Hornblower 10 - Hornblower in Westindien
ersten zornigen Worte des Gouverneurs. »Wer hat Ihnen Vollmacht gegeben, die venezolanische Küste zu blockieren? Warum wurde ich nicht von diesem Schritt unterrichtet?«
»Ich habe nichts dergleichen unternommen«, entgegnete Hornblower aufgebracht.
»Aber - zum Donnerwetter, Mann, hier sind doch die Beweise! Die Holländer, die Spanier und wer weiß welche Staaten sonst noch legen dagegen Protest ein.«
»Ich gebe Ihnen die Versicherung, Sir, daß ich an der venezolanischen Küste nichts unternommen habe. Ich war die ganze Zeit über fünfhundert Meilen davon entfernt.«
»Was bedeutet dann dies hier?« schrie der Gouverneur.
»Schauen Sie sich das einmal an!«
Er hielt mit der Rechten einige Papiere in die Höhe und hieb mit der Linken wie wild darauf ein, so daß es Hornblower nicht ganz leicht fiel, sie ihm abzunehmen. Hornblower war über diese Szene an sich schon bestürzt, aber seine Bestürzung wuchs noch von Sekunde zu Sekunde, als er nun zu lesen begann. Eins der Papiere war eine in französisch abgefaßte dienstliche Depesche des holländischen Gouverneurs von Curacao, das andere war größer und deutlicher geschrieben, darum las er dieses zuerst. Ein großer Bogen Papier trug in schwungvoller Handschrift folgenden Text:
Sintemalen die mit der Verwaltung der Behörde des Lordgroßadmirals beauftragten Lordkommissare von dem hochehrenwerten Vicomte Castlereagh, einem der ersten Staatssekretäre Seiner Britischen Majestät davon in Kenntnis gesetzt wurden, daß es für erforderlich gehalten werde, über die Küste des Dominiums Venezuela Seiner Allerkatholischsten Majestät sowie über die zum Dominium Seiner Majestät des Königs der Niederlande gehörigen Inseln, Curacao, Aruba und Bonaire mit Namen, die Blockade zu verhängen, gebe ich, Horatio, Lord Hornblower, Ritter des Großkreuzes des allerhöchsten Bath-Ordens, Konteradmiral des Weißen Geschwaders und Oberbefehlshaber Seiner Britannischen Majestät Schiffe und Fahrzeuge in den Westindischen Gewässern, folgendes bekannt: Die Küste des Festlandes von Südamerika von Cartagena bis zum Dragons Mouth sowie die vorgenannten niederländischen Inseln Curacao, Aruba und Bonaire befinden sich vom heutigen Tage an im Zustand der Blockade. Jedes Fahrzeug irgendwelcher Art und Größe, gleichgültig ob mit Kriegsmaterial beladen oder nicht, das irgendeinen Hafen oder eine Reede innerhalb des genannten Gebiets anzulaufen versucht oder in der Absicht, einen solchen Hafen oder eine solche Reede anzulaufen, vor den blockierten Küsten verweilt, wird geentert und zur Aburteilung durch Seiner Britannischen Majestät Oberstes Prisengericht eingebracht, wird in der Folge als gute Prise erklärt und ohne Entschädigung für die Eigentümer, die Eigentümer der Ladung, die Charterer, den Kapitän und die Besatzung beschlagnahmt.
Gegeben und mit eigener Hand unterzeichnet am ersten Tag des Junimonats 1821
Hornblower, Konteradmiral Als Hornblower das Dokument durchgelesen hatte, überflog er rasch das zweite Schriftstück. Es war ein geharnischtes Protestschreiben des holländischen Gouverneurs von Curacao, in dem Erklärungen, Entschädigungen, die sofortige Aufhebung der Blockade und eine exemplarische Wiedergutmachung gefordert wurden. Hornblower starrte Hooper sprachlos vor Überraschung an.
»Dies hier«, sagte er endlich und wies mit dem Finger auf die Bekanntmachung, »ist durchaus richtig und in den gesetzlich vorgeschriebenen Wendungen abgefaßt, aber ich habe es nicht unterzeichnet. Das ist nicht meine Unterschrift.«
»Von wem rührt sie denn her?« polterte Hooper los. »Das ist ja... und ich dachte, Sie hätten vielleicht Geheimbefehle aus London erhalten.«
»Davon ist keine Rede, Sir.« Hornblower starrte Hooper wieder sekundenlang schweigend an, dann kam ihm plötzlich die Erleuchtung: »Ramsbottom!«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Er hat sich für mich oder zum mindesten für einen meiner Offiziere ausgegeben. Ist der holländische Offizier, der dieses Schreiben überbrachte, erreichbar?«
»Ja, er wartet im Nebenzimmer. Außer ihm ist noch ein Spanier da, den uns Morillo mit einem Fischerboot von La Guaira herübersandte.«
»Könnten Sie sie vielleicht hereinbitten, Sir?« Beide, der Holländer wie der Spanier, waren außer sich vor Entrüstung, mit der sie auch nicht hinter dem Berge hielten, als sie dem Admiral vorgestellt wurden, der nach ihrer festen Überzeugung für diese Störung ihres Seeverkehrs die Verantwortung trug. Der
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