Hornblower 08 - Der Kommodore
sein Glas ans Auge. Über den Dünen stieg eine riesige schwarze Rauchsäule auf, und er glaubte zu erkennen, daß darin kompakte Dinge - waren es menschliche Körper oder Wrackteile? - durch die Luft wirbelten. Das Feuer oder eine der letzten Granaten der Math hatte die Pulverkammer der Blanchefleur erreicht.
»Signal an Clam Mr. Mound«, sagte Hornblower. »Was sehen Sie vom Feind?«
Sie warteten auf die Antwort.
»Gegner - völlig - vernichtet, Sir«, las der Steuermannsmaat ab, und die Besatzung brach in ein wildes Hurra aus.
»Sehr gut, Mr. Mound. Ich glaube, wir wollen von diesen Untiefen weg, ehe es dunkel wird. Bitte setzen Sie das Rückrufsignal mit Anruf für Clam und Lotus.
Die wässerige Sonne dieser nördlichen Breiten war recht trügerisch. Sie gab ihren freundlichen Schein, wärmte aber dabei nicht ein bißchen. Jedenfalls wurde Hornblower jetzt mit einem Male von heftigem Zittern befallen, das kurze Zeit anhielt. Er hatte stundenlang untätig an Deck der Harvey gestanden, und zwar dummerweise ohne Mantel - so versuchte er sich wenigstens seinen Zustand zu erklären. Dabei wußte er ganz genau, daß diese Erklärung nicht den Kern der Sache traf.
Spannung und Aufregung waren nun vorbei, was blieb, waren Schwermut und Niedergeschlagenheit. Ein Schiff zu zerstören, das selbst keine Möglichkeit besaß, das Feuer zu erwidern, war eine brutale, unmenschliche Aufgabe. Später, in seinem Bericht, nahm sich das ganze Unternehmen bestimmt glänzend aus, und er konnte sich gut vorstellen, wie die Kameraden einander von seinem neuesten Erfolg erzählten: Ein großes französisches Kaperschiff unter den Augen der Schweden und der Franzosen und noch dazu inmitten unzähliger Untiefen zu vernichten, das war ja auch wirklich keine Kleinigkeit. Das Gefühl für die unrühmliche Kehrseite dieser Aktion blieb wahrscheinlich ihm allein vorbehalten.
10. Kapitel
Bush wischte sich mit seiner Serviette - wie immer unter umständlicher Wahrung der besten Manieren - den Mund.
»Was, glauben Sie, werden die Schweden dazu sagen, Sir?«
Das war eine kühne Frage, denn er wußte aus Erfahrung, daß Hornblower es nicht liebte, wenn er, Bush, sich mit solchen Dingen befaßte.
»Sie können sagen, was sie wollen«, antwortete Hornblower, »jedenfalls können sie nichts sagen, was die Blanchefleur wieder heil macht.«
Bush war ganz überrascht, wie herzlich das klang, verglichen nämlich mit der Abfuhr, auf die er gefaßt war. Nun wunderte er sich, wie diese ungewohnte Zugänglichkeit zustande kam.
Vielleicht war sie eine Wirkung des Erfolgs, der Anerkennung, der Beförderung oder aber seiner Heirat. Und seltsamerweise stellte sich Hornblower in diesem Augenblick die gleiche Frage und kam zu dem Ergebnis, daß dieses veränderte Benehmen eine Folge seines zunehmenden Alters war. Für einige Augenblicke versenkte er sich in eine seiner unerbittlichen, fast krankhaft strengen Selbstprüfungen. Im Lauf der Zeit hatte er sich mit der leidigen Tatsache abgefunden, daß sein Haar immer dünner wurde und daß sich seine Schläfen allmählich grau färbten. Als er zum ersten Male beim Kämmen seine Kopfhaut rosig durchschimmern sah, da war er völlig aus dem Gleichgewicht gekommen, jetzt hatte er sich längst daran gewöhnt. Sein Blick wanderte über die beiden Reihen junger Gesichter hier an seinem Tisch, und er spürte, wie dabei ein warmes Gefühl in ihm aufstieg. Das war es, er bekam väterliche Empfindungen. daß ihm diese Jugend plötzlich so nahe stand, war ihm eine ganz neue Erfahrung. Und nun entdeckte er noch mehr, daß nämlich sein Herz nicht nur der Jugend, sondern allen Menschen, jungen und alten, gehörte. Damit verlor er aber auch - zeitweilig, wie er sich vorsichtig einschränkend zuflüsterte - jenes unwiderstehliche Bedürfnis, sich selbstquälerisch von seiner Umgebung abzusondern. Er hob sein Glas.
»Meine Herren«, sagte er, »ich trinke auf das Wohl der drei Offiziere, deren vorbildlicher Pflichterfüllung und hervorragendem beruflichen Können wir die Vernichtung eines gefährlichen Gegners zu verdanken haben.« Bush, Montgomery und die beiden Fähnriche hoben ihre Gläser und taten begeistert Bescheid, Mound, Duncan und Freeman dagegen hielten ihren Blick mit echt englischer Bescheidenheit auf das Tischtuch gesenkt. Mound, den diese Ehrung völlig überrascht hatte, errötete wie ein junges Mädchen und rutschte in verlegener Unruhe auf seinem Stuhl hin und her.
»Wollen Sie nicht antworten, Mr.
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