Hornblower 09 - Lord Hornblower
kühler Gebärde ihre Straußenfedern zurecht und verkündete sogleich, Hebe werde in dem Ankleidezimmer schlafen, das sich an das Schlafzimmer anschloß. Als nächster kam Dobbs. Er hatte die Depeschen durchgelesen, die mit der Gazelle gekommen waren, darunter befanden sich ein paar, die Hornblower gleich sehen mußte.
Außerdem lagen auch noch andere Eingänge vor, die dem Gouverneur vorzulegen waren. Heute abend lief das Postschiff aus, er bäte um Unterschrift für den Nachtbefehl. Ferner sei...
»Gut, ich komme«, sagte Hornblower. »Du entschuldigst mich doch, Liebling.«
»Boney ist wieder geschlagen worden«, sagte Dobbs in freudiger Erregung, als sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte. »Die Preußen haben Soissons besetzt und zwei von Boneys Armeekorps vernichtet. Aber das ist noch nicht alles.«
Nun waren sie im Geschäftszimmer angelangt, und Dobbs beeilte sich, Hornblower eine der eingegangenen Depeschen vorzulegen. »London will uns nun endlich doch Truppen zur Verfügung stellen«, erklärte Dobbs. »Die Miliz hat sich freiwillig zum Einsatz außerhalb der Landesgrenzen bereit erklärt - jetzt, da der Krieg schon beinahe zu Ende ist. Wir können so viele Bataillone bekommen, wie wir anfordern. Ich würde vorschlagen, Sir, die Antwort noch dem Postschiff mitzugeben, das heute abend ausläuft.«
Hornblower versuchte sofort, alle Gedanken an Haarpuder und Hebes Liebebedürftigkeit abzuschütteln, um sich ganz auf das völlig neue Problem eines aufwärts gegen Paris gerichteten Vormarsches konzentrieren zu können. Was wußte man denn über den militärischen Wert dieser Miliztruppen? Ihre Führung mußte natürlich ein General bekommen, der bestimmt ein höheres Dienstalter hatte als er selbst. Wie lauteten doch gleich die Bestimmungen über das Vorgesetztenverhältnis zwischen einem durch königliches Patent eingesetzten Gouverneur und den Truppenkommandeuren? Das hätte er natürlich wissen müssen, aber es war eben nicht so einfach, den Wortlaut solcher Vorschriften immer gegenwärtig zu haben. Als er die Depesche zum erstenmal durchlas, war er so zerstreut, daß er kaum ein Wort davon begriff, er mußte sich zwingen, sie noch einmal von Anfang an aufmerksam und Wort für Wort durchzugehen. Einen Augenblick fühlte er sich versucht, das Papier einfach hinzuwerfen und Dobbs zu sagen, er möge nach seinem eigenen Ermessen antworten, aber er hatte sich gleich wieder in der Gewalt und begann, nüchtern und sachlich seine Antwort zu diktieren. Jetzt fesselte ihn die Aufgabe von Minute zu Minute mehr, und schließlich mußte er sein Tempo zügeln, damit Dobbs' Feder Schritt halten konnte.
Als er endlich fertig war und zum Schluß noch ein Dutzend Schriftstücke unterzeichnet hatte, eilte er in sein Schlafzimmer zurück. Barbara musterte sich im Spiegel, sie war ganz in weißem Brokat, trug kostbare Federn im Haar und hatte ihren schönen Schmuck von Halsketten und Ohrringen angelegt. Hebe stand neben ihr, bereit, ihr die lange Schleppe anzuheften. Beim Anblick von so viel Liebreiz und vornehmer Würde verhielt Hornblower unwillkürlich den Schritt. Aber neben der eleganten Erscheinung seiner Frau gab es auch noch einen anderen Grund, der ihm so plötzlich Einhalt gebot. Er sagte sich nämlich, daß er sich hier in diesem Zimmer unmöglich von Brown beim Umziehen helfen lassen konnte. Es ging einfach nicht an, daß er in Gegenwart Barbaras und Hebes und Browns seine langen Hosen auszog, um dafür Kniehosen und weiße Strümpfe anzulegen. Da klopfte Brown auch schon an die Tür, sein sechster Sinn hatte ihm wie üblich gesagt, daß Hornblower mit dem Dienst Schluß gemacht habe. Dieser entschuldigte sich also wegen der Störung, dann rafften sie beide rasch zusammen, was ihnen nötig schien, und gingen damit ins Ankleidezimmer... selbst da roch es aufdringlich nach weiblichem Parfüm.
Hornblower begann sofort, sich hastig umzuziehen: die Kniehosen und Strümpfe, das goldgestickte Säbelkoppel. Brown hatte, wie nicht anders zu erwarten war, bereits eine Frau ausfindig gemacht, die sich glänzend darauf verstand, Halsbinden zu stärken, steif genug, daß sie sich beim Binden nicht zerknüllten und doch wieder weich genug, daß sie in den Falten nicht brachen. Zum Schluß hängte Brown ihm einen Schlafrock um, und Hornblower saß mit gebeugtem Kopf auf einem Stuhl, während Brown mit Puderstreuer und Kamm zu Werke ging. Als er sich endlich aufrichten konnte und sein Bild im Spiegel sah, beschlich ihn
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