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Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Titel: Hornblower 10 - Hornblower in Westindien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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liegen sah.
    »Sind Sie krank, Mylord?« fragte er erschrocken. »Nein, mir fehlt nichts. Was ist los?«
    »Mr. Harcourt läßt Ihnen melden, Mylord, wir stünden vor dem Dragon's Mouth. Der Wind sei günstig aus Nordnordost, und wir könnten bei Hellwerden einlaufen. Das wäre in einer halben Stunde, Mylord. Um zwei Glasen auf der Vormittagswache würden wir vor Port of Spain ankern.«
    »Danke, Mr. Gerard.« Er sprach langsam und mechanisch, weil er sich jedes Wort abzwingen mußte. »Meine Empfehlung an Mr. Harcourt, ich sei mit seinen Dispositionen einverstanden.«
    »Aye, aye, Mylord. Da Sie Ihre Flagge in Port of Spain zum ersten Male zeigen, wird Salut geschossen werden.«
    »Schön.«
    »Der Gouverneur genießt seiner Dienststellung zufolge den Vorrang vor Eurer Lordschaft. Daraus ergibt sich für Eure Lordschaft die Verpflichtung, ihm als erster Ihren offiziellen Besuch abzustatten. Darf ich das diesbezügliche Flaggensignal setzen lassen?«
    »Danke, Mr. Gerard. Ich wäre Ihnen dafür besonders verbunden.«
    Es blieb ihm nichts erspart, das Grauen mußte weiter ertragen werden. Er mußte mit aller Sorgfalt Toilette machen, es ging nicht an, daß er unrasiert, schmutzig und ungepflegt an Deck erschien. Und beim Rasieren galt es obendrein, Giles' unermüdliches Geschwätz anzuhören. »Frischwasser, Mylord«, sagte Giles, als er mit der dampfenden Kanne hereinkam, »der Kommandant hat es erlaubt, weil wir heute noch Wasser übernehmen.« Rasieren mit Frischwasser! Sonst hätte ihm das einen köstlichen Genuß bedeutet, heute spürte er nichts davon.
    Wie schön könnte es sein, an Deck zu stehen und zu beobachten, wie die Crab durch den Dragon's Mouth einsegelte, die unbekannte Landschaft ringsum zu betrachten, in einen neuen Hafen einzulaufen - heute ließ ihn das alles kalt. Früher freute er sich wohl über frische Wäsche, eine neue gestärkte Halsbinde, ja sogar über das Ordensband, den Stern und den Säbel mit dem vergoldeten Griff. Ja, er hätte sich sogar bestimmt gefreut zu hören, wie die dreizehn Schuß Salut für ihn gefeuert und beantwortet wurden. Heute war von Freude keine Spur - nur Schmerz und Bitterkeit, nur das bedrückende Bewußtsein, daß es für ihn in Zukunft keinen Salut mehr gab, daß ihn nie mehr eine ganze Schiffsbesatzung militärisch grüßte, wenn er von Bord ging. Er mußte sich mit Gewalt zu einer steifen, aufrechten Haltung zwingen, damit er nicht wie ein Schwächling zusammensank. Ja, er mußte sogar krampfhaft mit den Augen zwinkern, damit ihm die Tränen nicht hemmungslos über die Wangen liefen wie einem sentimentalen Franzosen. Wäre der strahlend blaue Himmel schwarz gewesen, er hätte kaum davon Notiz genommen. Der Gouverneur war ein gewichtiger Generalmajor, der wie er das rote Band mit dem Stern trug. Er blieb steif und förmlich, bis der offizielle Empfang vorüber war; erst als sie allein und ungestört waren, taute er auf. »Ich freue mich aufrichtig über Ihren Besuch, Mylord«, sagte er. »Bitte, nehmen Sie doch Platz. Hoffentlich finden Sie den Stuhl auch bequem. Ich habe einen Sherry, den Sie vielleicht nicht ganz von der Hand weisen werden.« Er machte sich sogleich mit der Karaffe und den Gläsern zu schaffen, ohne erst eine Antwort abzuwarten. »Daß ich nicht vergesse, Mylord, haben Sie das Allerneueste schon gehört? Boney ist tot.«
    Hornblower hatte sich noch nicht gesetzt. Er hatte den Sherry zurückweisen wollen. Der Gouverneur legte bestimmt keinen Wert darauf, mit einem Mann ohne Ehre anzustoßen. Jetzt ließ er sich in den Sessel fallen und griff automatisch nach dem gebotenen Glas. Seine Antwort auf die Mitteilung des Gouverneurs bestand nur aus einem unartikulierten Gekrächze.
    »Ja«, fuhr der Gouverneur fort, »er starb vor drei Wochen auf St. Helena. Dort hat man ihn auch begraben, und so ist denn nun endgültig Schluß mit ihm. Was ist denn? Fehlt Ihnen etwas, Mylord?«
    »Oh, nein, danke, mir geht es ausgezeichnet«, erwiderte Hornblower. Das kühle, dämmerige Zimmer schien sich um ihn zu drehen. Als er sich wieder etwas gefaßt hatte, kam ihm die heilige Elisabeth von Ungarn in den Sinn. Eines Tages brachte diese, dem ausdrücklichen Befehl ihres Gemahls zuwider, den Armen zu essen - eine ganze Schürze voll Brot - und wurde dabei von ihm überrascht. »Was hast du in deiner Schürze?« fragte er sie. »Rosen«, log die heilige Elisabeth. »Zeige sie mir«, verlangte ihr Gemahl. Die Heilige öffnete ihre Schürze - sie war bis zum Rand

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