Hornblower Odyssee 01 - Diesseits Der Liebe
überfallen! Ich habe einen Vetter auf Galactica, und der hat kein Gesicht voller Saugnäpfe."
„Ich hätte Sie nicht ausgerechnet in einen Science- Fiction-Film mitnehmen sollen." Sie trank ihren Brandy aus. Ihr wurde klar, dass sie an dem Vorfall ebenso viel Schuld hatte wie Cal. „Es war Fiktion, Hornblower. Eine Fantasiegeschichte." Sie schenkte sich Brandy nach.
„Schrott."
„Stimmt." Sie reichte ihm auch ein Glas. „Aber in diesem Kino saßen Leute, die dafür bezahlt hatten."
„Und dann dieser Quatsch von den Wesen, die das ganze Wasser aus den menschlichen Körpern saugen. Und dieser Raumjockey, wie der in der Galaxis herumgesaust ist und mit seiner Laserkanone durch die Gegend gefeuert hat!' Haben Sie überhaupt eine Vorstellung davon, wie überfüllt dieser Raumsektor ist?"
„Nein." Libby brauchte noch mehr Brandy. „Ich verspreche Ihnen, beim nächsten Mal sehen wir uns einen Western an. Und stellen Sie nicht aus Versehen ,Star Trek' im Fernsehen an."
,„Star Trek' ist ein Klassiker", erklärte er, worauf Libby lachen musste.
„Wie dem auch sei", sagte sie. „Wissen Sie, ich bin nicht mehr so gut beisammen. Den heutigen Morgen habe ich in einem Raumschiff verbracht, mittags habe ich Pizza gegessen und am Nachmittag einen Film nicht gesehen. Ich glaube, ich verliere langsam die Ü bersicht."
„Sie werden sie schon wiederfinden." Er berührte ihr Glas mit seinem und legte dann den Arm um ihre Schultern. Alles war sehr schön und heimelig - das sanfte Lampenlicht, die innere Wärme vom Brandy, der Duft der Frau ... meiner Frau, dachte Cal, wenn auch nur einen Moment lang.
„Mir gefällt das hier besser als ein Film. Erzählen Sie mir etwas über Liberty Stone."
„Da gibt es nicht viel zu erzählen."
„Erzählen Sie es mir trotzdem, damit ich es mitnehmen kann."
„Wie ich schon sagte, wurde ich hier geboren."
„In dem Bett, in dem ich schlafe."
„Ja." Sie trank einen Schluck. Ihr wurde sehr warm. Lag das an dem Brandy oder an dem Gedanken daran, wie Cal in dem alten Bett lag? „Meine Mutter hat Webarbeiten gefertigt, Decken, Wandbehänge, Teppiche. Damit hat sie zusätzlich Geld zu dem verdient, was mein Vater mit seinen Gartenprodukten erzielen konnte."
„Waren Ihre Eltern arm?"
„Nein, sie waren Kinder der Sechziger."
„Das sagt mir nichts."
„Das ist auch schwer zu erklären. Meine Eltern wollten dem Land und sich selbst näher sein. Das war ihr Anteil an der Revolution gegen die Macht des Materiellen, gegen weltweite Gewalt, gegen die gesamte gesellschaftliche Struktur der Zeit. Also lebten wir hier, und meine Mutter verhökerte ihre Arbeiten in den umliegenden Kleinstädten. Eines Tages fiel sie einem Kunsthändler auf, der mit seiner Familie hier gerade auf einer Campingtour war." Libby lächelte in ihren Brandy. „Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte."
„Caroline Stone", flüsterte Cal plötzlich.
„Nun ja."
Cal lachte auf, trank sein Glas leer und griff nach der
Brandyflasche. „Die Arbeiten Ihrer Mutter sind in den wichtigsten Museen ausgestellt." Nachdenklich zupfte er an der Couchdecke. „Ich habe sie dort bewundert." Er schenkte Libby Brandy nach.
„Das wird ja immer verrückter." Sie trank, der Brandy konnte das Gefühl der absoluten Unwirklichkeit kaum verstärken. „Sie sind es doch, über den wir sprechen müssen, und ich muss alles begreifen. So viele Fragen ..." Sie konnte nicht länger still sitzen. Mit dem Glas in beiden Händen ging sie im Zimmer auf und ab. „Mir kommen die seltsamsten Ideen. Zum Beispiel haben Sie Philadelphia und Paris erwähnt. Wissen Sie, was das bedeutet?"
„Was?"
„Wir haben diese Städte gebaut." Sie hob ihm ihren Weinbrandschwenker entgegen und leerte ihn dann mit einem Zug. „Und sie sind noch immer da. Gleichgültig, wie nahe wir daran waren, alles in die Luft zu jagen - wir haben es überlebt. In der Zukunft gibt es ein Philadelphia, Hornblower, und das ist das Großartigste, das ich mir vorstellen kann."
Lachend drehte sie sich im Kreis. „Jahrelang habe ich die Vergangenheit studiert und versucht, die menschliche Natur zu verstehen, und nun darf ich einen Blick ins Morgen werfen. Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll."
Cal brauchte Libby nur anzuschauen, und schon bekam er wieder dieses merkwürdige Bauchweh. Ihre Wangen waren vor Erregung gerötet. Groß und schlank war sie, und sie bewegte sich mit wunderbarer Anmut. Diese Frau zu besitzen war nicht mehr nur ein Begehren, sondern
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