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Hornblower 11 - Zapfenstreich

Hornblower 11 - Zapfenstreich

Titel: Hornblower 11 - Zapfenstreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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sondern durch einen bloßen Willensakt vielleicht auch abgebrochen werden kann. Ich glaube, ich hatte mir gelegentlich sogar gesagt, daß eine Arbeit nicht als abgeschlossen betrachtet werden könne, ehe sie nicht in Druck und dem Publikum übergeben worden sei. Nun erkannte ich, daß ich nur eine Ausrede gebraucht hatte, daß ich in Wirklichkeit dringend danach verlangte, mein Werk zu veröffentlichen, es herauszubringen. Wie stark und wie echt auch meine Abneigung war, persönlich in Erscheinung zu treten, wie ungern ich auch fremde Leute traf - aber mich verlangte danach, es durch einen Stellvertreter zu tun. Meine flüchtigen persönlichen Auftritte in der literarischen Welt mache ich fast ebenso zögernd, wie ich mich am Trafalgar Square meiner Kleider entledigen würde - aber es bedeutete eine entschiedene und reine Freude für mich - ja, mehr noch, ein wirkliches Bedürfnis -, Hornblower in die Welt hinauszuschicken. Das zuzugeben, bezog einen neuen Gesichtspunkt ein, klar heraus gesagt: die Todesfurcht. Ich mußte die Möglichkeit bedenken, daß ich sterben könnte, bevor ich den ›Kommodore‹ beendet hätte. Ganz besonders vom Standpunkt des Kommodore aus war mir dieser Gedanke sehr zuwider. Es war nicht eigentlich so, daß ich traurig gewesen wäre, wenn der Welt ein Meisterwerk verlorenginge, als vielmehr, daß die Welt dem Meisterwerk verlorenginge. Es unfertig zu lassen war vielleicht noch schlimmer, als es überhaupt nicht zu schreiben. All die alten Diskussionen über Edwin Drood hatten mich immer tief beunruhigt. Hornblower hatte nun schon genug Aufmerksamkeit auf sich gezogen, so daß es durchaus im Bereich der Möglichkeit lag, daß ein unfertiger ›Kommodore‹ allerlei Mutmaßungen heraufbeschwören konnte, wie der Schluß wohl gedacht war. Und der Gedanke, daß ein anderer sich daran versuchen könnte, der Gedanke an das törichte Zeug, das dabei herauskommen mochte, versetzte mich in Panikstimmung. Es gab also dringende Gründe, mit der Niederschrift zu beginnen, und noch dringendere, sie zu Ende zu bringen. Aber während des Schreibens gab es wiederum bestimmte Gründe zur Mäßigung. Ich fühlte mich in genau der gleichen Lage, als wollte ich einen Wagen mit knappem Benzin unbedingt noch bis zu einer Tankstelle fahren - zu schnell zu fahren, bedeutete einfach, den Erfolg selbst zu vereiteln, wie groß die Versuchung auch war. Es mußte eine gewisse Höchstgeschwindigkeit eingehalten werden, und glücklicherweise kannte ich diese Höchstgeschwindigkeit recht gut, denn ich hatte ja genug Erfahrung hinter mir. Das war es ja gerade, was ich beim Schreiben der etwa zwanzig früheren Bücher immer einzuhalten versucht hatte, als es aber noch nicht so verzweifelt wichtig war.
    Mit einer Mischung von Bedauern und Befriedigung bedachte ich die Tatsache, daß keine schriftlichen Notizen vorhanden waren, die ein literarischer Vollstrecker durchsehen könnte. Nie im Leben hatte ich mir schriftliche Notizen gemacht; das war mir immer zu mühsam gewesen, und ich würde bestimmt nicht jetzt noch damit anfangen. Außerdem war ich überzeugt, daß schriftliche Notizen - ebenso wie Gespräche mit einem Verleger über den Mittagstisch hinüber - auch nur ungefähr das vermitteln konnten, was ich mir als Eindruck wünschte, und noch heute bin ich mir dessen genauso sicher. Nur nach dem Zeugnis des fertigen Buches kann ein Buch beurteilt werden.
    Ich selbst war also zum Entschluß gekommen. Ich setzte mich an meinen Arbeitstisch, und Hornblower setzte ich in seine Sitzbadewanne, bereit, nun das Kommando über die kostbaren Kanonenboote zu übernehmen, die all dies ausgelöst hatten, und die Arbeit an der Komposition begann. Alles ging seinen gewohnten Gang, kaum anders als bei den vorigen Büchern.
    Aber sowohl beim Schreiben wie im Aufbau war eine Änderung nötig. Ich wurde gewahr, daß ich die Gewohnheit hatte, ziemlich häufig vom Arbeitstisch aufzustehen, um im Zimmer auf und ab zu gehen. Früher war mir das gar nicht aufgefallen. Teils diente es dazu, meine steifen Gelenke zu lockern, teils, meinem Kopf eine kleine Debatte über dies und das zu erlauben. War es wohl besser, jemandes Gemütsverfassung vom Erzähler aus zu beschreiben, oder sie durch seine eigenen Reden deutlich werden zu lassen? Sollte der Text eines schriftlichen Befehls im Wortlaut oder nur als Zusammenfassung gegeben werden? Ich war erstaunt, wie oft ich die Runde durchs Zimmer gemacht hatte, um solche Fragen des Geschmacks zu klären.

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