Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hornblower 09 - Lord Hornblower

Hornblower 09 - Lord Hornblower

Titel: Hornblower 09 - Lord Hornblower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
Vom Netzwerk:
Feinfühligkeit, sein überempfindlicher Stolz, die vielen Schrullen und Schwächen seines Wesens mochten sehr wohl die Folge des harten, sorgenvollen Lebens sein, das er hinter sich hatte. Im Augenblick machte sich zwischen ihm und seiner Frau eine deutliche Kühle bemerkbar (nicht einmal die Leidenschaft, der sie beide ungehemmt die Zügel schießen ließen, hatte diese Kühle zu vertreiben vermocht, die sie jetzt beide hinter der Maske der guten Kameradschaft zu verbergen suchten), auch sie war sicher eine Folge seiner charakteristischen Mängel - allerdings trug auch Barbara ein bißchen Schuld daran. Aber den Hauptanlaß dazu hatte doch er selbst gegeben. Hornblower wischte sich den Mund und erhob sich.
    »Jetzt muß ich aber wirklich gehen, mein Schatz«, sagte er.
    »Bitte, vergib mir.«
    »Natürlich mußt du gehen, wenn dich deine Pflicht ruft«, gab sie zur Antwort und reichte ihm ihre Lippen.
    Er küßte sie und eilte aus dem Zimmer. Selbst mit ihrem Kuß auf den Lippen mußte er sich sagen, daß es eben doch falsch war, wenn ein Mann, der im aktiven Kriegsdienst stand, seine Frau bei sich hatte. Es machte ihn allemal weich, gar nicht zu reden von den sachlichen Unzuträglichkeiten, die sich fortgesetzt daraus ergaben. So hatte es sich zum Beispiel erst zwei Tage zuvor als notwendig erwiesen, ihm nachts, während er mit Barbara im Bett lag, eine dringende Meldung auszuhändigen.
    Im Büro las er zunächst noch einmal die Meldung der vorgeschobenen Aufklärer durch. Daraus ergab sich ganz unzweideutig, daß es nicht möglich gewesen war, mit irgendwelchen kaiserlichen Truppen in Fühlung zu kommen, und daß nach den Aussagen, die aus der Stadt geflüchtete vornehme Bürger Rouens den britischen Patrouillen machten, auch in dieser Stadt kein einziger bonapartistischer Soldat zurückgeblieben war. Er brauchte nur anzugreifen, und Rouen war sein, außerdem fand offenbar der Wunsch, Bonaparte im Stich zu lassen und zu den Bourbonen überzugehen, immer größere Verbreitung. Die Zahl der Menschen, die Tag für Tag zu Lande oder zu Wasser nach Le Havre kamen, um dem Herzog ihre untertänigste Ergebenheit zum Ausdruck zu bringen, wurde immer größer. »Vive le Roi!« so riefen sie schon von weitem, wenn sie sich den Wachen näherten, »Lang lebe der König!« Das war die Parole, mit der sich nur der Anhänger Bourbons zu erkennen gab, keinem Bonapartisten, keinem Jakobiner, keinem Republikaner wäre es je eingefallen, seine Lippen mit diesen Worten zu beschmutzen. Daneben nahm der Zustrom an Deserteuren und ausgehobenen Rekruten, die sich dem Militärdienst entziehen wollten, geradezu riesige Ausmaße an. Die Truppenverbände Bonapartes schienen zu lecken wie ein Sieb, und es war für ihn natürlich doppelt schwierig, die entstehenden Lücken wieder aufzufüllen, wenn die neuen Rekruten in die Wälder gingen oder bei den Engländern Schutz suchten, um nicht dienen zu müssen. Der Gedanke lag nahe, aus diesen Menschen den Kern einer neuen bourbonischen Armee zu bilden, aber dieser Versuch erwies sich von vornherein als Fehlschlag. Die Überläufer weigerten sich nämlich nicht nur, für Bonaparte zu kämpfen, sie wollten vielmehr samt und sonders vom Krieg überhaupt nichts mehr wissen. Das royalistische Heer, zu dessen Aufstellung Angouleme hierher entsandt worden war, zählte immer noch keine tausend Mann, und davon waren mehr als die Hälfte Offiziere, alles alte Emigranten, die in den Heeren der Gegner Frankreichs gekämpft hatten und jetzt nach Le Havre entboten waren.
    Nichtsdestoweniger harrte Rouen eines neuen Herrn.
    Hornblowers Milizbrigade konnte die Stadt auf den schmutzigen Straßen marschierend erreichen, er und Angouleme konnten sich in Kutschen zwängen und hinter den Truppen herfahren. Der Einzug mußte ein festliches Schauspiel werden, soviel war sicher. Rouen, die Hauptstadt der Normandie, war kein Dingsda, und dahinter lag gleich Paris, das nervöse fiebernde Paris. Da kam ihm auch schon eine neue Idee. In Ostfrankreich hielten die alliierten Monarchen alle paar Tage hoch zu Roß Einzug in irgendeine eroberte Stadt. Da war er in der Lage, Angouleme für seinen Einzug in Rouen ein viel eindrucksvolleres Geleit zur Verfügung zu stellen, ein Geleit, das gleichzeitig den langen Arm der englischen Seemacht anschaulich machte und die Franzosen wieder einmal darüber belehrte, daß es nur Englands Seemacht zu verdanken war, wenn sich das Kriegsglück endlich gewendet hatte. Der Wind war westlich, wie

Weitere Kostenlose Bücher