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Hornblower 09 - Lord Hornblower

Hornblower 09 - Lord Hornblower

Titel: Hornblower 09 - Lord Hornblower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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in ein Wellental hinabsank. Jetzt nachdem dieser Vergleich mit Nelson einmal angestellt war, legte man dienstlich und öffentlich gewiß auch an alle seine künftigen Handlungen den gleichen Maßstab an. Gab es dabei eine Enttäuschung, dann schlug die Stimmung plötzlich um, und man riß ihn in Stücke. Er hatte schwindelnde Höhen erklommen, und die natürliche Folge davon war, daß er nun vor einem Abgrund stand. Hornblower mußte daran denken, wie er damals als Kadett mit Königszulage auf der alten Indefatigable zum ersten Male in den Großtopp bis zum Flaggenkopf geentert war.
    Das Entern selbst war gar nicht so schwer gewesen, nicht einmal in den Püttingswanten, aber dann, als er oben war und hinuntersah, hatte ihn plötzlich vor dieser Tiefe ein solches Entsetzen gepackt, daß ihm ganz schwindlig und übel wurde.
    Genau das gleiche Gefühl hatte er auch jetzt wieder.
    Er warf den Morning Chronicle beiseite und langte nach dem Anti Gallican. Hier weidete sich der Schreiber vor allem an dem Schicksal der Meuterer. Er war hell begeistert über das Ende Nathaniel Sweets und legte besonderes Gewicht auf die Tatsache, daß Hornblower ihn mit eigener Hand getötet hatte. Es stünde zu hoffen, so fuhr er fort, daß auch Sweets Komplicen bei diesem fluchwürdigen Verbrechen der Meuterei bald den Lohn bekämen, den sie verdienten, und daß der glückliche Schlag, mit dem Hornblower die Flame wiedergewann, die zuständigen Stellen nicht etwa dazu bestimme, unangebrachte Milde oder sentimentale Rücksichten walten zu lassen.
    Hornblower dachte an die zwanzig Todesurteile, die seiner Unterschrift harrten, und fühlte, wie die Übelkeit von neuem in ihm aufstieg. Dieser Schmock da hatte ja keine Ahnung, was Sterben bedeutete. Hornblower hatte wieder Sweets weißes Haar vor Augen, wie es auf dem Wasser schwamm, als der Qualm des Musketenschusses sich verzog. Armer, alter Mann - Chadwick wollte ihn degradieren und dann auspeitschen lassen. Zum zwanzigsten Male gab sich Hornblower darüber Rechenschaft, daß er in der Lage des anderen angesichts der Gewißheit, ausgepeitscht zu werden, genauso gemeutert hätte wie jener. Der Schreiber da hatte ja keine Ahnung von dem Übelkeit erregenden Klatschen der neunschwänzigen Katze, wenn sie auf den nackten Rücken eines Mannes niedersauste, er hatte gewiß noch nie das Schmerzgebrüll gehört, das erwachsene Männer ausstoßen konnten, wenn sie gefoltert wurden. Eine spätere Nummer der Times besprach die Eroberung von Le Havre. Da standen natürlich genau die Worte, die er immer gefürchtet hatte, und zwar, wie man bei der Times erwarten konnte, auf lateinisch: Initium finis - der Anfang vom Ende. Die Times erwartete, daß es mit der Herrschaft Bonapartes, die nun schon so viele Jahre gedauert hatte, in den nächsten Tagen zu Ende gehen werde. Die Verbündeten hatten den Rhein überschritten, Le Havre war gefallen, Bordeaux hatte sich für die Bourbonen erklärt, alle diese Ereignisse gaben dem Schreiber die Gewißheit, daß das Letzte, die Entthronung Bonapartes, unmittelbar bevorstand. Dabei verfügte Bonaparte auch heute noch über ein völlig unversehrtes, schlagkräftiges Heer, mit dem er seinen Feinden mächtig zusetzte. Die letzten Meldungen sprachen sogar von klaren Siegen über die Preußen und Österreicher. Und Wellington unten im Süden vermochte gegen Soult nur winzige Fortschritte zu erzielen. Außer diesem Tintenkleckser, der wohlgeborgen in seiner staubigen Redaktion am Printing House Square den Schemel drückte, gab es wohl keinen Menschen, der den Mut gehabt hätte, ausgerechnet jetzt ein unmittelbar bevorstehendes Kriegsende zu prophezeien.
    Und doch hielten ihn die Blätter wie durch einen seltsam krankhaften Zauber in ihrem Bann. Wenn er die eine Zeitung weggelegt hatte, griff er sofort nach der nächsten, obwohl er genau wußte, daß ihn eine wie die andere nur anwidern oder erschrecken würde. Dennoch konnte er so wenig aufhören, wie ein Opiumsüchtiger seine geliebte Pfeife wegzulegen vermag.
    So las er weiter und weiter, einen der angestrichenen Artikel nach dem anderen, außerstande, Schluß zu machen, so wie etwa die alte Jungfer kein Ende finden mag, die sich allein in einem einsamen Haus in dunkler Winternacht in einen von Monk Lewis' Schreckensromanen vertiefte. Angst und Schrecken hindern sie daran, das Buch zuzuklappen, und doch weiß sie genau, daß jedes Wort, das sie weiterliest, die Angst vor dem Aufhören nur noch vermehrt. Er war gerade mit

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