Hornblower Odyssee 01 - Diesseits Der Liebe
„Dies sind echte Eier von echten Hühnern. Sie können einen Nachschlag bekommen", fügte sie lächelnd hinzu, als sie sah, mit welchem Appetit ihr Patient aß.
„Das hier sollte erst einmal genügen." Er schaute zu ihr auf und sah, dass sie ihn über ihre unvermeidliche Teetasse hinweg betrachtete. „Ich glaube, ich habe Ihnen noch nicht für Ihre Hilfsaktion gedankt."
„Ach, ich war einfach nur zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle."
„Weshalb sind Sie hier?" Er schaute sich noch einmal im Zimmer um. „Hier, an diesem Ort?"
„Man könnte sagen, ich habe mein Ferienjahr genommen. Ich bin Anthropologin und habe gerade einige Monate Feldstudien hinter mir. Jetzt arbeite ich an meiner Dissertation."
„Hier?"
Es freute sie, dass er nicht die übliche Bemerkung darüber gemacht hatte, dass sie zu jung war, um Wissenschaftlerin zu sein. „Ja, warum nicht?" Sie nahm ihm den leeren Teller ab und stellte ihn aus der Hand. „Hier ist es ruhig, wenn man einmal von den gelegentlichen Flugzeugabstürzen absieht. Wie geht es Ihren Rippen? Tun sie weh?"
Er blickte an sich hinunter und bemerkte zum ersten Mal die diversen Blutergüsse. „Nicht sehr. Ein bisschen."
„Wissen Sie, Sie hatten wirklich Glück. Von der Kopfwunde abgesehen, sind Sie mit ein paar Schnitten und blauen Flecken davongekommen. Ich hatte nicht angenommen, dass ich nach all dem noch Überlebende vorfinden würde."
„Die Crash-Kontrolle ..." In seinem Kopf formte sich ein verschwommenes Bild: Er drückte auf Schaltknöpfe, Lampen blitzten auf, Warnsirenen schrillten ... Das Bild löste sich auf, als er sich darauf zu konzentrieren versuchte.
„Sind Sie Testpilot?"
„Was? Nein ... Nein, ich glaube nicht."
Beruhigend legte sie ihre Hand über seine. Erschrocken über ihre Reaktion, zog sie sie vorsichtshalber gleich wieder zurück.
„Ich kann Rätsel nicht leiden", stellte er leise, aber ärgerlich fest.
„Und ich bin ganz versessen darauf. Lassen Sie uns doch dieses hier gemeinsam lösen."
Er blickte ihr in die Augen. „Vielleicht gefällt Ihnen die Lösung nicht."
Sie spürte ein gewisses Unbehagen. Der Mann war stark. Jedenfalls würde er körperlich kräftig sein, wenn seine Verletzungen geheilt waren. Und seine Geisteskraft bezweifelte sie ebenfalls nicht. Und sie waren allein, so allein, wie zwei Menschen nur sein konnten ...
Libby schüttelte das Gefühl ab und beschäftigte sich lieber wieder mit dem Teetrinken. Was sollte sie tun? Den Mann samt seiner Gehirnerschütterung in den Regen hinauswerfen?
„Ob mir die Lösung gefällt, wissen wir erst, wenn wir sie gefunden haben", sagte sie schließlich. „Wenn sich das Unwetter gelegt hat, werde ich Ihnen bestimmt in ein, zwei Tagen einen Doktor beschaffen können. In der Zwischenzeit werden Sie mir vertrauen müssen."
Das tat er auch. Warum, hätte er nicht sagen können, aber von dem Moment an, in dem er sie in diesem Sessel hatte schlafen sehen, hatte er gewusst, dass sie ein Mensch war, auf den man sich verlassen konnte. Das Problem bestand nur darin, dass er nicht genau wusste, ob er sich selbst vertrauen konnte - oder ob sie das tun durfte.
„Libby ..."
Sie schaute ihn an, und schon wusste Cal nicht mehr, was er hatte sagen wollen. „Sie haben ein schönes Gesi c ht", murmelte er und sah, dass ihr Blick sofort argwöhnisch wurde. Gern hätte er sie berührt, aber als er die Hand hob, war es schon zu spät. Libby war bereits aufgestanden und befand sich außerhalb seiner Reichweite.
„Ich glaube, Sie müssen jetzt wieder schlafen. Oben gibt es ein Gästezimmer." Sie sprach jetzt sehr schnell und ein wenig scharf. „Gestern Nacht konnte ich Sie nicht die Treppe hinaufbekommen, aber da oben haben Sie es bequemer."
Cal betrachtete sie einen Moment. Dass Frauen sich vor ihm zurückzogen, war er nicht gewöhnt, und bei dieser Libby war es offensichtlich nicht einmal eine nur gespielte Haltung. Wenn zwischen einem Mann und einer Frau gegenseitige Anziehung bestand, dann war der Rest doch einfach. Vielleicht arbeiteten noch nicht alle seine Systeme richtig, aber dass diese Anziehung hier auf Gegenseitigkeit beruhte, wusste er genau.
„Sind Sie zugeordnet?"
Fragend zog Libby die Augenbrauen bis unter ihre Ponyfransen hoch. „Bin ich - was?"
„Zugeordnet. Ich meine, haben Sie vielleicht einen Gefährten?"
Sie lachte. „Dieser Ausdruck ist mir schon vertrauter. Nein, im Moment nicht. Kommen Sie, ich helfe Ihnen die Treppe hinauf." Sie hob die Hand, bevor
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