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Hornblower 11 - Zapfenstreich

Hornblower 11 - Zapfenstreich

Titel: Hornblower 11 - Zapfenstreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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nach Büchern für eine Bibliothek Ausschau hielt, die ich mir auf dem kleinen Schiff anlegen wollte, das für mehrere Monate meine Behausung werden sollte. Es waren ziemlich umfangreiche Bände mit kleiner Schrift, vollgestopft mit Fakten aus einem weitgesteckten Gebiet - geradezu ideal für meinen Zweck. Daß sie seemännisch von Interesse waren, machte sie mir besonders anziehend, obgleich das nicht den Ausschlag gab. Ich könnte ja auch Bücher über Jura oder über das Bankwesen gekauft haben - hätte ich mich dann wohl veranlaßt gefühlt, einen Romanzyklus über das Bankwesen zu schreiben? Ich glaube kaum, obwohl auch das möglich sein dürfte.
    In den Monaten, die ich dann auf meinem Boot lebte, las ich wieder und wieder in dieser Marine-Chronik, und etwas von der Atmosphäre mag dabei in mich eingegangen sein; jedenfalls wurde ich recht vertraut mit der Geisteshaltung der Seeoffiziere jener Zeit in bezug auf die verschiedensten Aspekte ihres Berufes.
    Einer der Bände enthielt den genauen Text des Genfer Vertrages, der im Dezember 1814 abgeschlossen wurde und den Frieden zwischen den Vereinigten Staaten und England besiegelte. In jedem ordentlichen Geschichtsbuch können die Hauptbedingungen nachgelesen werden, mich aber reizten ganz besonders die Details - wie diese Dinge damals tatsächlich ausgedrückt wurden, der genaue Wortlaut, die Stimmungen, die hinter den Worten mitschwangen.
    Da war zum Beispiel Artikel II mit der Angabe, wann der Krieg rechtlich enden solle; im Nordatlantik zwölf Tage nach der Ratifizierung, aber die Zeitspanne wurde ausgedehnt bis zu vierzig Tagen für die Ostsee und so weiter bis zu hundertundzwanzig Tagen für entfernte Teile des Stillen Ozeans.
    Das gab ein interessantes Bild von der Schwierigkeit der Nachrichtenübermittlung und rief seltsame Gedankengänge in mir wach. Wenn du hundertundneunzehn Tage nach der Ratifizierung vor Java ein Schiff aufbrächtest, so wäre das Schiff dein; fiele es dir aber hundertundeinundzwanzig Tage nach der Ratifizierung in die Hände, so müßtest du es zurückgeben. Wenn die Kaperung aber genau nach hundertundzwanzig Tagen erfolgte - was dann? Und wenn sie auf der falschen Seite der International Dateline geschah? Alle möglichen Fehlschläge, Neid und Groll könnten dabei aufkommen... hinunter in den Schlamm mit dem wasserträchtigen Holz.
    Es war auf alle Fälle eher Sache des Unterbewußtseins, sich mit der Lage eines Mannes zu befassen, dem es oblag, ganz auf sich allein gestellt wichtige Entscheidungen zu treffen. Der auf sich gestellte Mensch - ja. Technische Hilfe mag ihm zur Verfügung stehen, vielleicht hat er sogar Freunde; steht er aber einer Krise gegenüber, kann er nur nach seiner eigenen Beurteilung der Lage handeln, und geht etwas schief, hat er allein die Verantwortung zu tragen. Der Mörder, der, nachdem er das Verbrechen begangen hat, sich niemandem anzuvertrauen wagt und sein weiteres Handeln ohne jede Hilfe planen muß, ist ein Beispiel für den auf sich gestellten Menschen. Im reifen Alter von dreiundzwanzig Jahren hatte ich mich erschöpfend (so meinte ich wenigstens) mit dem Mörder und seinen Problemen befaßt, aber es gab immer noch eine Menge zu sagen über den auf sich gestellten Menschen. Zwar gab es den unheimlich vollkommenen Hamlet; aber auch nachdem die Bogenlampen erfunden waren, gab es und gibt es in der Welt noch immer Gelegenheiten, bei denen man Kerzen verwenden kann. Dieser auf sich gestellte Mensch beschäftigte meine Phantasie. Der Kapitän eines Schiffes, und besonders eines Kriegsschiffes, war in den Tagen vor Erfindung der Funkentelegrafie sehr allein.
    Von einem solchen Kapitän hatte ich gelesen - am versenkten Holz wuchsen eifrig die Muscheln. Es gab noch etwas anderes neben dem Naval Chronicle und der weiteren Lektüre, die sich daraus ergab, was zu jener Zeit mein lebhaftes Interesse fand, und das war Englands Krieg in Spanien gegen Frankreich (1808 bis 1814). Die Geschichte dieses Krieges war eben, von Sir Charles Oman meisterhaft geschildert, in mehreren starken Bänden herausgekommen. Dieses Werk gehört ohne Zweifel zu den besten militärischen Geschichtsbüchern, die je geschrieben wurden. Ehrfurchtsvoll bewunderte ich Sir Omans gewissenhafte Sorgfalt. Seine unzähligen Details begeisterten mich so, daß ich zwei militärische Romane schrieb, die sich mit diesem Zeitabschnitt befaßten. Aber obwohl diese Arbeiten nun hinter mir lagen und andere Pläne meine Aufmerksamkeit beanspruchten,

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