Hornjäger (German Edition)
wunderbar vom langen Läufer unter ihnen gedämpft.
»Nein, bin ich nicht!«, herrschte sie ihn ein wenig strenger an, als sie eigentlich vorgehabt hatte.
Die Treppe machte am Ende eine Biegung und führte in einen Korridor, der nur noch aus Holzverschlägen zu bestehen schien. Wie eine Art Brücke führte er zwanzig Schritte stetig bergauf, bis sie wieder Steinboden unter den Füßen hatten. Am Ende dieses Ganges lag eine Tür. Euphena horchte in die Dunkelheit. Nichts.
»Ich glaube nicht, dass das ...«, versuchte Gefelerius zu protestieren, aber Euphena zog kurzerhand die Tür einfach auf. Dahinter lag ein dunkler Raum voll Gerätschaften, die nur vom Mondlicht fahl beleuchtet wurden. Runde Kugeln auf abenteuerlichen Metallständern und längliche Rohre standen zwischen zwei Holztischen, auf denen Karten und Schriftrollen in unordentlichen Haufen lagen.
Sie sahen sich um. Gefelerius wischte mit dem Finger über eine der großen Kugeln.
Euphena stieß sich den Zeh und fluchte laut.
»Schsch!«, machte Gefl und streckte ihr seine Fingerspitze hin. »Sieh mal!«
»Was ist? Ich sehe nichts.« Sie hielt sich den Zeh. Er tat ganz schön weh, die Dinger hier waren stabil gebaut.
»Eben! Kein Staub!« Gefl klopfte sich demonstrativ die Hände ab.
»Na das hoffe ich doch!«, kam es plötzlich von einem der bodenlangen Fenster. Euphena erschrak.
In der mittleren Balkontür stand eine kleine runde Kugel mit langem Bart und einem Barett mit einer zerrupften Feder.
Die Gestalt lachte. »Ich putze meine Lieblinge ja auch jeden Tag!«
Euphena sagte nichts und hielt einen Sicherheitsabstand zu dem Mann ein, der zu dem Tisch mit den Karten wuselte und sich mit geübtem Griff eine aus dem Chaos herauszog.
»Wer seid Ihr?« Euphena konnte sich die Frage nicht verkneifen. Wer so komisch aussah, wie dieser Mann und des Nachts in dunklen Zimmern nach Karten wühlte und seltsame Gerätschaften putzte, musste einen Hang zur Exzentrik haben.
»Nur ein Mann, der seiner Leidenschaft nachgeht«, geschäftig wuselte er auf seinen kurzen Beinchen wieder aus dem Raum und verschwand am Balkon. Euphena folgte ihm, blieb aber in der Tür stehen ... nur so zur Sicherheit. »Was ist Eure Leidenschaft?«
Der Mann drehte sich um und zwirbelte seinen langen Bart. Er hatte eine Knollennase und wässrige Äuglein. Er wirkte in Euphenas Augen sogar ein wenig heruntergekommen.
»Die Sterne!« Er hob seine Arme gen Himmel und trank dann hastig einen Schluck aus einer Weinkaraffe, die zwischen verschiedenen Zeichnungen und Schriften am Boden stand.
Euphena trat auf den Balkon hinaus. Er lag über dem Innenhof und schien die höchste begehbare Stelle der Residenz zu sein. »Und das ist spannend?«, fragte sie ein wenig ungläubig.
»Ja.« Der Mann nickte so heftig, dass die Feder wippte. »Es ist ... höchst faszinierend ... wirklich höchst faszinierend!«, brabbelte er weiter und legte sich mit dem Rücken auf den Boden. Er gab ein amüsantes Bild ab, wie er so dalag und aufgeregt mit seinen Beinchen wackelte.
»Ihr seid der Graf!« Entspannt lehnte Gefelerius in der Balkontür und kaute an irgendetwas, das er auf einem der Tische gefunden haben musste.
»Das war ich.« Der Graf schnappte sich ein Stück Kohle und kritzelte kopfüber etwas auf die Karte, die er zuvor geholt hatte. »Jetzt regiert meine liebe Marezza die Lande.« Er lehnte sich zu ihnen hinüber. »Ihr macht das ja auch viel mehr Spaß als mir!«
Dieser Wicht am Boden vor ihr war der Graf? Euphena konnte es kaum fassen! Sie hatte ihn sich herrisch vorgestellt, oder kränklich und alt. Aber nicht ... so!
»Bedient Euch ruhig!« Mit einer Handbewegung forderte er Gefelerius auf, weiterzuessen. Er nickte ergeben und hielt Euphena den Teller unter die Nase. Es war Apfelkuchen ... mit Butterstreuseln! Entgegen all ihrer Vernunft griff sie zu. Er schmeckte noch fantastischer, als er aussah! Euphena stöhnte leise auf. So etwas Hervorragendes hatte sie schon lange nicht mehr gegessen!
»Gut, nicht?«
»Absolut fantastisch!« Sie versuchte trotz ihrer vollen Backen nicht zu spucken, während sie sprach.
Der Graf legte sich wieder auf den Rücken und kniff die Augen zusammen, während er nach oben starrte. »Meine liebe Marezza achtet darauf, dass er immer so gemacht wird, wie ich ihn am liebsten mag ... hat sie euch eigentlich eingestellt?«
Euphena verstand. Der Graf hielt sie für Dienstboten! Offenbar verließ er sein Zimmer nicht allzu oft.
»Kann man so sagen ...«,
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