Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1)
Dauerfeuer in Stücke gerissen wurde, doch die Männer hielten den Abzug gedrückt, bis die Patronengurte leer waren und das, was von der Kreatur noch übrig war, zu Boden ging und liegen blieb.
Dann rannten die beiden auf den Jeep zu. Einer von ihnen riss die Tür auf, warf einen Blick auf Scarletts Kopfwunde und sah nach vorn zu Richard.
„Vous êtes sortis de la Pyramide?“, fragte er.
„Was?“ Richard war zu geschockt, um zu begreifen, dass der Mann Französisch sprach – und ans Übersetzen war gar nicht zu denken.
„Sie kamen durch die Tür – mit dem Mädchen?“ Jetzt sprach der Mann Englisch, aber mit einem starken französischen Akzent.
„Ja.“
„Dann müssen Sie mit uns kommen. Jetzt. Schnell. Wir sind hier, um zu helfen.“
Der andere Mann hob Scarlett bereits aus dem Wagen.
Richard stieg ebenfalls aus. Es wurde kaum noch geschossen und auch der Sandsturm hatte sich gelegt. Er schaute sich in die Richtung um, aus der sie gekommen waren, und sah drei Bauwerke, die er sofort erkannte -sie waren eines der beliebtesten Postkartenmotive und fast jeder Mensch auf der Welt kannte sie.
Die Pyramiden von Giseh. Und davor die Statue, die er zuvor nur schemenhaft gesehen hatte. Die Sphinx.
Jetzt wusste er es. Er und Scarlett waren aus Hongkong entkommen.
Und die Tür hatte sie nach Ägypten befördert.
13
Sie rasten mit Richard in einem Höllentempo durch die Stadt. Er war noch nie in Kairo gewesen, hatte aber genug Bilder davon gesehen, um die Stadt erkennen zu können – eindeutig waren nicht nur die Pyramiden, sondern auch der breite palmengesäumte Nilgürtel mit den schlanken Feluken, die Moscheen und Minarette und die bunten Märkte, auf denen exotische Gewürze und Souvenirs für die Touristen feilgeboten wurden. Doch er erkannte gar nichts. Kairo war nicht mehr wiederzuerkennen. Es sah aus, als würde die Stadt mit sich selbst im Krieg liegen, und das offenbar schon eine ganze Weile. Sie fuhren durch Straßen voller Schutt und zerschossener Gebäude. Ausgebrannte Auto- und Lastwagenwracks säumten ihren Weg. Es gab kaum eine Wand, die nicht von Kugeln durchsiebt oder von Granaten zerschossen worden war, und viele der noch stehenden Überreste waren mit politischen Slogans auf Arabisch beschmiert, von deren Buchstaben die rote Farbe heruntergelaufen war.
Soweit Richard es erkennen konnte, waren die Läden alle leer, die Büros verlassen und die gesamte Infrastruktur zerstört. Und dennoch wurde weiter geschossen, allerdings so weit entfernt, dass es sich bedeutungslos und beinahe harmlos anhörte. Allerdings nur, bis sie um die nächste Kurve bogen, denn da war es auf einmal hässlich, laut und furchtbar nah. Ein Militärflugzeug flog über sie hinweg. Einen Moment lang herrschte Stille, doch als die Fliegerbombe ihr Ziel gefunden hatte, gab es eine gewaltige Explosion. Der Boden bebte und Rauch stieg in die Luft auf, in der immer noch Sandstaub hing. Überall war Qualm, der zwischen den Ruinen hochwehte und sich über ihnen zu einer dicken Wolke verdichtete. Auf der Straße regte sich nichts, aber als Richard die aufgebrochenen Bürgersteige und zerbombten Gebäude genauer betrachtete, fielen ihm die vielen Leichen auf, die immer noch da lagen, wo sie gefallen waren, und die nun in der Sonne vor sich hin rotteten. Er konnte sie riechen. Wer immer diesen Krieg in Kairo angefangen hatte, wer immer um die Vorherrschaft in der Stadt kämpfte, hatte anscheinend noch nicht gemerkt, dass kaum noch etwas übrig war, über das man herrschen konnte.
Ihr Konvoi bestand aus zwei Jeeps – in einem saß Richard, der andere beförderte Scarlett –, einem Lastwagen mit Plane und zwei Begleitern auf uralten, staubigen Motorrädern. Richard erkannte sofort, dass er sich ohne ortskundigen Führer niemals zurechtgefunden hätte. Selbst wenn er die arabische Schrift auf den Straßenschildern hätte lesen können, waren die meisten verbogen oder zerfetzt und alle Straßen so zerbombt, dass es überall gleich aussah. Links abbiegen an der Ruine, geradeaus durch die Ruinen, rechts abbiegen an der Ruine. Richard war überwältigt vom Ausmaß der Zerstörung. Als er vor weniger als einer Woche nach Hongkong gereist war, hatte in Ägypten noch kein Krieg geherrscht. Unruhen schon, aber es gab immer Unruhen im Nahen Osten. Wie war diese Gewalt ausgebrochen und wie hatte sie sich so schnell ausbreiten können? Was war geschehen?
Doch darüber konnte er sich später Gedanken machen. Im Moment galt
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