Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 5 - Zeitentod (Das Finale - Teil 1)
war er unbewaffnet. Er brüllte etwas, griff nach Scarlett und wollte sie Richard aus den Armen nehmen. Richard sträubte sich und wollte sie nicht loslassen, doch dann rammte ihm jemand etwas Großes und Schweres in den Rücken. Er ging in die Knie und merkte erst da, dass sich einer der anderen Soldaten von hinten an ihn angeschlichen und mit dem Gewehrkolben zugeschlagen hatte. Sie rissen Scarlett von ihm weg.
Er konnte nichts dagegen tun und schämte sich dafür. Aber es waren Dutzende Soldaten und er war allein. Inzwischen war ihm klar, dass seine erste Vermutung richtig gewesen war. Wer immer diese Leute waren, sie hatten auf sie gewartet, was bedeutete, dass sie wussten, wer Scarlett war. Sie nahmen sie gefangen und was hieß das für ihn? Wenn sie über Scarlett Bescheid wussten, wussten sie auch, dass er nutzlos für sie war. Richard lag im Sand und wartete auf die Kugel, die sein Leben beenden würde.
Doch was das anging, hatte er sich geirrt. Sie wollten ihn lebend. Richard wurde von zwei Soldaten unter den Armen gepackt und zu einem der Jeeps geschleppt. Scarlett war verschwunden – durch den Sturm konnte er nicht sehen, wohin sie sie gebracht hatten. Er konnte fast gar nichts sehen. Seine Augen waren von Sand verkrustet. Er hörte das Klicken einer Autotür, wurde vorwärtsgeschubst und landete auf dem weichen Leder eines Autositzes. Wieder brüllte jemand etwas und die Sprechweise ließ vermuten, dass es Arabisch war und dass Richard sich in irgendeiner Wüste im Nahen Osten befand. Heiß genug war es jedenfalls. Seine Kleider klebten an ihm und er spürte, wie der Schweiß an ihm herunterlief. Aber wenn das hier eine Wüste war, was war das dann für ein Gebäude, aus dem sie gerade gekommen waren?
Alle fünfundzwanzig Türen befanden sich an heiligen Orten, wenn diese Orte auch meistens aus den falschen Gründen als heilig galten. Das Wichtigste daran waren die Türen. Sie hatte es zuerst gegeben. Die Gebäude -Kirchen, Tempel, Moscheen und was sonst noch – waren nachträglich um sie herumgebaut worden, errichtet von Einheimischen, die schon immer gewusst hatten, dass die Türen magisch waren, auch wenn sie längst vergessen hatten, wieso.
Richard hörte, wie die Wagentüren zugeschlagen wurden. Die Soldaten hatten, weswegen sie gekommen waren, und würden sie nun mitnehmen. Die Motoren sprangen wieder an und Richard konnte fühlen, wie der Jeep unter ihm vibrierte.
Doch bevor sie losfahren konnten, fielen plötzlich Schüsse, und Kugeln aus unsichtbaren Waffen durchschlugen die Mauer aus Sand. Richard schaute auf und genau in diesem Moment zerplatzte die Windschutzscheibe des Jeeps und Glassplitter prasselten ihm auf Schultern und Kopf. Der Soldat auf dem Fahrersitz zuckte. Blut spritzte aus seinem Schädel, er kippte gegen das Lenkrad und landete auf der Hupe, die anfing zu heulen. Eine weitere Kugel schlug in die Beifahrertür ein und Richard duckte sich, um in all dem Durcheinander nicht ebenfalls getroffen zu werden.
Rund um ihn herum war panisches Geschrei zu hören. Die Schießerei wurde immer lauter. Richard sah, wie ein weiterer Soldat getroffen wurde. Er taumelte, ließ seine Waffe fallen, als wollte er sich ergeben, und wurde dann vom herumwirbelnden Sand verschluckt. Wer immer ihnen auf der anderen Seite der Tür aufgelauert hatte, wurde jetzt selbst angegriffen. Scarlett! Er konnte sich nicht länger im Wagen verstecken. Er musste sie finden.
Richard kroch zur Tür, öffnete sie und glitt hinaus, tief geduckt, um nicht getroffen zu werden. Der Soldat, der gerade erschossen worden war, lag direkt vor ihm und sein Tuch hatte sich gelöst. Richard nahm es an sich und band es sich um Mund und Nase. Der Tote war noch jung, dunkelhäutig und glatt rasiert. Vielleicht ließ der Sandsturm allmählich nach, jedenfalls konnte Richard jetzt die Umrisse der anderen Jeeps ausmachen, die ein paar Meter entfernt standen. Er sah einen weiteren Soldaten, der auf nichts feuerte. Dann traf ihn eine Kugel und riss ihn von den Füßen. Er rührte sich nicht mehr.
Richard rannte auf den nächstbesten Jeep zu. Er hatte Glück. Scarlett lag in diesem Wagen und sie war allein. Einen Moment lang stand Richard nur da und wusste nicht, was er tun sollte. Sie sah so verletzlich aus, wie sie da auf dem Rücksitz lag, ganz blass und mit geschlossenen Augen. Sie atmete kaum noch. Jemand hatte eine Decke über sie geworfen, aber sie musste sich bewegt haben und dadurch war die Decke halb abgerutscht. Er wagte
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