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Hornblower 09 - Lord Hornblower

Hornblower 09 - Lord Hornblower

Titel: Hornblower 09 - Lord Hornblower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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eine stille Freude. Er hatte in letzter Zeit einfach deshalb, weil er zuviel zu tun hatte und zum Haarschneiden keine Zeit fand, seine Locken oder das, was noch davon übrig war, ziemlich lang wachsen lassen. Brown hatte nun diesen schneeweiß gepuderten Schopf so vorteilhaft gekämmt, daß von seiner beginnenden Glatze überhaupt nichts mehr zu sehen war. Das gepuderte Haar kontrastierte glänzend zu seinem wettergebräunten Gesicht mit den braunen Augen.
    Seine Wangen waren etwas hohl, die Augen ein bißchen melancholisch, aber sein Gesicht war deshalb längst nicht das eines alten Mannes. Gerade diese Tatsache aber wurde durch das weißgepuderte Haar besonders wirksam hervorgehoben. Es machte ihn geradezu jung und gab seiner ganzen Erscheinung eine auffallende Note. Wahrscheinlich hatten diese Wirkungen das meiste dazu beigetragen, daß die Mode überhaupt entstanden war. Das Blau-Gold seiner Uniform, das Weiß der Halsbinde und der gepuderten Haare, das rote Band des Bath-Ordens und dessen glitzernder Stern, das alles verlieh seiner Erscheinung einen ausgesprochenen vorteilhaften Rahmen.
    Höchstens für seine weißen Strümpfe hätte er sich etwas besser gepolsterte Waden gewünscht, das war aber auch der einzige Fehler, den er an sich entdecken konnte. Er sah noch einmal nach, ob Koppel und Säbel auch richtig saßen, nahm den Hut unter den Arm, die Handschuhe in die Hand und betrat das Schlafzimmer. Dabei fiel ihm im letzten Augenblick ein, anzuklopfen, ehe er die Klinke niederdrückte.
    Barbara stand schon bereit. In ihrem weißen Brokat bot sie einen stattlichen, fast statuenhaften Anblick. Dabei kam dieser Gedanke an eine Statue nicht etwa nur durch den Zufall einer Wortspielerei zustande, Hornblower dachte vielmehr an eine ganz bestimmte Diana, die er irgendwo gesehen hatte. War es eine Diana gewesen? Jedenfalls hatte sie ihr faltenreiches Gewand genauso über dem linken Arm getragen wie Barbara ihre Schleppe. Das gepuderte Haar gab ihr einen kühlen Ausdruck, diese Mode paßte einfach nicht zu ihrem Teint und Gesichtsschnitt. Auch diese Kühle gemahnte ihn wieder an Diana. »Der schönste Mann der Navy«, sagte sie.
    »Ich wollte, ich könnte mich meiner Dame würdig zeigen«, erwiderte er mit einer linkischen Verbeugung. Sie nahm seinen Arm und stellte sich mit ihm vor den Spiegel. In ihrem Federschmuck war sie größer als er. Mit einer besonders wirkungsvollen Gebärde ließ sie ihren Fächer aufschnappen.
    »Wie findest du uns?« fragte sie.
    »Wie ich schon sagte«, wiederholte Hornblower, »ich wollte, ich wäre deiner würdig.«
    Im Spiegel konnte man Brown und Hebe sehen, die sie aus dem Hintergrund bewunderten. Barbaras Spiegelbild lächelte ihm zu. »Wir müssen gehen«, sagte sie und drückte seinen Arm.
    »Wir können Monseigneur unmöglich warten lassen.«
    Sie mußten sich zu Fuß von einem Flügel des Rathauses zum anderen begeben, der Weg führte durch Korridore und Vorzimmer, in denen sich überall eine buntuniformierte Menge drängte. Ein merkwürdiges Geschick hatte es gefügt, daß dieses unscheinbare Gebäude jetzt zu gleicher Zeit als Sitz der Regierung, als Palast des Regenten, als Hauptquartier einer Invasionsarmee und endlich als Flaggschiff eines Geschwaders dienen mußte. Die Leute grüßten und zogen sich achtungsvoll nach beiden Seiten an die Wand zurück, als sie vorüberkamen, so daß Hornblower, während er die Verbeugungen nach rechts und links höflich erwiderte, eine gute Vorstellung davon bekam, wie einer Hoheit zumute war. Was man hier spürte, war Unterwürfigkeit und Liebedienerei, das war etwas ganz anderes als die männliche Achtung der Untergebenen, die er aus dem Borddienst gewöhnt war. Barbara rauschte an seiner Seite dahin, Hornblower sah sie zuweilen von der Seite an und fand, daß sie sich gewissenhaft bemühte, ihr Lächeln nicht einfrieren zu lassen. Da überkam ihn mittendrin ein ganz törichter Wunsch.
    Er wollte, er besäße ein harmloses, ganz unbeschwertes Gemüt und könnte auf eine natürliche, ungekünstelte Weise über die unerwartete Ankunft seiner Frau glücklich sein, könnte ihre Gegenwart ohne die Vorbehalte genießen, mit denen ihn seine ewige Selbstbeobachtung belastete. Er war sich völlig darüber im klaren, wie empfindlich er auf die winzigsten Einflüsse ansprach. Sein Wesen glich wahrhaftig einem jener schlechten Kompasse mit ungenügender Trägheit, die schon bei den kleinsten Kursabweichungen in wilde Schwingungen geraten und jedes

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