen. Kommen Sie, wir wollen zu ihrem General.«
Er ritt an und trabte mit Hornblower an den Linien entlang, bis sie zu einem gleichfalls ganz zerlumpten Offizier gelangten, der auf einem klapperdürren Schimmel saß. Sein Stab hinter ihm war noch schlechter beritten als er. »Ich habe die Ehre vorzustellen«, sagte Essen förmlich, »Seine Exzellenz der Conde de Los Altos - Seine Exzellenz Kommodore Sir Horatio Hornblower.« Der Conde salutierte, Hornblower brauchte einige Augenblicke, ehe es ihm gelang, wieder auf spanisch zu denken - damals vor zwei Jahren, bei dem mißglückten Angriff auf Rosas, hatte er diese Sprache zum letzten Male gesprochen.
»Ich freue mich außerordentlich, Eurer Exzellenz Bekanntschaft zu machen«, sagte er.
In den Zügen des Conde spiegelten sich Überraschung und Freude, als er seine Muttersprache hörte. Rasch gab er zur Antwort: »Sie sind der englische Admiral, Sir?«
Hornblower hielt es in diesem Augenblick nicht für angezeigt, sich auf Erklärungen über den Unterschied zwischen einem Admiral und einem Kommodore einzulassen. Er nickte nur bestätigend mit dem Kopf.
»Ich habe darum gebeten, daß meine eigenen Leute und die Portugiesen über See nach Spanien zurückgeschafft werden möchten, damit wir dort, auf dem Boden unseres Vaterlandes, gegen Bonaparte kämpfen können. Man hat mir geantwortet, daß für die Benutzung des Seeweges, der ja allein in Frage kommt, Ihr Einverständnis nötig sei. Ich nehme als sicher an, daß Sie es uns nicht verweigern werden.«
Das war viel verlangt. Fünftausend Mann erforderten, wenn man den üblichen Tonnagebedarf von vier Tonnen pro Mann annahm, einen Schiffsraum von zwanzigtausend Tonnen. - Das war ein riesiger Geleitzug. Er wußte wirklich nicht, ob sein Einfluß ausreichte, die Regierung zur Gestellung von zwanzigtausend Tonnen Schiffsraum zu bestimmen, um diese Spanier von Riga nach Spanien zu befördern. Es gab ja ohnehin nie genug Schiffe. Dabei durfte man auch nicht außer acht lassen, welch schlechten Eindruck es auf die Besatzung von Riga machen mußte, wenn sie sah, wie ihr diese willkommene, vom Himmel gesandte Verstärkung sozusagen unter den Händen zerrann, nachdem sie eben erst eingetroffen war. Anderseits stand immer zu befürchten, daß Rußland eines Tages mit Bonaparte Frieden machte. Rechnete man damit, daß dieser Fall eintrat, dann war es natürlich am besten, die Spanier so schnell wie möglich aus der Reichweite dieser beiden Mächte zu entfernen. Diese fünftausend Mann waren in Spanien viel wert, vor allem deshalb, weil sie dort als Spanier mit echter Begeisterung ins Zeug gingen - hier dagegen, in diesem Krieg der Millionen, spielten sie kaum eine Rolle. Aber wichtiger als alle diese Gründe war die moralische Wirkung. Was mußten die übrigen höchst unfreiwilligen Bundesgenossen Bonapartes, die Preußen, Österreicher, Bayern und Italiener, denken, wenn sie hörten, daß das Truppenkontingent einer anderen Nation sich zum Gegner durchgeschlagen hatte und dort als geschätzter und gefeierter Freund mit offenen Armen aufgenommen worden war, mehr noch, daß man alle diese Soldaten sogar ohne Verzug zu Schiff in ihre Heimat zurückgeschickt hatte? Hornblower erwartete sich davon einen entscheidenden Gesinnungswandel unter den Trabanten der bonapartischen Macht, auf den man besonders dann rechnen konnte, wenn Rußland seinem Entschluß, den Winter durchzukämpfen, treu blieb. Dann begann das Riesengebäude jenes Reiches vielleicht wirklich zu bröckeln und zu stürzen. »Ich werde mich glücklich schätzen, Ihre Leute nach Spanien zurückzusenden, sobald es sich irgend ermöglichen läßt«, sagte er. »Noch heute werde ich die zur Versammlung des nötigen Schiffsraumes erforderlichen Maßnahmen treffen.«
Der Conde dankte ihm mit überschwenglichen Worten, aber Hornblower hatte noch etwas hinzuzufügen.
»Ich habe nur eine bescheidene Gegenbitte«, sagte er. Dieser Satz genügte, um die Freude des Conde zu dämpfen.
»Und die wäre, Sir?« fragte er, und schon stand in seinem Gesicht jenes verbitterte Mißtrauen geschrieben, das sich eines jeden bemächtigen mußte, der, wie er, Jahre hindurch Opfer internationaler Doppelzüngigkeit, endloser Lügen, Täuschungen und infamer Drohungen gewesen war - angefangen von Godoys elendem Betrug bis zu Bonapartes rücksichtsloser Gewalttätigkeit. »Nur Ihre Unterschrift unter einen Aufruf, sonst nichts. Ich möchte unter den anderen unfreiwilligen
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