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Hornblower 08 - Der Kommodore

Hornblower 08 - Der Kommodore

Titel: Hornblower 08 - Der Kommodore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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übrigen über seine Wünsche und Vorurteile ganz gut Bescheid zu wissen. Sicher stammten diese Kenntnisse von Bush. Hornblower beobachtete, wie die drei sich wieder trennten, und sah dann noch so lange bei der Arbeit zu, bis es mit dem besten Willen nichts mehr zu sehen gab. Nun blieb ihm wirklich keine Ausflucht mehr, er mußte sich endlich mit Braun befassen. Der Mann hatte einen Mordversuch unternommen, dafür mußte er nach englischem Recht wie auch nach den Kriegsartikeln sterben. Da ihm die Admiralitätsbehörde den Rang eines Deckoffiziers verliehen hatte, konnte ein Todesurteil gegen ihn nur von einem Gericht ausgesprochen werden, das aus fünf Kapitänen zur See oder Fregattenkapitänen bestand. Die aber waren in einem Umkreis von Hunderten von Meilen nicht aufzutreiben. Bush und er selbst waren die einzigen, die in Frage kamen, Vickery und Cole waren erst Korvettenkapitäne. Nach dem Gesetz mußte also Braun so lange in Haft bleiben, bis er vor das vorgeschriebene Gericht gestellt werden konnte, es sei denn, daß nach Hornblowers Ermessen wichtige Belange des Dienstes, die Sicherheit des Schiffes oder das Wohl Englands sofortiges Handeln geboten. In diesem Fall konnte er ein Gericht aus allen verfügbaren Stabsoffizieren bilden, das den Mann verurteilte.
    Dann wurde er sofort gehängt. Die Beweislast gegen ihn war erdrückend, sein eigenes Zeugnis und die Aussage Mounds reichten allein für zehn Todesurteile aus. Aber einstweilen bestand wirklich kein Anlaß für ein solches standrechtliches Verfahren. Braun lag völlig erschöpft im Lazarett, er konnte seine rechte Hand wohl nie mehr verwenden und war noch halbtot vom Blutverlust. Dieser Mann verführte sicher niemand zur Meuterei, es bestand auch keine Gefahr, daß er etwa das Schiff in Brand steckte oder die Offiziere zur Pflichtvergessenheit verleitete. Aber durch die unteren Decks schwirrten wahrscheinlich schon die wildesten Gerüchte. Sie hatten Braun schwer verwundet aus dem Zarenpalast an Bord gebracht. Hornblower konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie sich die Leute diesen Vorfall erklärten.
    Jedenfalls gab es darüber ein Gerede ohne Ende, das früher oder später todsicher einem der Agenten Bonapartes zu Ohren kam.
    Hornblower kannte die Methoden Bonapartes viel zu gut, um nicht zu wissen, daß er eine solche Gelegenheit, Uneinigkeit unter seinen Gegnern zu stiften, nach besten Kräften ausschlachten würde.
    Alexander kannte keine Verzeihung für ein Land, das ihn um Haaresbreite einem Mörder ausgeliefert hätte. Erfuhr man bei den hohen Behörden zu Hause von dem Vorfall, dann war man auch dort bestimmt höchst ungehalten, und zwar richtete sich der Unwille dann auf alle Fälle gegen ihn, Hornblower. Wieder dachte er an seinen Bericht, der gut eingeschlossen im Schreibtisch lag und die Aufschrift ›Ganz geheim und vertraulich‹ trug. Dort hatte er alles wahrheitsgemäß geschildert.
    Er konnte sich vorstellen, daß er eines Tages vor einem Kriegsgericht stand, dem dieser Bericht als Belastungszeugnis vorlag, und er konnte sich noch besser vorstellen, wie ihn seine Kameraden beurteilen würden, die dann über ihn zu Gericht saßen.
    Einen Augenblick spielte Hornblower mit dem Gedanken, den Vorfall überhaupt zu vertuschen, überhaupt nichts darüber zu berichten, aber er verwarf die Idee sogleich als unzweckmäßig.
    Irgendeiner war immer dabei, der nicht dichthielt. Andrerseits mochte ihn der ausdrückliche Hinweis in seinen Befehlen decken, daß er sich die Erfahrung Brauns in weitestem Umfang zunutze machen sollte. Überdies legte gerade dieser Hinweis die Vermutung nahe, daß Braun hochgestellte Freunde hatte, die ihn möglicherweise in Schutz nahmen, jedenfalls aber dafür sorgten, daß ihnen selbst kein Nachteil erwuchs, und daher einen öffentlichen Skandal unter allen Umständen unterdrückten. Das waren sehr verwickelte Zusammenhänge.
    »Mr. Montgomery«, sagte Hornblower in barschem Ton, »welchen Kurs steuert eigentlich Ihr Rudergänger? Sorgen Sie gefälligst dafür, daß die Ausschläge kleiner werden, sonst müßte ich Sie ersuchen, mir über die Ursachen dieses schlechten Steuerns ausführlich Meldung zu machen.«
    »Aye, aye, Sir«, sagte Montgomery.
    Wenigstens hatte er sein Teil dazu beigetragen, Rußland in den Krieg gegen Bonaparte hineinzuziehen. Die letzte Nachricht von Wychwood, die er vor dem Verlassen von Kronstadt bekam, lautete dahin, daß Alexander die jüngsten Forderungen Bonapartes rundweg

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