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Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Titel: Hornblower 10 - Hornblower in Westindien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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entziehen, hatte er doch gefürchtet, daß er ergriffen und verurteilt werden könnte, während sie beide noch auf der Insel weilten, und daß sich Barbara in diesem Fall zu einem persönlichen Appell an Ransome oder gar an den Gouverneur versteigen könnte. Für den Augenblick schien Barbara den Fall überhaupt vergessen zu haben, was Hornblower von sich nicht behaupten konnte. Er war ganz im Gegenteil immer noch von seiner Tragik innerlich aufgewühlt und ärgerte sich fast krank darüber, daß er keinerlei Macht besaß, in dieser Angelegenheit irgend etwas zu unternehmen. Es fiel ihm schwer, diese seine Lage mit dem Gleichmut eines Philosophen hinzunehmen und sich einzugestehen, daß kein Mensch, nicht einmal ein Hornblower, die erbarmungslose Maschinerie anhalten konnte, die sich ›Dienstreglement der Kriegsmarine Seiner Majestät des Königs‹ nannte. Und dieser Hudnutt hatte ganz offenbar Eigenschaften, von denen er sich nichts träumen ließ, sonst wäre er nicht eine volle Woche nach seiner Flucht noch in Freiheit gewesen - wenn er nicht irgendwie ums Leben gekommen war, was sicherlich ein Glück für ihn gewesen wäre.
    Kapitän Knyvett brachte persönlich die Nachricht, daß die Pretty Jane in allernächster Zeit auslaufen könne. »Der Rest der Ladung wird eben noch übernommen, Mylord«, sagte der. »Das Blauholz ist schon im Raum, der Kokosbast liegt auf dem Kai bereit. Wenn Eure Lordschaft und Ihre Ladyschaft heute Abend an Bord kommen wollten, könnten wir morgen früh bei Tagesanbruch mit der Landbrise auslaufen.«
    »Besten Dank, Herr Kapitän, ich bin Ihnen sehr verbunden«, sagte Hornblower.
    Es kam ihm besonders darauf an, ja nicht ungezogen gegen diesen Mann zu sein, weil er sein abweisendes Benehmen bei der Gesellschaft des Gouverneurs wiedergutmachen wollte.
    Die Pretty Jane war eine Glattdecker-Brigg, die nur auf dem Mittelschiff, als Unterkunft für die Passagiere, ein zwar kleines, aber kräftig gebautes Deckshaus trug. Dort hatte Barbara während der Ausreise fünf Wochen lang gewohnt. Jetzt bezogen sie es gemeinsam, während rings um sie her das geschäftige Treiben herrschte, das jedes Seeklarmachen mit sich bringt.
    »Während meiner ganzen Reise schaute ich jeden Abend zu der zweiten Koje da hinüber, mein Schatz«, sagte Barbara zu Hornblower, als sie beide im Deckshaus standen, »und sagte mir dann immer, daß mein Mann bald darin schlafen würde. Es schien mir fast zu schön, als daß es sich verwirklichen könnte.«
    Ein Lärmen von der Tür zog ihre Aufmerksamkeit auf sich.
    »Wo soll diese Kiste hin?« fragte der Bedienstete aus dem Gouverneursgebäude, der unter Gerards Aufsicht ihr Gepäck an Bord brachte.
    »Die? Ach ja, ihretwegen habe ich schon mit dem Kapitän gesprochen, sie kommt in den Stauraum achtern.«
    »Jawohl, Madam.«
    »Delikatessen in Blechdosen«, erklärte Barbara ihrem Mann.
    »Ich brachte sie von England mit, um dir auf der Heimreise etwas Besonderes zu bieten, mein Schatz.«
    »Du bist viel zu gut zu mir«, sagte Hornblower. Eine so schwere und sperrige Kiste wäre in dem engen Deckshaus recht lästig gewesen. Im Stauraum konnte man ebenso leicht an den Inhalt heran.
    »Was ist eigentlich Kokosbast?« fragte Barbara, als eben einer der letzten Ballen vor ihren Augen im Laderaum verschwand.
    »Das sind die behaarten Schalen der Kokosnüsse«, erklärte ihr Hornblower.
    »Und wozu ist dieses Zeug nutze, daß man es nach England bringt?«
    »Es gibt jetzt Maschinen, die es verweben. Seitdem stellt man in England meilenweise Kokosmatten her.«
    »Und das Blauholz? Was wird aus dem?«
    »Daraus gewinnt man ein Färbemittel, eine hellrote Farbe.«
    »Du bist meine nie versagende Auskunftsquelle, Schatz«, sagte Barbara, »wie du denn überhaupt mein ein und alles bist.«
    »Ihre Exzellenzen kommen an Bord«, verkündete Gerard von der Tür des Deckshauses her. Das bedeutete, daß es nun, im letzten Dämmer des Abends, ans Abschiednehmen ging. Es waren schmerzliche, von schwermütigen Gefühlen erfüllte Augenblicke. Man schüttelte einander die Hände, Lady Hooper küßte Barbara auf beide Wangen, ein um das andere Mal sagte man einander Lebewohl und war von der Endgültigkeit dieses Abschieds wahrhaft ergriffen. Ein Lebewohl allen Freunden und Bekannten, ein Lebewohl der Insel Jamaika und dem Oberbefehl. Ein Lebewohl dem durchlebten Leben, während das kommende noch im Dunkel der Zukunft lag. Ein Lebewohl dem letzten menschlichen Schatten, der in der Dunkelheit

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