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Hornblower 09 - Lord Hornblower

Hornblower 09 - Lord Hornblower

Titel: Hornblower 09 - Lord Hornblower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Gewiß, das Leben an Bord war auch jetzt noch hart und grausam genug, aber doch nicht so, daß sich die Menschen für die selbstmörderische Narrheit einer Meuterei entschieden, wenn nicht besondere Umstände dazukamen. War der Kommandant ein grausamer und obendrein ungerechter Mensch und fand sich unter der Besatzung ein entschlossener, kluger Rädelsführer, dann war eine Lage geschaffen, die den Keim des Aufruhrs in sich trug. Aber es galt vor allem, jede Meuterei, ganz gleich, was ihre Ursache gewesen war, sofort zu unterdrücken und mit äußerster Strenge zu bestrafen. Nichts, keine Pocken und keine Pest, war in einer Kriegsmarine ansteckender als Meuterei. Ging auch nur ein einziger Meuterer straflos aus, dann erinnerten sich die Leute in der Folge bei jedem Anlaß zur Klage dieses verlockenden Beispiels und ahmten es ohne Hemmung nach. Dabei stand England mitten im Entscheidungskampf gegen die französische Gewaltherrschaft. 500 Kriegsschiffe, darunter 200 Linienschiffe standen im Dienst, um die Weltmeere vom Feinde frei zu halten.
    Unter Wellington brachen soeben 100 000 Mann in Südfrankreich ein. Und die buntscheckigen Armeen des östlichen Europa, die Russen und Preußen, die Schweden und Österreicher, die Kroaten und Ungarn und Holländer, sie alle wurden mit englischer Hilfe eingekleidet, ernährt und bewaffnet.
    Es schien fast, als müßte jede weitere Belastung in diesem Ringen die Kräfte Englands übersteigen, als müßte es schon jetzt unter der furchtbaren Last niederbrechen, die es auf seinen Schultern trug. Wie nicht anders zu erwarten war, kämpfte Bonaparte mit verbissener Kraft und mit Aufwand aller Listen um sein Leben. Noch ein paar Monate des Ausharrens, ein paar Monate höchster Anspannung aller Kräfte reichten vielleicht hin, seinen endgültigen Zusammenbruch herbeizuführen und der von Wahnsinn umnachteten Welt den Frieden zu schenken.
    Umgekehrt konnte jetzt ein Augenblick des Schwankens, ein bloßer Hauch von Unsicherheit und Zweifel genügen, die Menschheit für eine, nein für ungezählte Generationen an das Kreuz der Tyrannei zu schlagen.
    Die Kutsche bog in den Hof der Admiralität ein, und zwei Veteranen der Flotte kamen mit ihren Holzbeinen angestapft, um die Schläge zu öffnen. St. Vincent kletterte hinaus und ging mit Hornblower, beide in der Pracht ihrer rotweißseidenen Gewänder, durch die Korridore zum Zimmer des Ersten Lords.
    »Da, das Ultimatum!« sagte St. Vincent und warf ein Blatt Papier auf den Schreibtisch.
    Elende Handschrift, war Hornblowers erster Eindruck.
    Jedenfalls war das nicht die Arbeit eines bankrotten Kaufmanns oder eines Anwaltgehilfen, den man zum Dienst in der Flotte gepreßt hatte.
    An Bord H. M. S. Flame vor Havre, den 9. Oktober 1813
    Wir sind alles anständige, ehrliche Leute, aber Leutnant Augustin Chadwick hat uns immer auspeitschen lassen und wollte uns nichts zu essen geben. Seit einem Monat hat er auf jeder Wache zweimal »Alle Mann« gepfiffen. Gestern sagte er, er wolle heute jeden dritten Mann auspeitschen lassen und, sobald sie wieder dienstfähig seien, den Rest. Deshalb haben wir ihn jetzt in seiner Kammer eingesperrt, und an der Fockrahe ist schon das Ende geschoren, das ihm um den Hals gelegt werden muß. Nach dem, was er dem Schiffsjungen James Jones angetan hat, hat er nichts anderes verdient. Er hat ihn nämlich umgebracht, aber in seinem Bericht hat er wohl geschrieben, er sei an Fieber gestorben. Wir bitten Ihre Lordschaften in der Admiralität um die Zusage, daß er für seine Missetaten zur Verantwortung gezogen wird. Wir möchten andere Offiziere und wünschen uns, daß das, was geschehen ist, vergeben und vergessen sein soll. Wir möchten für die Freiheiten Englands weiterkämpfen, denn wir sind anständige, ehrliche Seeleute, wie wir schon gesagt haben. Aber in Lee liegt Frankreich, und für uns geht es jetzt ums Ganze. Wir werden uns nicht als Meuterer hängen lassen. Wenn Sie den Versuch machen, unser Schiff wegzunehmen, dann baumelt Chadwick an der Rahe und wir laufen zu den Franzosen ein. Dieser Brief ist von uns allen unterschrieben.
    Mit hochachtungsvoller Ergebenheit.
    Um den ganzen Rand des Schreibens standen die Unterschriften, sieben Namen und dazu ein paar Dutzend Kreuze, jedes mit einer Bemerkung: »Zeichen des Henry Wilson, Zeichen des William Owen« usw. Ihr Zahlenverhältnis gab ein Bild der üblichen Zusammensetzung der englischen Schiffsbesatzungen aus Leuten mit Schulbildung und Analphabeten. Als

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