Hornjäger (German Edition)
Mann wuschelte ihm durch die Haare. »Und was ist mit Euch?«
Helwyr erhob sich mit ernster Miene. Seine Brust fühlte sich an, als hätte ihn jemand mit einem Spieß durchbohrt und vergessen, ihn wieder herauszuziehen. Eine Verurteilung konnte nur eines bedeuten: Euphena war es nicht gelungen zu fliehen!
»Ich komme auch mit.« Seine Miene blieb versteinert.
Nuori schmiegte seine Kinderhand in Helwyrs und folgte ihm.
»Nuori, das ist kein Ort für dich!« Er versuchte, sich von ihm zu befreien.
»Aber ich will mit!«, protestierte er vehement. »Er darf auch zusehen!«
Helwyr seufzte. Er musste zu dieser Verurteilung, koste es, was es wollte! Wenn er Nuori allein ließ und ihm etwas zustieß, würde Jyrsin ihm persönlich alle Knochen brechen! »Dann komm mit.« Er setzte ihn auf seine Schultern. »Du bleibst immer bei mir, verstanden?«
Nuoris Turban wippte, als er nickte.
Gemeinsam traten sie in den Regen und stiegen den Burgberg hinauf. Einige Schaulustige folgten ihnen in kleineren Kolonnen.
»Suns!«, stellte sich der kahle Mann vor.
Helwyr ergriff seine Hand. »Helwyr!«
»Ihr seid ein Freund Sybiras?«
Helwyr nickte. »Ihr seid der Begründer der Feuerfalken.«
»Und ein guter Schütze!« Er lachte.
Im ersten Hof der Residenz hatte man eine Holzplattform aufgestellt. Auf ihr stand Euphena, die Hände auf den Rücken gefesselt, aber ihr Haupt trug sie stolz erhoben. Gefelerius neben ihr hielt den Kopf gesenkt.
Der Hauptmann der Wache tigerte am Rand der Tribüne auf und ab und wartete, bis sich der Hof mit Menschen gefüllt hatte. Helwyr drängte sich nach vorne. Es war ihm egal, wenn der Hauptmann ihn erkannte! Er wollte, dass Euphena ihn sah! Aber sie hielt ihre Augen über die Köpfe aller, auf einen weit entfernten Punkt gerichtet.
»Da steht Gefelerius«, flüsterte jemand hinter ihm. »Scheint diesmal schlimmer zu sein, als sonst!«
Helwyr sah neben sich. Um ihn herum hatten sich die übrigen Feuerfalken gruppiert. Suns redete leise auf sie ein.
Es begann jetzt wieder stärker zu regnen und die Wolkendecke lag schwer über dem Platz und ließ ihn fast vergessen, wie Sonnenschein aussah.
Jubel brandete rings um in der Menge auf, als eine verhüllte Gestalt mit Axt die Tribüne betrat.
Der Hauptmann streckte die Hand aus, um dem Volk Ruhe zu gebieten. Helwyr biss sich auf die Lippen, bis er Blut schmeckte. Wenn er dieses miese Schwein erwischte...!
E uphena atmete betont langsam und versucht den immer größer werdenden Kloß in ihrem Hals zu unterdrücken. Sie wollte nicht, dass jemand sie weinen sah. Nicht einmal Helwyr! Er stand in der Menge und trug Nuori auf den Schultern. Euphena versuchte gar nicht erst darüber nachzudenken, wie er plötzlich hierhergekommen war. Sie spürte, dass Helwyr ihren Blick suchte, aber sie schaffte es nicht, ihn anzusehen.
Seit letzter Nacht hatte Gefelerius kein einziges Wort mehr gesprochen, er hatte nicht einmal aufgesehen, als sie gekommen waren, um sie zu holen. Der stolze Gaukler mit den grasgrünen Augen stand wie ein nasser Mehlsack neben ihr und rührte sich nicht.
Einige der Menschen pfiffen und klatschten, als der Scharfrichter neben Euphena das Podium bestieg. Was für armselige Würmchen, sie doch alle waren!
Der Hof war mit Gaffern gefüllt und der Hauptmann trat in die Mitte der Bühne. »Meine lieben Bürger! Wir haben hier zwei Schwerverbrecher, die nun ihrer gerechten Strafe zugeführt werden sollen!« Seine Stimme hatte etwas leicht Fanatisches, wie Euphena fand.
»Zu Eurer Linken seht ihr ein Weib, das wir in Marezzas Schlafgemach entdeckten. Ich konnte sie gerade noch davon abhalten unsere geliebte Gräfin zu bestehlen und habe so vermutlich auch einen Mordanschlag vereitelt!«
Euphena klappte die Kinnlade hinunter. Marezza war doch nicht einmal in der Stadt! Der Einzige, der hier Anarchie verbreitete, war der Hauptmann!
»Und hier seht ihr den furchterregenden Dieb, der eure Geldbeutel gestohlen hat!« Aus der Menge kamen einige begeisterte Zurufe. »Ein Vagabund, wie er im Buche steht, aber fürchtet euch nicht! Seinem Treiben wird hier und jetzt Einhalt geboten!«
Leises Gemurmel hob an. Ein paar der Anwesenden klatschten.
Der Hauptmann legte eine Kunstpause ein und sprach dann weiter. »Zur Strafe wird beiden Dieben die rechte Hand genommen!« Der Hauptmann stutzte und drehte sich zu Gefelerius um. »Du bist doch einer von diesen dreckigen Gauklern ... nicht wahr?« Auf den Absätzen drehte er sich wieder zum Volk.
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