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Hornblower 11 - Zapfenstreich

Hornblower 11 - Zapfenstreich

Titel: Hornblower 11 - Zapfenstreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Shuffleboard stellte keine übertriebenen Ansprüche an das Gehirn, es war eine gesunde Körperübung und hielt den Kopf gerade genug beschäftigt, daß er nicht anfangen konnte, selbständig zu arbeiten. So hatte das Unbewußte freies Spiel.
    Von Zeit zu Zeit wurde deutlich, was da vor sich gegangen war, denn die versenkten Hölzer wiesen frische Muscheln auf. Da war dieser Zusammenbruch des spanischamerikanischen Reiches. Mindestens zweimal hatte England, während Bonaparte Verbündeter Spaniens war, mit den Unzufriedenen in Südamerika gemeinsame Sache gemacht in der Hoffnung, die spanischen Kolonien der spanischen Krone zu entreißen. Das Ergebnis war verheerend. Welch seltsame Vorstellung: britische Kräfte kämpften in Montevideo und Buenos Aires! Aber es hatte ja sogar Zeiten gegeben, da die britische Flagge in Manila und Java wehte. Und an der einsamen pazifischen Küste konnte schon allerlei Ungewöhnliches passieren. Irgend jemand konnte sich einfach für unabhängig erklären und in diesem ›kultivierten‹ Lande dann leicht zum hemmungslosen Tyrannen werden, wie die spätere Geschichte der mittelamerikanischen Republiken zur Genüge bewiesen hat. Ein Tyrann in diesem Lande...? El Supremo begann in meinem Kopf Gestalt anzunehmen, und damit ergab sich auch eine Möglichkeit, die britische Unterstützung ins Spiel zu bringen.
    Hätte nicht Nelson selbst als junger Kapitän bei einer ähnlich hirnverbrannten Expedition an der Mosquito-Küste fast sein Leben eingebüßt? Nelson war ja auch in jenen Nelson-Hamilton-Skandal verwickelt, der dem Anglesey-Wellesley-Skandal vorausgegangen war. Hatte Wellington je eine Schwester gehabt und nicht nur eine Schwägerin? In der weiblichen Linie müßte der ungeheuer interessante Charakter von Wellington noch fesselnder in Erscheinung treten. Über den Einfluß der Politik auf die Karrieren in der Navy wußte ich bereits genug, um mir vorstellen zu können, was für eine Rolle in einem Roman über die damalige Zeit der Wellesley-Clan spielen müßte. Falls eine Wellesley-Schwester nicht existierte, gab es gar keinen Zweifel (wie schon in anderem Zusammenhang erwähnt): es mußte unbedingt eine erfunden werden!
    Die Margaret Johnson gelangte durch die Mona-Passage aus dem Karibischen Meer in den Atlantik, und damit - wahrscheinlich sogar dadurch - fand ich zum entscheidenden Schritt im Aufbau meiner Geschichte. Vor Jahren hatte ich einen ersten Fingerzeig erhalten, der unvergessen blieb und meine Aufmerksamkeit wieder und wieder auf ein Problem lenkte, das Beachtung verlangte und danach drängte, gestaltet zu werden: das war die Schwierigkeit, in alten Zeiten die Nachricht zu verbreiten, daß ein Krieg beendet sei und Frieden herrsche. Und traf das nicht besonders auf die Lage in Mittelamerika zu? Denn der Umschwung in der Haltung Spaniens im Jahre 1808 war nicht nur schnell, sondern geradezu drastisch. Bonapartes Versuch, seinen Bruder auf den Thron von Spanien zu setzen, machte über Nacht jeden Spanier von einem Feinde Englands zu Englands leidenschaftlichem Verbündeten; die Geschichte hatte wenige so plötzliche politische Veränderungen aufzuweisen - gewöhnlich ging dem Krieg doch eine Zeit der Spannung voraus und dem Frieden eine Periode der Verhandlungen. In Mittelamerika mußten die Auswirkungen einer so radikalen Umkehr der Verhältnisse besonders dramatisch sein, wenn eine britische Expeditionsflotte eine separatistische Bewegung erst ermutigt hätte und sich nun gezwungen sähe, bei ihrer Unterdrückung zu helfen. Mein düsterer Tyrann an den Küsten des Golfes von Fonseca mochte so Gelegenheit haben, sich erst als Verbündeter und dann als Feind zu zeigen. Die Anwesenheit von Barbara Wellesley (ich glaube, sie war nun schon getauft) ließe sich schon erklären, ohne zu sehr an den Haaren herbeigezogen zu sein. So, nun hatte mein Roman einen Anfang und ein Ende, und - um wieder das alte Bild anzuwenden - mit der einwandfreien Festlegung des Mittelstücks fand sich das Puzzle-Spiel wie von selbst zusammen und zeigte nun ohne weitere Muhe das Bild im Ganzen. Wirklich, es war ein Augenblick riesiger Genugtuung, als die Margaret Johnson im Passatwind nordöstlich über den Atlantik steuerte und das langsame Rollen, das dem Shuffleboard so viel Reiz verliehen hatte, von kürzerem Stampfen abgelöst wurde, das dem Spiel einen ganz anderen Charakter gab. Mein Charakter änderte sich auch. Ich wurde nun zu Tom O'Bedlam, dem seine Traumgestalten wirklicher waren als

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