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Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Titel: Hornblower 10 - Hornblower in Westindien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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den Herren in London nach dem Eintreffen der Depesche bestenfalls geblieben, bis die Daring Frankreich erreichte? Höchstens vierzehn Tage, wahrscheinlich sogar noch weniger. Und die Beamten in der Admiralität hätten in seinem Schriftstück bestimmt zunächst nichts anderes erblickt als die Ausgeburt eines kranken Gehirns. Wie lange hätte es gedauert, bis der Brief wirklich den Ersten Lord erreichte, wie lange noch, bis er im Kabinett zur Vorlage kam? Dann kostete es wieder Zeit, die nötigen Maßnahmen zu beraten, Zeit, den französischen Botschafter zu unterrichten, und abermals kostbare Zeit, zur Einigung über ein gemeinsames englischfranzösisches Vorgehen zu gelangen.
    Wie aber sah dieses gemeinsame Vorgehen bestenfalls aus - wenn es nicht überhaupt unterblieb, weil das Kabinett seine Warnung als überspannte Scharfmacherei auffaßte und in den Wind schlug? Die Friedensmarine Englands konnte auf keinen Fall rechtzeitig und in genügender Stärke seeklar sein, um alle Küsten Frankreichs so wirkungsvoll zu überwachen, daß es der Daring nicht gelang, ihre tödliche Fracht zu landen. Und Frankreich? Dort genügte schon das unvermeidliche Einsickern des Gerüchts, daß Bonaparte in See sei und demnächst landen werde, um das Land in eine neue Revolution zu stürzen.
    Darüber gab es keinen Zweifel, und in Italien gärte es ebenfalls.
    Durch einen Bericht nach London hätte er sich also, wie er schon festgestellt hatte, allenfalls persönlich gegen spätere Vorwürfe von Seiten der Regierung gesichert. Durfte er sich damit zufrieden geben? Nein, niemals! Wahres Pflichtbewußtsein darf sich nicht darin erschöpfen, dem Tadel und der Kritik der dazu Berufenen ängstlich aus dem Wege zu gehen. Er hatte hier eine klar umrissene Pflicht zu erfüllen und hatte sie auf die einzig denkbare Art erfüllt. Cambronne war nur auf diese Art von seinem Vorhaben abzubringen. Es gab kein anderes Mittel, das zu erreichen. Er hatte seine Pflicht erkannt, dieses Mittel anzuwenden, obwohl er wußte, welcher Preis darauf stand. Jetzt mußte er diesen Preis bezahlen. Der Weltfrieden war erkauft - er kostete ihn seine Ehre. Er hatte aufgehört, ein Gentleman zu sein... damit schloß sich der Kreis, er stand wieder am Beginn seiner qualvollen Grübelei.
    Aber die Hölle ließ ihn nicht los. Er rang weiter mit dem Grauen wie ein Mann, der in finsterer Nacht bis an die Hüften im Sumpf steckt. Wie lange noch, dann wußte alle Welt, daß er ein ehrloser Wicht war. Cambronne sorgte schon dafür, daß es bekannt wurde, und die anderen Franzosen nicht minder. Dann erzählte man sich in aller Welt von einem britischen Admiral, der sein feierliches Ehrenwort gab, obwohl er wußte, daß jedes seiner Worte gelogen war. Aber ehe es soweit kam, war er längst aus dem Dienst ausgeschieden, hatte er längst sein Kommando und sein Offizierspatent zur Verfügung gestellt. Das mußte unverzüglich geschehen, seine beschmutzte Flagge durfte nicht länger wehen, er hatte nicht mehr das Recht, Männern von Ehre Befehle zu geben. Port of Spain war Sitz des Gouverneurs von Trinidad. Diesem wollte er morgen eröffnen, daß das Westindiengeschwader ohne Geschwaderchef war. Der Gouverneur konnte dann alle dienstlichen Schritte unternehmen, die nötig waren: Das Geschwader durch ein Rundschreiben unterrichten, vor allem aber die Regierung von dem Ausfall in Kenntnis setzen - nicht anders, als ob ihn das Gelbe Fieber oder ein Herzschlag dahingerafft hätte.
    Auf diese Art konnte am leichtesten ein Kommandowechsel bewerkstelligt und der führerlose Zustand in seinem Befehlsbereich tunlichst abgekürzt werden. Das war der letzte, der allerletzte Dienst, den er England noch zu bieten hatte. Der Gouverneur hielt ihn bestimmt für verrückt - vielleicht stak er morgen schon in einer Zwangsjacke, wenn er sich nicht entschloß, seine Schande offen zu bekennen. Tat er das aber, beichtete er dem Gouverneur, dann wurde sogleich dessen Mitleid rege, das erste von all dem Mitleid, aber auch der Anfang all der heimlichen Verachtung, die er nun bis an das Ende seiner Tage hinnehmen mußte. Barbara - Richard - seine verlorene Seele fand keinen Ausweg aus dem stinkenden Sumpf des Grauens und der finsteren Nacht der Verzweiflung. Am Ende dieser dunklen Schreckensnacht klopfte es an der Tür, und Gerard betrat die Kajüte. Die Meldung, die er überbringen wollte, erstarb ihm auf den Lippen, als er Hornblower hohläugig und trotz aller Sonnenbräune totenblaß in seiner Koje

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