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Hornblower 09 - Lord Hornblower

Hornblower 09 - Lord Hornblower

Titel: Hornblower 09 - Lord Hornblower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Gegensteuern mit noch größeren Ausschlägen beantworten, bis das Schiff in den Händen eines schlechten Rudergängers schließlich so stark ins Gieren gerät, daß es wie ein Hund seinem eigenen Schwanz nachzulaufen scheint und alle Segel backschlagen. Auch ihm war in diesem Augenblick zumute, als wäre er so ein Hund, der seinen eigenen Schwanz verfolgte. Es nützte ihm nichts, zu wissen, daß er allein an dieser Verwirrung der Gefühle schuld war, daß seine Frau ihm nur deshalb nicht mit einfacher, aufrichtiger Liebe entgegenkam, weil ihr Wesen notgedrungen seine eigenen gegensätzlichen und verwickelten Empfindungen widerspiegelte. Ganz im Gegenteil, dieses Wissen machte den Wirrwarr nur noch scheußlicher. Er versuchte seine melancholische Stimmung abzuschütteln, sich an irgendeine einfache Tatsache des Lebens zu klammern, um dadurch sein inneres Gleichgewicht wiederherzustellen. Da fiel ihm sofort mit entsetzlicher Klarheit das eine Ereignis ein, das seit heute morgen im Mittelpunkt seines Bewußtseins stand. Er hatte es plötzlich genauso schreckhaft eindringlich vor Augen wie das Bild jenes Mannes, den er einst hatte hängen sehen, wie er, das Gesicht unter einem Tuch verborgen, am Strick verzuckte. Er hatte Barbara noch kein Wort davon gesagt. »Du weißt es ja noch nicht, Liebling«, sprach er, »Bush ist tot.« Er fühlte das Zucken, das die auf seinem Arm ruhende Hand durch fuhr, ihr Ausdruck aber zeigte nach wie vor das kühle Lächeln einer Statue. »Er fiel, vier Tage ist es her«, schwatzte Hornblower mit dem Wahnsinn dessen, den die Götter vernichten wollen, weiter. Es war wirklich Wahnsinn, einer Frau auf dem Weg zu einem fürstlichen Empfang, im Augenblick, da sie die Schwelle des festlichen Saales überschreiten wollte, eine solche Eröffnung zu machen. Hornblower war sich jedoch in seiner jetzigen Gemütsverfassung nicht mehr bewußt, wie verletzend diese Überrumpelung war. Und doch brachte er in diesem letzten Augenblick auf einmal genügend Scharfblick auf, um gewahr zu werden, was er bis dahin übersehen hatte: daß nämlich dieser Empfang für Barbara einen der großen Augenblicke ihres Lebens bedeutete, daß ihr schon vorhin, als sie Toilette machte, als sie ihm im Spiegel zulächelte, das Herz im Jubel der Vorfreude sang.
    In seiner Begriffsstutzigkeit war er gar nicht auf den Gedanken gekommen, daß sie Geschmack daran finden könnte, hier eine gesellschaftliche Rolle zu spielen, daß es ihr wirklich Freude machen könnte, am Arm von Sir Horatio Hornblower, dem Helden des Tages, durch einen in strahlendes Licht getauchten Empfangssaal zu rauschen. Er hatte einfach gedankenlos vorausgesetzt, daß sie solche Feierlichkeiten, nicht anders als er selbst, wie eine unangenehme Pflicht geduldig über sich ergehen ließ.
    »Seine Exzellenz der Herr Gouverneur und Lady Barbara Hornblower«, verkündigte der Haushofmeister an der weitgeöffneten Flügeltür. Aller Augen waren ihnen zugewandt, als sie eintraten. Der letzte Gedanke, den Hornblower zu fassen vermochte, ehe er sich Hals über.Kopf in den Schwachsinn der gesellschaftlichen Pflichten stürzte, war der, daß er seiner Frau auf irgendeine Weise den Abend verdorben hatte. Das machte ihn ärgerlich und unwillig, aber merkwürdigerweise gegen sie und nicht etwa gegen sich selbst.

15. Kapitel
    Die Miliz war da. Von der Seekrankheit noch ganz grün im Gesicht, ergossen sich die Soldaten aus den vollgepackten Truppentransportern auf dem Kai. Außer ihren scharlachroten Uniformen brachten sie auch schon ein paar militärische Anfangsgründe mit, sie konnten in Linie und in Gruppenkolonne antreten, sie marschierten schon ganz stramm hinter ihren Regimentskapellen. Daß sie dabei in der fremden, ausländischen Stadt neugierig um sich gafften, konnte man ihnen nachsehen.
    Schlimmer war, daß sie sich bei jeder Gelegenheit, je nach Veranlagung, bis zur Raserei oder bis zum völligen Stumpfsinn betranken, daß sie auf mehr oder weniger harmlose Art hinter den Weibern her waren, daß sie sich Diebstähle, mutwillige Sachbeschädigungen und alle möglichen anderen Delikte zuschulden kommen ließen, die bei einer Truppe mit mangelhafter Disziplin an der Tagesordnung sind. Die Offiziere - einer der Bataillonskommandeure war ein Earl, ein anderer ein Baron - hatten ihre Leute nicht fest in der Hand, weil sie selbst nicht genügend Diensterfahrung besaßen. Hornblower mußte die entrüsteten Vorstellungen des Bürgermeisters und der anderen

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