Hornblower 08 - Der Kommodore
Wege zu übermitteln.
Aber der blieb völlig teilnahmslos, genau wie Hornblower erwartet hatte. Nun ging er nach Lee hinüber, als wollte er sich eine bessere Sicht auf die schwedische Küste verschaffen. Ein paar Meter von Bush entfernt blieb er stehen.
»Schweden scheint doch noch neutral zu sein«, bemerkte er wie beiläufig. »Jawohl, Sir.«
»Wir werden endgültige Klarheit haben, wenn wir Hven - weiß Gott, wie man dieses Wort aussprechen soll - erreichen.
Dort müssen wir dicht unter den Geschützen passieren, weil das Fahrwasser unter Land entlangführt.«
»Jawohl, Sir, ich kann mich daran erinnern.«
»Aber wir haben bis dahin noch fast eine Stunde Zeit. Ich werde mir deshalb einen Bissen Frühstück an Deck bringen lassen, wollen Sie mir dabei Gesellschaft leisten, Herr Kapitän?«
»Danke, Sir, mit dem größten Vergnügen.«
Eine solche Einladung von einem Kommodore war für einen Kommandanten natürlich so gut wie ein Befehl. Aber Bush war ein viel zu gewissenhafter Offizier, als daß es ihm in den Sinn gekommen wäre, selbst zu essen, wenn seine Leute nicht auch zu essen hatten. Hornblower konnte ihm geradezu vom Gesicht ablesen, daß er während dieser Zeit der Spannung seine Mannschaften am liebsten ohne Unterbrechung an den Geschützen gelassen hätte. Bush war ja auch noch ein junger Kommandant, der schwer an seiner Verantwortung trug.
Schließlich gewann aber vernünftige Einsicht doch die Oberhand über seine nervöse Unruhe.
»Mr. Hurst, lassen Sie die Freiwache wegtreten. Eine halbe Stunde Frühstückspause.«
Das war genau der Befehl, den Hornblower haben wollte - aber die Freude, daß es ihm gelungen war, ihn herbeizuführen, konnte den Ärger nicht aufwiegen, daß er zu diesem Zweck ein außerdienstliches Gespräch beginnen mußte und jetzt, bei diesem gemeinsamen Frühstück, wieder eine höfliche Unterhaltung zu führen hatte. Die Stille der Spannung, die über jedem gefechtsklaren Schiff liegt, wich lärmender Betriebsamkeit, als jetzt die Freiwache ihre Stationen verließ.
Bush befahl mit lauter Stimme, einen Tisch und Stühle auf das Achterdeck zu bringen, und war dann umständlich darauf bedacht, ihn genau dort aufstellen zu lassen, wo es dem Kommodore am besten zusagte. Ein Blick Hornblowers genügte, daß Brown sogleich eine Reihe köstlicher Dinge aufmarschieren ließ, die zu dieser Tageszeit besonders schmeckten und aus den von Barbara besorgten Vorräten stammten: das beste Hartbrot, das es für Geld zu kaufen gab, Butter in einer Steinkruke, die noch nicht ein bißchen ranzig war, Erdbeermarmelade, ein kräftig geräucherter Schinken, eine geräucherte Hammelkeule von einem Bauern in Exmoor, Cheddar- und Stiltonkäse, Bachforellen in Gelee. Dazu hatte Brown den glänzenden Gedanken gehabt, ein paar Zitronen aus dem schwindenden Vorrat zu holen und auszuquetschen, um damit den muffigen Geschmack des Wassers zu übertäuben, wußte er doch, daß Hornblower völlig außerstande war, schon zum Frühstück Bier, auch wenn es nur Dünnbier war, zu trinken.
Eine dritte Möglichkeit gab es aber nicht. Bush ließ seine Blicke voll Genugtuung über diese Fülle schweifen und nahm dann auf Hornblowers Einladung mit einem gesunden Hunger Platz.
Auch er war ja die längste Zeit seines Lebens arm gewesen und mußte von seinem Gehalt eine ganze Schar bedürftiger weiblicher Verwandter mit durchbringen. Daher war er auch noch keineswegs durch Luxus verwöhnt. Bei Hornblower dagegen hatte die angeborene Querköpfigkeit ganz die Oberhand gewonnen, er hatte sich Kaffee eingebildet, und den konnte er nicht haben, also hätte er am liebsten gar nichts zu sich genommen. Diese Limonade war doch nur ein schlechter Witz. Gereizt und widerwillig begann er ein paar Bissen zu essen. Bush belegte sich ein Stück Hartbrot dick mit Forellenfleisch und aß mit dem gesunden Appetit eines Mannes, der die ganze Nacht nicht unter Deck gekommen war. Das brachte Hornblower auf den völlig lächerlichen Gedanken, daß er ihn mit diesem Benehmen absichtlich ärgern wollte. Bush warf heimlich einen verschmitzten Blick zu seinem Kommodore hinüber und ließ dann wohlweislich die lobenden Worte über das Frühstück ungesagt, die er schon auf der Zunge hatte. Wenn es seinem absonderlichen Herrn Kommodore gefiel, schlechter Laune zu sein, dann war es das beste, ihn nicht dabei zu stören - und Hornblower, der die Haltung seines Gegenübers sofort durchschaute, stellte fest, daß ihm dieser Bush jedenfalls
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