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Hornblower 11 - Zapfenstreich

Hornblower 11 - Zapfenstreich

Titel: Hornblower 11 - Zapfenstreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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sie allem Anschein nach mit Ansätzen zu einem Gedicht beschrieben waren; jedenfalls wimmelte es von Strichen und Änderungen.
    »Hier haben Sie den Brief«, sagte McCool und übergab ihm einen anderen Bogen.
    »Meine liebe Frau‹, begann das Schreiben. ›Es fällt mir sehr schwer, Dir, meiner Teuersten, Lebewohl zu sagen - ‹
    Hornblower mußte sich mit aller Gewalt zwingen, den Brief zu Ende zu lesen. Ihm war, als müsse er durch einen Nebel schauen, um die Worte auszumachen. Aber es waren nur die Worte eines Mannes an seine geliebte Frau, die er nie wieder zu Gesicht bekommen sollte. Das zum mindesten war klar. Er zwang sich mit Gewalt, die Sätze eines liebenden Gatten zu lesen. Am Schluß hieß es noch:
    ›Ich füge Dir ein schlechtes Gedicht bei, das Dir in kommenden Jahren helfen soll, Dich meiner zu erinnern, meine Liebste. Und nun lebe wohl, bis wir uns im Himmel wiedersehen. Dein Mann, der Dir die Treue hält bis in den Tod, Barry Ignatius McCool.‹
    Dann folgte das Gedicht.
    Mächte des Himmels, steht mir bei im Tod!
Die Biene hebt sich hoch im morgendlichen Rot.
Ich dreh den Kopf ihr nach und folg ihr mit dem Blick.
O Stadt, du ohne Herz, du raubst mein letztes Glück.
Das Böse lauert dort, faß Mut und zwing es nieder
Das C ist wie die See, die steigt und senkt sich wieder.
    Ein Rund und noch ein Rund, dreht suchend sie im Kreise
Bis endlich Licht ihr zieht aus der gereimten Weise.
Die Flamme lodert auf, die Hölle hebt ihr Haupt,
bleibt betend nahe mir, dem man das Leben raubt.
    Hornblower las die schwülstigen Verse und suchte vergebens zu erraten, was die geheimnisvollen Bilder zu bedeuten hatten.
    Dabei sagte er sich, daß er selbst wohl kaum imstande gewesen wäre, auch nur eine einzige sinnvolle Zeile zu schreiben, wenn er gewußt hätte, daß er in wenigen Stunden sterben mußte.
    »Die Adresse steht auf der Rückseite«, sagte McCool. Und Hornblower drehte den Bogen um.
    Der Brief war an die Witwe McCool irgendwo in Dublin adressiert. »Wollen Sie mir mein Versprechen jetzt glauben?« fragte McCool. »Ja«, sagte Hornblower.
    Dieser schauderhafte Handel wurde abgewickelt, als schon der junge Tag graute.
    »Antreten zur Urteilsvollstreckung!«
    Die Bootsmannsmaatenpfeifen zwitscherten, die Männer traten auf dem Großdeck an, mit der Front nach vorn. Die Seesoldaten waren ebenfalls in Linie angetreten. Hornblower sah eine Unzahl blasser Gesichter vor sich, als er McCool an Deck brachte. Beim Erscheinen des Verurteilten erhob sich allgemeines Gemurmel. Die Renown war umringt von vielen Booten voller Männer, die von allen Schiffen der Flotte entsandt worden waren, um Zeugen der Hinrichtung zu sein. Aber diese Leute waren ebenso bereit, die Renown zu stürmen, falls deren Besatzung aufsässig wurde. Da war der weiße Ring auf der Laufbrücke, und schon stand McCool in seiner Mitte. Ein Schuß zeigte an was geschah, man hörte Fußgetrappel, als die zehn Mann mit dem Jolltau längs Deck rannten. McCool hatte sein Versprechen gehalten, er war gestorben, ohne ein Wort zu sagen.
    Seine Leiche hing an der Rah und pendelte hin und her, wenn das Schiff in der Dünung rollte, die um Berry Head in die Bucht hereindrang. Der Tote war dazu verurteilt, bis Dunkelwerden dort hängen zu bleiben. Hornblower, noch immer bleich und von Übelkeit gezeichnet, bemühte sich unterdessen bereits um einen Küstensegler, der von Brixham nach Dublin segeln wollte, um nun auch seinen Teil des Versprechens einzulösen. Aber das sollte ihm nicht gelingen, auch der Leichnam McCools blieb nicht so lange hangen, wie es die Bestimmung verlangte. Der Wind schoß plötzlich nach Norden aus, und alle Anzeichen sprachen dafür, daß er bald abflaute. Ein Weststurm hielt die französische Flotte im Hafen von Brest gefangen. Bei stürmischen nördlichen Winden konnte sie leicht entweichen, darum mußte die Kanalflotte schnellstens wieder ihren Posten beziehen. Auf dem Flaggschiff ging ein Signal nach dem ändern hoch.
    »Mann Spill!« brüllten auf vierundzwanzig Schiffen die Bootsmannsmaate. »Alle Mann auf! Klar zum Segelsetzen!«
    Mit doppelt gerefften Marssegeln ordneten sich die Schiffe der Kanalflotte zur Kiellinie und begannen ihren langen Törn kanalauswärts. Auf der Renown hieß es: »Mr. Hornblower, sehen Sie zu, daß der Tote schnellstens verschwindet.« Während die Mannschaften noch mühsam kurzstag hievten, wurde der Tote von der Rah heruntergefiert und in ein beschwertes Stück Segeltuch eingenäht. Erst als Berry

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