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Hornblower 08 - Der Kommodore

Hornblower 08 - Der Kommodore

Titel: Hornblower 08 - Der Kommodore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Er nahm einen Schluck.
    »Ich habe heute die Erfahrung gemacht«, sagte er, »das es nirgendwo in der Welt reizendere Menschen gibt als die Russen, und daß vor allem die russischen Frauen an Schönheit und bezaubernder Liebenswürdigkeit nicht ihresgleichen haben.«
    Da traf ihn ein dunkler Blick aus den schwülen Augen der Gräfin, der ihm das Gehirn im Schädel kribbeln machte. Der goldene Suppenteller wurde weggezogen und durch einen goldenen Fleischteller ersetzt. In ein anderes Glas vor ihm wurde anderer Wein geschenkt - Champagner. Ja, genau wie der, so schienen heute abend die Gedanken in seinem Kopf zu moussieren! Sein Diener sprach ihn auf russisch an, offenbar stellte er ihm verschiedene Gerichte zur Wahl, und die Gräfin entschied für ihn, ohne ihn zu fragen.
    »Da dies Ihr erster Besuch in Rußland ist«, erklärte sie, »bin ich sicher, daß Sie unsere Wolgaforellen noch nicht gekostet haben.«
    Während sie sprach, nahm sie gerade selbst einen solchen Fisch von einer goldenen Platte, Hornblowers Diener reichte gleichzeitig auch ihm eine andere Platte.
    »Ein Goldservice sieht zwar wunderschön aus«, sagte die Gräfin mit betrübter Miene, »aber leider werden die Speisen, die man davon ißt, sofort kalt. Ich benutze das meinige zu Hause nur, wenn ich Seine Majestät zu Gast bei mir habe. Da dies in den meisten Häusern so ist, glaube ich, daß Seine Majestät kaum je warmes Essen erhält.«
    Das goldene Besteck, mit dem Hornblower seinen Fisch zerteilte, lag schwer in der Hand und kratzte eigenartig auf dem goldenen Teller. »Sie haben ein warmes Herz, Madame«, sagte er. »Ja«, entgegnete die Gräfin mit vielsagender Betonung.
    Hornblower begann wieder der Kopf zu wirbeln, der Champagner mit seiner köstlichen Frische schien ihm wie geschaffen, diese Gefahr zu bannen. Er trank in durstigen Zügen.
    Nach der Forelle kamen ein paar fette, kleine Vögelchen auf Toast, die förmlich auf der Zunge zergingen. Der Champagner wurde von einem anderen Wein abgelöst. Dann gab es irgendein Wildbret und danach ein Steak, das wohl ursprünglich von einem Hammel stammte, aber auf den Pegasusschwingen des Knoblauchs zu einer Vollendung gediehen war, die jeder banalen Bezeichnung Hohn sprach. Irgendwo in dieser langen Reihe erlesener Dinge tauchte ein rotes Wassereis auf, das dritte oder vierte, das Hornblower in seinem Leben zu kosten bekam.
    »Ausländische Kinkerlitzchen«, sagte er sich, dabei schmeckte es ihm doch ausgezeichnet, und er hegte auch keinerlei Vorurteil gegen die fremde Küche. Vielleicht war ihm der Ausdruck ›Ausländische Kinkerlitzchen‹ wirklich nur deshalb in den Sinn gekommen, weil er an Bush denken mußte. Der würde bestimmt so etwas sagen, wenn er dieses Diner mitmachte. Oder war er etwa gar schon ein bißchen betrunken? - Die Frage war das natürliche Ergebnis seiner ständigen Selbstbeobachtung, und er erschrak so heftig über diese Möglichkeit wie ein Mann, der im Dunkeln unversehens gegen einen Laternenpfahl rennt. Hier, wo er England vertrat, durfte er sich auf keinen Fall betrinken, außerdem drohten ihm zweifellos nicht zu unterschätzende persönliche Gefahren, und er wäre ein Narr, setzte er in dieser Lage seine Denk- und Handlungsfähigkeit aufs Spiel. Hatte er nicht selbst einen Attentäter mit in den Palast gebracht? Wenn von dieser Geschichte etwas durchsickerte, konnte es ihm übel ergehen, vor allem, wenn der Zar erfuhr, daß die gezogene Pistole dieses Attentäters sein, Hornblowers, privates Eigentum war. Sein Kopf wurde noch klarer, als ihm einfiel, daß er seine jungen Offiziere ganz vergessen hatte. - Als er sie vorhin verließ, hatten sie die Aufgabe, den verwundeten Attentäter unauffällig beiseite zu schaffen, er konnte sich nicht entfernt denken, wie sie das machten.
    Die Gräfin neben ihm trat ihm unter dem Tisch leicht auf den Fuß, da durchzuckte es ihn wie ein feiner elektrischer Schlag, und seine ganze, mühsam gewonnene Fassung drohte sich wieder zu verflüchtigen. Er antwortete ihr mit einem glücklichen Lächeln. Sie aber sah ihn unter halb gesenkten Lidern lange an und wandte sich dann ab, um sich mit ihrem Nachbarn zur Rechten zu beschäftigen. Das war ein taktvoller Wink für Hornblower, sich etwas mit der Baronesse zu seiner Linken zu befassen, mit der er bis dahin noch kaum ein Wort gesprochen hatte. Er stürzte sich sogleich in ein fieberhaftes Gespräch mit ihr, an dem auch der General in der fremdartigen Dragoneruniform teilnahm, der an ihrer

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