Hornjäger (German Edition)
biss sich auf die Lippe. Darauf konnte sie nichts an tworten.
Der König stand auf und bedeutete einem der Diener ihn fertig anzukleiden.
»Das höfische Leben ist nichts für Euch«, verkündete er schließlich. »Ihr solltet heiraten und Euch aus der Gesellschaft zurückziehen. Wenn Ihr erst einmal Kinder habt, werden Euch die Flausen schon vergehen!« Fengus schlüpfte in die Jacke, die ihm bereitgehalten wurde.
»Aber Majestät!«, rief sie erschrocken.
»Euphena, es ist mir ernst! So kann das nicht weitergehen! Ich kann mich nicht täglich mit Euren Blödsinnigkeiten herumschlagen!« Er seufzte. »Jetzt geht in Euer Zimmer und rührt Euch am Besten nicht mehr von der Stelle!«
Mit einem Winken, mit dem man eine lästige Fliege ve rscheucht, entließ er sie aus der Audienz.
Euphena war sprachlos. Nachdem sie sich verneigt und etikettengetreu entfernt hatte, war ihr die Bedeutung seiner Worte erst richtig bewusst geworden. Heiraten? Noch ganz benommen marschierte sie die Flusspromenade entlang und achtete kaum auf das schöne Wetter oder die blühenden Bäume um sie herum. Ihre Füße trugen sie wie selbstverständlich durch die königliche Allee in die Gassen der oberen Stadt.
Sie war sogar in ihrem Zimmer gewesen, hatte es dort aber aufgrund der Enge nicht lange ausgehalten. Sie musste raus! I hre Gedanken ordnen. Was hatte das zu bedeuten? Wen sollte sie heiraten und weshalb? Genauso gut hätte Fengus sie zur Küchenmagd degradieren können! Das Ergebnis wäre dasselbe: Sie musste den Palast und somit alles gesellschaftliche Leben hinter sich lassen und durfte den Rest ihres Lebens für jemanden schuften, den sie nicht einmal ausstehen konnte. Ganz zu schweigen davon, dass sie das Prinzesschen nicht mehr sehen würde, sie nicht mehr zum Lachen oder ihre Kinderaugen zum Staunen bringen durfte.
Euphena seufzte. Der Palast war ihr Zuhause, sie konnte ni rgendwo anders hin! Dieser ummauerte Bezirk war ihre ganze Welt!
Sie bog in ein Seitengässchen ab und wäre beinahe mit einem Gärtner zusammengestoßen, der gerade dabei war in liebevoller Kleinarbeit die Gartenhecke eines weißgekalkten Herrenhauses zu begradigen.
Sie war weder von hoher Geburt noch aus einer wohlhabenden Familie, besaß kaum eigenes Vermögen und hatte demnach auch keinerlei Aussichten. Wer würde sie denn überhaupt nehmen? Alles was sie hatte verdankte sie ihrer Herrin und Mutter der Prinzessin. Mit einem Mal fühlte sie sich ganz elend. Nichts von dem, was sie wusste, hatte Bedeutung oder Bestand! Wen interessierte, ob seine Ehefrau die Kleidermaße ihrer Majestäten auswendig wusste, wenn sie nicht kochen konnte? Ihr fehlte so ziemlich jede Fertigkeit, die es benötigte, um einen bürgerlichen Haushalt zu führen und ein Edelmann wäre nie so töricht sie zur Frau zu nehmen!
Euphena stapfte grollend auf den Marktplatz. Aber sie war ja selbst schuld! Sie hätte die Prinzessin nie mitnehmen dürfen! Fengus hatte recht: Es war dumm und gefährlich ... auch wenn sie es sich so sehr gewünscht hatte, sie hätte hart bleiben mü ssen!
Euphena schnaubte. Nur gut, dass Fengus noch nichts von den Broten wusste, die sie vor wenigen Tagen einigen Straßenki ndern von seinem Geld gekauft hatte! Das hätte ihn vermutlich auch noch das letzte Fünkchen Selbstbeherrschung gekostet.
Deprimiert holte sich Euphena ein Stück Apfelkuchen an i hrem Lieblingsmarktstand und hockte sich auf den Brunnenrand in der Mitte des Platzes. Obwohl alles voll Leben war, fühlte sie sich so leer und einsam wie noch nie. Sie wollte ihre Majestäten nicht enttäuschen und schon gar nicht die Prinzessin! Aber irgendwie ging im Moment einfach alles schief. Enttäuscht biss Euphena in den Apfelkuchen und tropfte sich prompt das Seidenblümchen mit Honig voll.
Grummelnd riss sie es vom Kleid und warf es in den Brunnen. Wenn sie wenigstens einen Mann gekannt hätte, dem sie all das erzählen konnte, der sie in den Arm nahm und ihr sagte, dass alles wieder gut werden würde ... aber wer wollte schon ein Mädchen, das mit einem großen Stück Apfelkuchen am Brunnenrand hockte und in Selbstmitleid badete?
»Verzeiht Fräulein, gehört die hier Euch?«
Euphena sah überrascht auf. Vor ihr stand ein schwarzes Pferd, das sie interessiert beschnupperte. Da sie nicht davon ausging, dass Pferde neuerdings sprechen konnten, wandte sie sich seinem Besitzer zu. Der Mann neben dem Hengst war hochgewachsen, breit gebaut und besaß markante Gesichtszüge. Seiner Ausrüstung nach
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