Hornblower 10 - Hornblower in Westindien
Plans nur kurze Zeit in Ansprach nehmen wird. Wenn Eure Exzellenz jetzt gestatten...«
Hornblower erhob sich von seinem Platz. »Sie wollen schon gehen?«
»Jede Stunde ist kostbar, Exzellenz.« Hoopers Blick verriet wachsende Neugier. »Die Navy gibt wieder einmal ihre üblichen Rätsel auf«, sagte er. »Nun, wie Sie wollen. Bestellen Sie den Wagen Seiner Lordschaft, Butler. Sie haben meine Erlaubnis, Ihren Versuch durchzuführen. Melden Sie mir das Ergebnis durch Boten.«
Eine Minute später saßen alle drei, Hornblower, Spendlove und Gerard, zusammen im Wagen und genossen die Strahlen der warmen Morgensonne.
»Zur Werft«, befahl Hornblower kurz. Dann wandte er sich an Spendlove: »Von der Werft aus fahren Sie an Bord der Clorinda und übermitteln Kapitän Fell meinen Befehl, sofort seeklar zu machen. In einer Stunde werde ich meine Flagge setzen. Und dann befehle ich Ihnen persönlich, sich sofort zur Ruhe zu begeben.«
»Aye, aye, Mylord.«
Der Oberwerftdirektor gab sich alle Mühe, seine Überraschung über den unangemeldeten Besuch seines Admirals zu verbergen, der doch den neuesten Meldungen nach entführt worden war.
Als er sein freudiges Staunen zum Ausdruck bringen wollte, schnitt ihm Hornblower kurz das Wort ab. »Ich brauche einen Bootsmörser, Holmes«, sagte er. »Einen Bootsmörser, Mylord? - Ja - jawohl, Mylord. Wir haben einen auf Lager.«
»Er soll sofort an Bord der Clorinda gebracht werden. Haben Sie auch Granaten dafür?«
»Gewiß, Mylord. Aber sie sind natürlich ungeladen.«
»Der Feuerwerker der Clorinda kann sie laden, während wir unterwegs sind. Ich glaube, sie wiegen zwanzig Pfund das Stück. Schicken Sie zweihundert Stück - mit Zündern dazu.«
»Aye, aye, Mylord.«
»Außerdem brauche ich einen Prahm - nein, zwei Prähme. Ich habe die gesehen, die Ihre Leute zum Kalfatern benutzen. Sie sind wohl etwa sechs Meter lang, nicht wahr?«
»Sieben Meter, Mylord«, antwortete Holmes. Er war heilfroh, daß er diese Frage beantworten konnte und daß der Admiral vorhin nicht darauf bestanden hatte, über eine so dunkle Angelegenheit wie das Gewicht von Bootsmörsergranaten nähere Auskunft zu verlangen. »Ich möchte, wie gesagt, zwei von diesen Prähmen. Schicken Sie sie gleich an Bord, sie sollen an Deck genommen werden.«
»Aye, aye, Mylord.«
Kapitän Sir Thomas Fell hatte sich in seine beste Uniform geworfen, um seinen Admiral zu begrüßen. »Ich habe Ihren Befehl empfangen, Mylord«, sagte er, als das Gezwitscher der Bootsmannsmaatenpfeifen in einem letzten Wimmern erstarb.
»Gut, Sir Thomas. Ich möchte sofort in See gehen, wenn die Sachen an Bord sind, die ich in der Werft bestellt habe. Sie können Ihr Schiff aus dem Hafen warpen. Wir segeln nach der Montego-Bucht, um gegen ein Seeräubernest vorzugehen.«
»Aye, aye, Mylord.«
Fell gab sich alle Mühe, sein Mißfallen über die beiden schmutzigen Prähme zu verbergen, die er auf sein makelloses Deck setzen sollte - es waren eigentlich nur schwimmende Plattformen, wie sie von der Werft für Außenbordsarbeiten benutzt wurden - und die zwei Tonnen schmieriger Mörsergranaten, für die er irgendwie Platz schaffen mußte, gefielen ihm um kein Haar besser. Er war auch nicht gerade erbaut, als ihm befohlen wurde, mehr als die Hälfte seiner Besatzung - im ganzen zweihundertvierzig Mann - und dazu die Seesoldatenabteilung als Landungskorps abzustellen. Die Männer selbst waren natürlich begeistert, daß einmal Abwechslung in ihr eintöniges Dasein kam und daß vielleicht sogar ein Gefecht in Aussicht stand. War es nicht schon aufregend genug, zu sehen, wie der Feuerwerker Pulver auswog und je zwei Pfund davon in die Granaten füllte? Und wie der Waffenmeister mit dem Admiral durchs Schiff ging, um die Enterpiken zu überprüfen - von dem Bootsmörser ganz zu schweigen, der an der Achterkante der Back dick und unheimlich drohend in seiner Lafette hing? Ihre freudige Erwartung wuchs noch, als sie dann unter jedem Fetzen Leinwand nach Westen jagten, Portland-Point passierten und bei Sonnenuntergang Negril Point rundeten. Dort erlaubten ihnen ein paar günstige Puffs der Seebrise, dem Passat ein Schnippchen zu schlagen, so daß sie wie von Geisterhand getrieben durch die tropische Finsternis glitten, während die Lotgasten von den Rüsten her unermüdlich die Wassertiefen aussangen. Als dann der neue Morgen anbrach und die aufgehende Sonne die grünen Berge Jamaikas mit ihrer Glut übergoß, fiel zwischen den Untiefen der
Weitere Kostenlose Bücher