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Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Titel: Hornblower 10 - Hornblower in Westindien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Vorschriften der Etikette mußten eingehalten werden. Neun Zehntel der Deckbesatzung der Clorinda konnten an der Ehrenbezeigung teilnehmen; solange das Schiff vor der leichten Landbrise langsam dahinkroch, genügte das restliche Zehntel der Mannschaft vollauf zu seiner Bedienung. Hornblower nahm militärische Haltung an und grüßte die spanische Flagge über dem Castell Morro mit an den Hut erhobener Hand. Fell neben ihm und die übrigen Offiziere, in Reih und Glied dahinter, folgten seinem Beispiel, während beide Seiten respektvoll die Flagge dippten und der Salut von hüben und drüben donnernd über den Hafen dröhnte. »Wegtreten!«
    Jetzt näherten sie sich der Biegung, hinter der die Estrella verschwunden war. Es lag durchaus im Bereich der Möglichkeit, daß plötzlich eines der grinsenden Kanonenmäuler dort oben einen Warnungsschuß nach ihnen spie - einen Schuß, der sie daran erinnern sollte, daß hundert andere Geschütze bereitstanden, sie zum Wrack zusammenzuschießen. Darauf mußten sie gefaßt sein, wenn der Schleppsack der Estrella jetzt schon - früher als beabsichtigt - allzu fühlbar zu schaffen machte.
    »Großmarsbrassen!« kommandierte Fell wiederum. Jetzt machte sich schon der ewige Atem des Atlantiks bemerkbar; Hornblower fühlte, wie sich der Bug der Clorinda schwerelos über die anrollende Dünung hob. »Hart Backbord!« Die Clorinda nahm gehorsam den Dreh auf. »Stütz - recht so!«
    Der neue Kurs lag kaum an, als die Estrella wieder in Sicht kam. Sie hatte jetzt etwa eine Meile Vorsprung. Zur Zeit lag sie fast auf entgegengesetztem Kurs und führte glücklicherweise immer noch sehr kleine Segel, während sie stetig dem Punkt zusteuerte, wo sie mit einer letzten Wendung aus dem Fahrwasser in die offene See gelangte. Das Großmarssegel der Clorinda killte für eine kurze Weile, als die Höhe des Morro die Landbrise abhielt, aber es stand gleich darauf wieder voll wie zuvor. Nun drehte die Estrella von neuem, sie war kaum noch in Reichweite der Geschütze auf dem Morro.
    »Steuerbord!« befahl Fell und gleich darauf: »Recht so!« Die Landbrise kam jetzt recht von achtern, aber sie flaute mehr und mehr ab, was teils der zunehmenden Entfernung von Land, teils der steigenden Sonnenglut zuzuschreiben war.
    »Großsegel klar zum Setzen!«
    Fell tat damit genau das Richtige, jetzt galt es in der Tat zu eilen, damit das Schiff nicht in dem Flautengürtel zwischen der Landbrise und dem Passat hängenblieb. Die riesige Fläche des Großsegels schob die Clorinda denn auch so kräftig voran, daß sich sogar das Plätschern der Bugwelle wieder vernehmen ließ.
    Die Estrella hatte das Fahrwasser schon hinter sich. Hornblower verfolgte mit atemloser Spannung, wie sie jetzt ihr Schoonersegel und dazu alle Stagsegel und Klüver setzte, so daß zuletzt sämtliche Schratsegel standen. Sie steuerte mit hart angeholten Schoten einen nördlichen Kurs, der rechtwinklig von der Küste wegführte. Offenbar hatte sie bereits den Passat erreicht und war nun klugerweise darauf bedacht, sogleich Nord zu gewinnen, da sie noch vor dem nächsten Morgen Haiti in Luv passieren mußte, um durch den alten Bahamakanal nach Havanna zu gelangen. Sie waren jetzt so weit vom Morro und der Estrella entfernt, daß es niemand mehr auffallen konnte, wenn sie das Sklavenschiff unausgesetzt durch ihre Gläser musterten. Auch Hornblower blickte lange und aufmerksam hinüber. Er konnte beim besten Willen nichts Ungewöhnliches entdecken. Ob Gomez etwa bemerkt hatte, daß unter seinem Heck ein Schleppsack hing, und ihn in aller Stille beseitigen ließ? Vielleicht brach er gerade jetzt im Kreis seiner Offiziere in schallendes Gelächter aus, wenn sein Blick achteraus auf die britische Fregatte fiel, die so hoffnungsvoll hinter ihm hergesegelt kam. »Steuerbord!« kommandierte Fell, und die Clorinda nahm die letzte Biegung des Fahrwassers.
    »Leitmarken sind in Linie, Sir«, meldete der Steuermann, der sein Glas unverwandt nach der Küste gerichtet hielt. »Danke.
    Recht so, wie's jetzt geht.«
    Nun kamen ihnen schon die richtigen Roller aus dem Atlantik entgegen, sie hoben den Bug der Clorinda von Steuerbord her an und glitten unter ihr hindurch, so daß sie mit dem Bug alsbald wieder zu Tal sank und dafür das Backbord-Achterschiff hob.
    Die Estrella lag recht voraus, noch immer mit dichten Schoten am Wind und steuerte unter ihren Schratsegeln nach wie vor nördlichen Kurs. »Sie läuft gut ihre sechs Meilen«, schätzte Gerard, der mit

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