Hornjäger (German Edition)
Hals.
Über ihnen knarzte es plötzlich. Sie schaute auf. Auf dem Balkon im ersten Stock stand eine weiße Gestalt und sah zu ihnen hinunter.
»Mutter?«, flüsterte Elvira erstaunt.
Helwyr warf die Hände in die Luft. Jetzt war ohnehin alles aus! Sie würden Elvira verheiraten, Hestus vor einen Pflug spannen, ihn in den Kerker werfen lassen und somit auch Euphena in ihr Unglück stürzen!
Elviras Mutter deutete mit ihrer blassen Hand nach unten und dann vorwärts.
»Natürlich!« Elvira schlug sich gegen die Stirn. »Dass ich daran nicht gedacht habe!«
Helwyr verstand noch immer nichts. »Würdet Ihr mich bitte aufklären?«
»Der Kellergang!« Elvira war aufgesprungen. »Er ist nicht verschlossen und führt unter unserer Gartenmauer durch.«
»Wunderbar!« Dann war ja alles klar. Obwohl es Helwyr immer noch schleierhaft war, warum Elviras Mutter, noch nicht laut schreiend das ganze Haus aufweckte.
»Es gibt nur einen Haken ...«, murmelte Elvira.
»Und der wäre?«
»Wir müssen mit den Pferden durch die Küche.«
Helwyr schnaubte. »Wenn‘s weiter nichts ist. Immer noch besser, als sie über die Mauer zu heben. Kommt Fräulein, wir sollten jetzt wirklich gehen!«
Elvira nickte und öffnete die Tür ins Haus. Sachte führte Helwyr seine Pferdchen durch die enge Tür und ließ sie im Flur stehen, um sich Elviras Gepäck zu schnappen. Sie stand noch immer im Garten und sah zum Balkon hinauf, auf dem ihre Mutter im Nachthemd stand. Tränen standen in ihren Augen.
»Kommt Elvira.« Behutsam nahm Helwyr sie am Arm.
Wortlos legte ihre Mutter eine Hand auf ihr Herz, und versuchte zu lächeln.
Elvira schickte ihr einen dicken Luftkuss, wandte sich schnell ab und rannte ins Haus.
Helwyr nickte zum Balkon hinauf, aber die Frau sah ihn nur an.
Das Stampfen der Pferde auf den Dielenbrettern hallte in seinen Ohren, es grenzte an ein Wunder, dass nicht gleich die Stadtwache das Haus stürmte. Mit sicherem Schritt führte Elvira die kleine Gruppe durch das dunkle Haus. Helwyr holte sie erst vor der Kellertür wieder ein. Antha beschnupperte interessiert, die Töpfe und Pfannen, die auf dem Herd standen.
»Alles in Ordnung?«, fragte er vorsichtig.
Elvira schniefte leise und nickte dann heftig. Mit einem Ruck zog sie die Kellertür auf. Ausgetretene Steinstufen führten in die Tiefe. Sie ging voraus, Hestus folgte ihr problemlos. Nur Antha war die Dunkelheit nicht geheuer. Sie machte zwei Schritte zurück und schüttelte ihre Mähne.
Sachte nahm Helwyr sie beim Halfter. Wenn sie jetzt aus Protest wieherte, weckte sie nicht nur das ganze Haus, sondern auch noch die Nachbarschaft auf!
»Ruhig. Sei ein braves Mädchen.« Er zog sie mit sich die Stufen hinunter. Sie schnaubte leise, lies sich aber führen. Hier unten war es noch kühler, die Luft war stickig und roch nach Erde.
»Hier ist es.« Vorsichtig tastete sich Elvira an der Wand entlang, bis sie eine Tür fand. Hier unten konnten sie nichts erkennen. Sie alle mussten sich komplett auf ihr Gehör und ihre Hände verlassen.
Knarrend öffnete sich eine Tür. Ein leichter Luftzug umwehte Helwyrs Ohren. Elvira ging wieder voraus, Helwyr zog die Tür hinter ihnen zu. Die Pferde hielten die Köpfe gesenkt und auch Helwyr musste sich hier und da ducken, wobei er es oft zu spät bemerkte und sich ein paar Mal den Kopf stieß.
Er streckte die Arme zu beiden Seiten aus, während er den anderen folgte, und ließ die Finger über die Wände gleiten. Zwischen Hestus Bauch und der Tunnelwand konnte nicht mehr als zwei Fingerbreit Platz sein. Aber sein Hengst war Stresssituationen gewöhnt, er würde Elvira nicht aus Panik umrennen. Bei Antha war er sich da nicht so sicher, aber sie folgte brav dem Hinterteil ihres Vorderpferdes.
Nach rund fünfzig Schritten begann sich der Tunnel bergauf zu neigen und nach weiteren zwanzig Schritten stockte die kleine Kolonne plötzlich.
Helwyr hörte, wie Elvira vor ihm gegen Holz schlug.
»Alles in Ordnung da vorne?«
»Ich krieg die verdammte Tür nicht auf!« Presste sie unter Anstrengung zwischen den Zähnen hervor.
»Nein, nicht auch das noch!« Mit den Pferden konnten sie unmöglich zurück, sie mussten hier einfach raus!
»Warte! Ich komme zu dir!« Vorsichtig stellte Helwyr den Sack mit Elviras H abseligkeiten ab und legte sich auf den Bauch. Er begann ein altes Soldatenlied zu summen und robbte langsam vorwärts. Vorsichtig zwängte er sich zwischen Anthas Hinterbeinen durch und robbte summend weiter. Als er direkt
Weitere Kostenlose Bücher