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Hornjäger (German Edition)

Hornjäger (German Edition)

Titel: Hornjäger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Weithofer
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Prinzesschen hinunter. »Habt Ihr Euch den Faustkampf denn so vorgestellt?« Wenn sie schon Kopf und Kragen riskierte, wollte sie wenigstens, dass ihr Abenteuer sich ausgezahlt hatte.
    »Oh ja!« Die Prinzessin ließ Euphenas Hand los und hüpfte breitbeinig über den Rinnstein. »Also ich dachte ja zuerst, der a ndere gewinnt, aber dann hat er sich viel zu sehr einschüchtern lassen von den Grimassen, die der eine immer gemacht hat ...« Gewissenhaft imitierte sie jedes einzelne Gesicht, das die Kämpfer in ihrer Anstrengung gezogen hatten. Euphena musste herzhaft lachen.
    »Wer hätte das gedacht, die kleine Prinzessin hat ja Talent zur Komödiantin!«, meinte sie schließlich kichernd.
    »Oh, können wir morgen in eine Komödie gehen?« Ihre grauen Augen leuchteten in der Dunkelheit vor Aufregung.
    »Ach, das war doch nur so dahingesagt!« Euphena winkte ab. »Aber Ihr könnt ja Euren Onkel fragen, ob er für Euch Schausteller in den Palast befiehlt!«
    »Aber ich will ...«, versuchte sie zu protestieren.
    »Nichts wollt Ihr, Prinzesserl! Für heute ist es genug!«, mahnte Euphena sie streng. »Jetzt müsst Ihr wieder artig sein ... zumindest für ein Weilchen!« Sie zwinkerte ihr durch die Dunkelheit zu, griff nach ihrer Hand und marschierte mit ihr die breite Straße zum Palastbezirk hinauf. Mit jedem Schritt, den sie sich von den heru ntergekommenen Stadtvierteln entfernten, entspannte sich Euphena merklich. Hier am Rande der Nobelviertel wurden die Wege breiter, die Kanäle sauberer und außerdem flößte die gedrungene Steinbauweise der Reichen mit ihren verborgenen Gärten und den schmalen Arkadengängen unwillkürlich ein Gefühl der Geborgenheit und Sicherheit ein. Es war Euphena fast, als könnte man die Grenze zwischen Arm und Reich mit einem Lineal quer durch die Stadt ziehen. Auf dem letzten Stück der Hauptstraße betete sie zu allen Göttern, dass ihr Fehlen noch nicht bemerkt worden war!

    Nachdem Euphena mit dem Prinzesschen über das niedrige Mäuerchen an der hinteren Seite der Palastgärten geklettert war, die Leiter wieder an ihren Platz gestellt und der Wache den versprochenen Silberling in die Hand gedrückt hatte, gelangten sie ungesehen in den ersten Stock. Von dort aus stahlen sie sich vorsichtig am Schlafzimmer seiner Majestät vorbei, unter dessen Tür noch ein schwacher Lichtschimmer auf den Korridor drang. Euphena bedeutete der Prinzessin besonders acht zu geben und schlüpfte dann rasch mit ihr in die Gemächer der kleinen Hoheit.
    Mit geübtem Griff half sie der Prinzessin aus dem Gewand, schrubbte ihr über der Waschschüssel den Ruß aus dem Gesicht und steckte sie unter die königliche Daunendecke.
    »Schlaft gut Hoheit!« Sie verwuschelte ihr liebevoll die Locken. »Und immer daran denken: Wenn Ihr jemandem von unserem heimlichen Ausflug erzählt, komme ich persönlich vorbei und kitzle Euch so lange durch, bis Ihr weder ein noch aus wisst!« Euphena war bemüht, ihre Stimme so ernst wie möglich klingen zu lassen.
    Die Prinzessin kicherte und kuschelte sich tiefer in ihr Bet tchen. »Danke Fräulein Euphena!«, hauchte sie noch schnell, als diese bereits die Tür hinter sich zuziehen wollte.
    »Aber gerne, mein kleiner Spatz!« Euphena schloss das G emach von außen.
    Seufzend fuhr sie sich durch die Haare. Was für ein Abend! Ein Faustkampf, eine brennende Kaschemme und mittendrin sie selbst mit der Prinzessin am Arm, gekleidet in etwas, dessen Bewohner schon die nächste Generation auf sie hetzten. Sie schnaubte. Da soll noch einmal einer sagen, das Leben einer Hofdame wäre langweilig!

    Euphena bog noch vor den Wachen links ab, folgte dem Flur bis ans Ende, stieg eine Wendeltreppe hinauf und gelangte nach wenigen Schritten in ihren Korridor. Leise schlüpfte sie in ihr dunkles Zimmer. Erschöpft ließ sich Euphena auf den Hocker vor ihrem Waschtischchen plumpsen und betrachtete ihr Gesicht im Spiegel. Sie sah noch viel schrecklicher aus, als sie gedacht hatte. Ihr dunkles Haar war zerzaust und ihre weiße Haut, die vom Ruß in ungesunden Schattierungen verfärbt war, ließ sie im fahlen Licht der Nacht wie ein Geist erscheinen. Ein dreckiger Geist. Euphena zog eine Grimasse und rümpfte die Nase. Alles an ihr roch nach Holzfeuer, vermischt mit dem Gestank von Bier und ungewaschenen Leibern. Sie raffte den Saum ihres geborgten Kleides hoch. Euphena konnte es kaum erwarten, diesen verschlissenen Fetzen ohne jegliche Verzierung gegen ihr duftendes Rüschennachthemd zu

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