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Hornblower 11 - Zapfenstreich

Hornblower 11 - Zapfenstreich

Titel: Hornblower 11 - Zapfenstreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Linie zu bringen, wird man leicht faul, findet man leicht, daß die gegenwärtige Formulierung es doch wohl auch tut - obwohl das Gewissen es anders sagt. Eine Anwandlung von Selbstkritik wird ohnehin allzu leicht zerstreut, denn es ist nun einmal widerwärtig, ihr nachzugeben, die Tatsache zuzugeben, daß ich etwas unkorrekt beschrieben, etwas falsch beurteilt habe, oder daß ich einfach schlampig gewesen bin. Es kommt mich hart an, meine Unzulänglichkeiten zu erkennen; auch noch danach zu suchen, ist viel verlangt, aber es ist nötig - wie eine häßliche Frau sich zwingen muß, ihr Bild unvoreingenommen zu prüfen, um zu sehen, was sie dazu tun kann, es zu verschönern.
    So vergeht die Zeit. Jeder Tag bringt seine Quote an Worten, die Seiten füllen sich, und mit jedem Tage wächst das Verlangen, die Sache zu Ende zu bringen. Ich habe gelernt, dem nicht nachzugeben. Unangenehme Erfahrungen haben mich gelehrt, daß nichts dabei herauskommt, den ganzen Tag lang zu arbeiten und zu versuchen, eine übermäßige Leistung auf einen Sitz zu vollbringen. (Vergessen Sie nicht, daß ich nur von mir rede; andere Leute wenden mit Erfolg andere Methoden an.) Habe ich es doch einmal versucht, dann fühle ich mich am nächsten Tage elend, bin knochenlahm und kann überhaupt nicht arbeiten. In diesem Zustand kann dann noch nicht einmal die objektivste, unpersönlichste Analyse meiner Motive mich zu der Überzeugung bringen, daß bloße Faulheit und der Horror vor der Anstrengung mich lahmen. Es ist mir wirklich unmöglich, zu arbeiten, und der gestrige Gewinn wiegt den heutigen Verlust nicht auf. Darum muß ich also nach einer bestimmten Ordnung und methodisch vorgehen, obgleich es wohl nicht viele Menschen auf der Welt gibt, denen Ordnung und Methode so wenig liegen wie mir. Ich muß einen Tag nach dem anderen schuften, vom Anfang bis zum Ende, wenn ich auch instinktiv so tun möchte, als sei der Anfang ein brennender Wald und das Ende eine sichere Zuflucht im gelobten Land.
    Drei Monate - vier Monate - soviel Zeit etwa braucht es, und dann ist die Geschichte endlich fertig. Aber es macht mir keine besondere Freude, das letzte Wort zu schreiben; mein Kopf ist zu dumpf, um irgend etwas dergleichen zu empfinden. Noch nicht einmal Erleichterung - denn als nächstes muß nun das vollständig getippte Schriftstück durchgelesen werden. Eine Kummer gewohnte Sekretärin ist dicht hinter mir geblieben, etwa zwei oder drei Tage im Rückstand, und nach einem oder zwei weiteren Tagen sind die letzten Seiten getippt. Natürlich habe ich während der Arbeit hin und wieder einen Blick hineingeworfen, aber nun muß ich das ganze Zeug noch einmal lesen - vielleicht aus Neugier? Ich kann mir nicht vorstellen, was sonst mich dazu veranlassen sollte.
    Und da haben wir's! Die häßliche Frau kann nach beendetem Makeup nun das Ergebnis prüfen - natürlich gibt es eine Enttäuschung. Kann ein fertiges Buch je so gut sein wie das, davon der Schriftsteller träumte, ehe er es zu schreiben begann?
    Ich kann nicht glauben, daß das je möglich ist; und zwar aus naheliegenden Gründen; ich jedenfalls habe das nie erlebt. Es ist noch ein Glück, daß Dumpfheit und Müdigkeit der Enttäuschung etwas von ihrer Schärfe nehmen. Ich bin zu erschöpft, um sie tief zu fühlen. Langsam wandelt sich dann meine Geistesverfassung wieder ein wenig, so daß ich mich überwinden kann, das Manuskript an einen Verleger abzuschicken.
    Wenn ich versuche, so objektiv zu sein, wie ich nur kann, bin ich zögernd bereit zuzugeben, daß das Buch so gut ist, wie ich es eben machen kann - ich kann es nicht weiter verbessern. Was mir daran mißfällt, kommt aus meiner eigenen Unzulänglichkeit, und ich habe lange genug mit meinen Unzulänglichkeiten gelebt, um nun ihnen gegenüber ein dickes Fell zu haben. Wenn ich am Ende eines Buches bin, dann bin ich gegen so gut wie alles dickfellig.
    Laß es also gehen - laßt mich zurückkehren in die normale Welt, die ich vor drei Monaten verließ. In diesen drei Monaten konnte ich überhaupt nicht vernünftig reagieren, mein Alltagsleben war fühllos wie unter einer Betäubung.
    Mein Widerwille gegen meine eigenen Werke hält erstaunlich lange an.
    Ein Vater, der zum erstenmal auf sein Erstgeborenes hinunterblickt, mag vielleicht einen Schock erleiden; im allgemeinen aber erholt er sich davon schnell wieder, und nach einem oder zwei Tagen findet er das Baby wirklich entzückend.
    Wenn ich auf meine Bücher so reagieren könnte, wäre

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