Hornblower 08 - Der Kommodore
Seite zu wissen.
Alexander traf Anstalten zum Aufbruch. Sein Adjutant goß in aller Eile noch sein fünftes Glas Rum hinunter. Es versetzte ihn im Verein mit seinen vier Vorgängern in einen so gehobenen Zustand, daß er nachher, auf dem Achterdeck angelangt, Bush den Arm um den Nacken schlang und ihn mit brüderlicher Herzlichkeit auf den Rücken klopfte. Dabei klingelte und klapperte die lange Reihe der Orden und Medaillen auf seiner Brust, als hämmerten ein paar Kesselflicker an ihren Töpfen und Pfannen herum. Bush war durch dieses Benehmen höchst peinlich berührt, weil er sich von der ganzen Besatzung beobachtet fühlte. Deshalb versuchte er, sich aus der Umarmung zu befreien, aber seine Bemühungen hatten wenig Erfolg.
Hochrot im Gesicht, gab er den Befehl zum Paradieren und seufzte sichtlich erleichtert auf, als Alexander endlich die Fallreepstreppe hinunterstieg und sein Adjutant ihm wohl oder übel folgen mußte.
14. Kapitel
Der schöne Ostwind durfte nicht verpaßt werden. Die Nonsuch und der Verband liefen unter Vollzeug wieder aus dem Finnischen Meerbusen heraus, der Kommodore spazierte auf seinem Achterdeck auf und ab und wälzte dabei alle Probleme, die jeden Befehlshaber ständig beschäftigen. Die Trinkwasserfrage wenigstens war gelöst, er kam mit Leichtigkeit zwei, im Notfall sogar vier Monate damit aus. Die Tatsache, daß er seine Wasserfässer aufgefüllt hatte, war an und für sich eine Rechtfertigung für seine Verhandlungen mit dem Petersburger Hof, die auch dann stichhaltig blieb, wenn Whitehall gegen seine jüngsten Schritte Einwendungen erheben sollte. Hornblower überdachte noch einmal den Wortlaut seines Berichts. Er hatte darin eben diesen praktischen Vorteilen seines Besuches die gleiche Bedeutung beigelegt wie dem politischen Nutzen, den die Fühlungnahme mit der russischen Regierung versprach. Er konnte in diesem Bericht gewiß eine gute Sache vertreten - und doch... Hornblower machte wieder kehrt und warf einen Blick auf den im Kielwasser folgenden Verband.
»Signal an Lotus « befahl er. »Warum sind Sie nicht auf Ihrer Position?« Die Flaggen stiegen hoch, und Hornblower konnte beobachten, wie die Korvette schnell ihren Fehler gutmachte.
»Lotus gibt ›Verstanden‹, Sir«, meldete der Fähnrich. »Dann machen Sie zurück:›Warum geben Sie keine Antwort auf meine Frage?‹«, erwiderte Hornblower barsch. Es dauerte mehrere Sekunden, ehe eine Antwort erschien. »Lotus signalisiert:›Unaufmerksamkeit des wachhabenden Offiziers‹ , Sir.«
»Verstanden«, sagte Hornblower.
Das hatte da drüben eingeschlagen. Vickery war sicher wütend über diese öffentliche Rüge, und seinem Wachoffizier tat es wahrscheinlich in diesem Augenblick bitter leid, nicht aufgepaßt zu haben. Das hatte immer sein Gutes, auf keinen Fall konnte es etwas schaden. Dennoch war sich Hornblower völlig darüber im klaren, daß er dieses Monitum im Grunde nur deshalb erteilt hatte, weil er Zeit gewinnen wollte, ehe er daranging, sich mit der nächsten, alles andere als angenehmen Sache zu befassen, in der er jetzt unbedingt zu einer Entscheidung kommen mußte. Er hatte im Laufe seiner Dienstzeit schon genug Rügen austeilen sehen und im übrigen in jüngeren Jahren auch selbst sein Teil davon erhalten. Wie viele derartige Signale, so fragte er sich jetzt, waren vielleicht nur deshalb gegeben worden, weil ein sorgengequälter Admiral ein bißchen Ablenkung von den unerfreulichen Dingen suchte, die ihn Tag und Nacht beschäftigten. Für ihn selbst galt es jetzt, sich mit dem Fall Braun zu befassen.
Die niedrige Küste Finnlands war im Norden gerade noch in Sicht. Unten auf dem Großdeck machte Carlin mit einer Division Geschützexerzieren, die Männer übten das Laden und Ausrennen ihrer Kanonen. Die Nonsuch lief mit Leesegeln bei nahezu plattachterlichem Wind gute Fahrt. Für den Fall, daß der Seegang stärker wurde, mußte man Segel kürzen, damit die Kanonenboote nicht zurückfielen. Vorn schickte ein Bootsmannsmaat einen Seemann nach oben, um ein neues Geitau für das Vormarssegel zu scheren. Das Ende war aber für den gedachten Zweck viel zu dick. So etwas war natürlich eine reine Schiffsangelegenheit, die Hornblower nichts anging.
Dennoch wollte er sich, wenn auch widerstrebend, gerade damit befassen, da sah er auch schon einen Leutnant einschreiten, der den Fehler gleichfalls bemerkt hatte, und fühlte sich dadurch von einer unangenehmen Verpflichtung befreit. Die jungen Offiziere schienen im
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