Hornjäger (German Edition)
tauschen, das nicht am Hals kratzte und eine wesentlich betontere Figur machte, als dieses ... Ding.
»Einen wunderschönen guten Abend, Fräulein Euphena!« E rschrocken fuhr sie zusammen und tastete mit ihren Augen die schemenhafte Gestalt ab, die in der Finsternis in ihrem Lehnstuhl saß. Diese Stimme kannte sie.
»Rittmeister Astos, was verschafft mir die Ehre?« Höflich e rhob sie sich.
»Ich soll Euch herzliche Grüße meiner Gattin bestellen und fragen, ob Ihr gedenkt, bei ihrem Picknick in drei Tagen zu e rscheinen?«, plauderte er unbekümmert darauf los, »und wenn ja, welche Farbe ihr tragen werdet? Sie tippt ja auf grün ...«
»Was wollt Ihr hier Astos?«, unterbrach ihn Euphena harsch. Er war sicher nicht mitten in der Nacht hergekommen, um höfl iche Konversation zu betreiben!
Der Rittmeister räusperte sich und machte Licht. Er sah aus, als wäre er bereits zu Bett gegangen und hastig wieder aufgesta nden. Sein Hemd hing ihm aus der Hose und seine sonst so feinsäuberlich gekämmten Haare wirkten jetzt, als hätte ein Eichhörnchen versucht, darin eine Nuss zu verstecken. Dennoch musste Euphena eingestehen, dass der Komandant der Palastwache selbst in seinen grauen Wollsocken eine gewisse Korrektheit ausstrahlte.
»Ich nehme an, die Prinzessin befindet sich wieder wohlbeha lten in ihren Gemächern?« Er runzelte leicht die Stirn.
Euphena stöhnte innerlich auf und verfluchte ihre eigene Dummheit. Wie hatte sie ernsthaft glauben können, dass ihr Fe hlen nicht bemerkt werden würde? Jetzt war sie geliefert!
Sie nickte stumm.
»Gut!« Astos erhob sich und ging zur Tür. »Seine Majestät erwartet Euch morgen früh!« Ein wenig irritiert musterte er ihre abgerissene Gestalt. »Erscheint bitte passend gekleidet! Guten Abend Fräulein Euphena.« Mit diesen Worten verließ er den Raum.
Mit einem Schnauben ließ sich Euphena rückwärts auf ihr Bett fallen. Die Weisung zu einem Gespräch mit dem König in aller Frühe bedeutete ganz und gar nichts Gutes!
I hr treibt mich in den Wahnsinn, Fräulein! Seid ihr Euch dessen wenigstens bewusst?«
Euphena starrte auf ihre Fußspitzen. Sie hatte sich für schlichte Wildlederschühchen entschieden, die nicht sonderlich bequem aber dafür umso eleganter waren. Außerdem passten sie hervo rragend zu ihrem eng taillierten Spitzenkleid mit den weinroten Knöpfen, das sie vorsorglich angelegt hatte. Wenn sie schon gerügt wurde, wollte sie wenigstens gut gekleidet sein.
»Warum könnt Ihr Euch nicht einmal wie alle anderen Hofd amen benehmen?«
Seine hochwohlgeborene Majestät, König Fengus der Zweite, saß an seinem Frühstückstisch und hatte die Beine auf der Tischplatte abgelegt. Hinter ihm öffnete ein Lakai die hohen Fenster, um die frische Morgenluft hereinzulassen, ein Zweiter mühte sich mit dem kissenreichen Bett ab. Sie schienen stets ein Auge auf ihren Herren zu haben, um auf ein Fingerzucken se inerseits Tee nachzuschenken, oder sonstige Wünsche zu erfüllen.
»Sprecht Fräulein Euphena! Ich habe keine Lust einen Monolog zu halten!« Fengus spießte ein Stück Käse auf und deutete damit auf sie.
»Ich nehme an, Eure Majestät spielen auf die gestrigen Ereignisse an?« Euphena knetete ihre Finger. Es war äußerst schwierig abzuschätzen, wie viel er bereits wusste und was er ihr erst im Laufe des Gesprächs entlocken wollte.
Kauend bedeutete ihr Fengus, weiterzusprechen.
Seine Bewegungen glichen mehr denen eines Soldaten, denn denen eines Aristokraten. Er war schon immer ein Mann der Tat gewesen, der sich seine Autorität Seite an Seite mit seinen Männern im Krieg verdient hatte. Dementsprechend scharf geschult war sein Verstand, wenn es zu Problemen in den eigenen Reihen kam. Ihm konnte man nicht so leicht etwas vormachen.
Euphena zupfte an einem Seidenblümchen, dass sie sich heute Morgen an ihr grün-gestreiftes Kleid gesteckt hatte. Wie sollte sie ihm die Situation erklären, ohne seinen Zorn noch weiter a nzufachen? Vermutlich war es ohnehin belanglos, was sie von sich gab. Fengus wusste garantiert seit gestern Abend, was er ihr an den Kopf werfen würde!
Es verwunderte Euphena, dass er ihr heute das Sprechen übe rlassen wollte. Sie hatte auch nicht, wie sonst immer, im Empfangskabinett des obersten Leibdieners, der ihr stets mit einem wissenden Lächeln die Tür öffnete, warten müssen. Heute war sie sofort vor den König geführt worden. Üblicherweise nutzte sie die Zeit für eine harmlose Plauderei und ein Tässchen Tee mit
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